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Mehr Ingenieure braucht das Land

Der Mangel an jungen Ingenieuren in Deutschland ist besorgniserregend, liest man immer wieder in den Zeitungen. Was aber wird gegen diesen Mangel unternommen? Der Landesvorsitzende des VDI-Berlin - Verein Deutscher Ingenieure - und eine Studentin aus China mit ihren Eindrücken.

Von Camilla Hildebrandt |
    Yun Yu Hu ist 24, stammt aus Shanghai und studiert Fahrzeugtechnik an der TU Berlin.

    "Es ist eine Kooperation zwischen meiner Uni in China und dem DAAD. Ich hab ein DAAD-Stipendium bekommen und kann hier für 5 Monate Masterarbeit machen und daneben auch ein 3-monatiges Praktikum."

    Yun Yu Hu hat sich bereits auf mehrere Stellenanzeigen in Deutschland beworben, denn Deutschland liege weltweit an der Spitze der Automobilindustrie, sagt sie.

    "Es gefällt mir hier sehr gut, das Leben ist ruhiger als in Shanghai. Meiner Meinung nach ist das Arbeitsumfeld hier gemütlicher, nicht so anstrengend, in China muss man viel mehr arbeiten und hier sind die Urlaubstage mehr als in China. Ein anderer Grund: die Technik, die Forschung ist besser als in China."

    Die junge Studentin kann sich sehr gut vorstellen hier in Deutschland zu leben. Wie sie denken auch viele ihrer Kommilitonen in China.
    In Deutschland selbst herrscht extremer Mangel an Ingenieuren.
    Den Grund sieht Siegfried Brandt, Landesvertreter des VDI-Berlin, im mangelnden Interesse an den Ingenieur-Studiengängen.
    Das Interesse müsste schon in der Schule geweckt werden.

    "Man kann nicht ansetzen in der Hochschule, das ist zu spät, nicht in der Oberstufe, sondern in der Mittelstufe. Denn wer in der Oberschule ein naturwissenschaftliches Fach abgewählt hart, der ist verloren für einen Ingenieurberuf."

    Ein neues Fach "Technik" ist im Lehrplan nicht vorgesehen. Deswegen setzt sich der VDI dafür ein, dass die Verbindung zwischen Physik, Chemie, Biologie, Mathematik - und Technik, in diesen bestehenden Fächern vermittelt wird. Seit Jahren bietet der Verein Projektwochen an Schulen an, sowie Lehrer-Seminare.

    "Wir haben dazu 50 Lehrer aus allen Schultypen eingeladen, haben alle Lehrer 4 Versuche bauen lasen, ein Windrad, eine Brennstoffzelle, ein Messgerät. Und die Lehrer waren schwer begeistert. Ich frag mich nur, warum muss ein Ingenieurverein die Lehrer motivieren so etwas zu machen. Die Produkte, die wir dort beschafft haben zum Ausprobieren, haben wir im Spielwarengeschäft gekauft."

    Die zweite Möglichkeit, um die leeren Stellen zu besetzen, sei die Schulung der älteren, arbeitslosen Ingenieure, sagt Brandt. Die meisten haben Probleme wieder eingestellt zu werden, weil sie in Ihrem Wissen nicht auf dem neusten Stand sind.

    "Sie müssen, wenn Sie da am Ball bleiben wollen, ein Leben lang lebenslanges Lernen trainieren, und wer das nicht trainiert hat, der hat den Anschluss verloren."

    Für die Wiedereingliederung ist das Bildungswerk des VDI zuständig.

    "...wo eine breite Platte von Nachbildungsmaßnahmen angeboten wird. Aber der VDI kann das nicht alles erfüllen, da gibt es eine ganze Reihe von Bildungswerken, die auch vom Arbeitsamt unterstützt werden, die dann entsprechend wahrgenommen werden müssen."

    Der VDI ist eine der vielen Institutionen, die sich dafür einsetzten, den Ingenieurmangel zu beheben. Allein in Berlin/Brandenburg gibt es außerdem u.a. das Technische Hilfswerk, das Seminare veranstaltet, das Gläserne Labor des Campus Berlin-Buch, das Geoforschungszentrum Potsdam oder das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt e.V.

    Als Sofortmaßnahme bleibt den Unternehmen nur die Einstellung ausländischer Fachkräfte, so Brandt. Eine konkrete Kampagne zur Anwerbung gibt es allerdings nicht.

    "Da sehr viele Firmen globale Unternehmen sind, die Standorte in vielen verschiedenen Ländern haben u.a. auch in den Schwellenländern wie Indien und China, ist natürlich die Bereitschaft in diesen Unternehmen sehr hoch auch diesen Ländern Arbeitskräfte zu rekrutieren. Das entscheidet aber jede Firma selber wo es Sinn macht und wo nicht."

    Das heißt: für Yun Yu Hu stehen die Chancen gut nach dem Abschluss ihres Studiums in Deutschland arbeiten zu können.

    "Ich suche weiter und hoffe, dass eine geeignete Stelle so bald wie möglich finde!"

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    Service
    Der VDI organisiert Veranstaltungen, um das Verständnis für Technik im allgemeinen in der Gesellschaft zu verbessern. Z.B durch das Projekt "Sachen machen". Konzept: selbst machen, nicht so viel drüber reden.

    Speziell für Studenten: "Formula Student Germany": vom 9. bis 12. August messen sich am Hockenheimring 59 Hochschulen beim internationalen Konstruktionswettbewerb. Automobilfirmen nutzen den Wettbewerb, um frühzeitig Kontakte zu hochqualifizierten Nachwuchsingenieuren zu knüpfen.

    Oder:
    Studium mit integrierter Ausbildung - eine einzigartige Möglichkeit, Studium und Ausbildung miteinander zu kombinieren. Gemeinsam mit den Fachhochschulen Furtwangen und Karlsruhe hat Endress Hauser einen ganz speziellen Ausbildungsplan entwickelt: In einem Zeitraum von nur 4,5 Jahren absolviert man ein vollwertiges FH-Studium und macht parallel einen anerkannten Facharbeiterabschluss.