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Mehr Verbraucherschutz durch Ökobauern?

"Deutschland braucht Bauern. Dies ist das Leitthema des Deutschen Bauerntages. Deutschland braucht Bauern. Dies ist auch der Grundgedanke meines agrarpolitischen Konzepts. Dies ist kein Werbeslogan des Berufsstandes. Die ist eine Forderung praktisch der gesamten deutschen Bevölkerung. Und welcher andere Berufsstand kann das für sich in Anspruch nehmen."

Annette Eversberg |
    "Deutschland braucht Bauern. Dies ist das Leitthema des Deutschen Bauerntages. Deutschland braucht Bauern. Dies ist auch der Grundgedanke meines agrarpolitischen Konzepts. Dies ist kein Werbeslogan des Berufsstandes. Die ist eine Forderung praktisch der gesamten deutschen Bevölkerung. Und welcher andere Berufsstand kann das für sich in Anspruch nehmen."

    Der damalige Landwirtschaftsminister Jochen Borchert, CDU, 1993 auf dem Deutschen Bauerntag in Kiel. Er wurde nicht mit offenen Armen von den Bauern empfangen. Denn ein Jahr zuvor war die erste gemeinsame europäische Agrar-Reformpolitik umgesetzt worden. Sie brachte Einkommenseinbußen für die Landwirte. Dennoch war dies aus der Sicht des Ökonomen Jörg-Volker Schrader vom Institut für Weltwirtschaft in Kiel nur eine halbherzige Reform:

    "Man hat gesehen, daß hohe Garantiepreise schlimme Folgen haben. Und man hat gesehen, daß man sich auf den internationalen Märkten sehr unbeliebt macht. Und deswegen ist es zu diesen GATT und jetzt eben WTO-Verhandlungen gekommen, indem man eben weltweit versucht hat, den Agrarschutz abzubauen. Die EU hat hier immer die Bremserrolle gespielt. Aber sie konnte diese Entwicklung nicht verhindern. Und ist z.B. beschlossen worden in der sogenannten Uruguay-Runde, daß sowohl der Außenschutz sowie die Inlandspreise abgesenkt werden müssen. Leider hat dann aber die EU intern darauf bestanden, daß Landwirte wieder kompensiert wurden dafür. Das hört sich immer so gerecht an, ist aber ökonomisch völliger Unfug, wenn man sagt, wir bauen die eine Subvention ab, nämlich den Preisschutz, und geht gleichzeitig dabei und zahlt wieder Subventionen auf andre Art."

    Die neue EU-Reform der Agrarpolitik brachte keine grundlegende Wende. Im Gegenteil. Jochen Borchert stellte sich ganz in die Tradition seiner Vorgänger von Wilhelm Niklas über Jospeh Ertl oder Ignaz Kiechle, um nur einige zu nennen. Sie führten fort, was der erste Reichskanzler, Otto von Bismarck, 1879 mit den Außenschutz-Zöllen und Importbeschränkungen für Getreide begonnen hatte. Dieses Bündnis mit der Landwirtschaft sicherte ihm die Zustimmung einer großen Wählerschicht. Den Landwirten blieb erspart, sich wie ihre Kollegen in Dänemark und den Niederlanden um eine durchgreifende Strukturreform zu kümmern. Der Gedanke der staatlichen Stützungsmaßnahmen war geboren. Und auch in den kommenden Jahrzehnten blieb es dabei. Nur einer von Borcherts Vorgängern versuchte eine Strukturreform hin zu größeren ökonomischer Leistungsfähigkeit. Sein Name: Heinrich Lübke.

    Man muss sich auch darüber im klaren sein, dass alle Versuche, von der Staatshilfe aus eine Verbesserung der Situation in der Landwirtschaft herbeizuführen, immer nur pari passu mit der Selbsthilfe verbunden sein können. Man kann auch nicht, wenn man einen Fehlbetrag von 2Milliarden ausrechnet sagen, die Bundesregierung hat dafür zu sorgen, dass diese 2 Milliarden ausgefüllt werden. Jede Landwirtschaft, die sich auf diesen Weg hinschieben ließe, wird zweifellos im Laufe der Jahre Schiffbruch erleiden.

    1953, als Heinrich Lübke Bundeslandwirtschaftsminister wurde, war die Lage der Bauern in Deutschland noch desolat. Ganze Familien wirtschafteten auf Kleinstbetrieben von gerade mal 5 Hektar. Denen wollte er neue Chancen geben. Auch wenn es letztlich darum ging, aufzuhören, und einen neuen Beruf zu ergreifen. Lübke unterlag mit seiner Reform. Dem Bauernverband gelang es jedoch, 1955 ein Gesetz durchbringen, das der Landwirtschaft eine zentrale Stelle im politischen Leben der Bundesrepublik einräumte. Denn aufgrund dieses Gesetzes ist die Regierung verpflichtet, jährlich einen Agrarbericht vorzulegen, der entsprechende Maßnahmen für die Landwirtschaft zur Folge hat. Die Wirtschaftsfachleute unter den Agrarwissenschaftlern waren - so Jörg-Volker Schrader - mit ihren marktwirtschaftlichen Vorschlägen endgültig an der Agrarlobby gescheitert:

    "Da steht zwar drin, dass die Landwirtschaft mit ihren Erzeugerpreisen an der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung teilnehmen soll. Das wird aber häufig als Garantie von Erzeugerpreisen ausgelegt. In dem Gesetz steht aber definitiv: Durch Erhöhung der Produktivität. Da steht nicht etwa drin, dass man das durch Schutz an den Grenzen oder Marktintervention im Inland machen müsste."

    Aufgrund des Landwirtschaftsgesetzes wurden die planwirtschaftliche Marktordnungen sanktioniert, also z.B. staatliche Aufkaufpreise für Milch, Getreide, Vieh und Fleisch, die ab 1958 in fast gleicher Weise auch die Politik der EWG bestimmten. Die Warnungen der Welternährungsorganisation FAO, dass aus einer ungebremsten, marktfernen Landwirtschaft eine Überproduktion resultieren könne, wurden geflissentlich überhört. Und wer hätte die Agrarpolitik überhaupt kontrollieren können ?

    Bei CDU und CSU waren die Fachleute ausnahmslos Landwirte, die letztlich ihre eigenen Interessen vertraten. Martin Schmidt-Gellersen, der einzige damals fachlich versierte Abgeordnete der SPD war da wie Heinrich Lübke eher ein Mahner in der Wüste. Die Allianz zugunsten der Landwirtschaft war vollkommen, denn auch die Industrie stimmte für die Subventionspolitik, da billige Lebensmittel auf dem damaligen Wirtschaftswundermarkt, der vor allem noch ein Binnenmarkt war, den guten Absatz industrieller Produkte garantierte.

    Und in der Bevölkerung regte sich nur wenig Unmut. Obwohl die Wahrheit eine andere war: Die Preise auf dem Weltmarkt waren längst niedriger. Die Preise im Inland waren dagegen vergleichsweise hoch, bedingt durch den Außenschutz gegenüber Importen aus dem Ausland. Selbst Wirtschaftsminister Ludwig Erhard hatte als Anhänger der Marktwirtschaft keine grundsätzlichen Einwände gegen diese planwirtschaftliche Lenkung der Landwirtschaft. Die ging allerdings nicht zum Wohle, sondern eher zu Lasten der Bauern, bekennt heute Peter Harry Carstensen Vorsitzender des Agrarausschusses im Deutschen Bundestag und CDU-Bundestagsabgeordneter auf der nordfriesischen Insel Nordstrand:

    "Wir kriegten, wenn ich mich recht erinnere, 1971 die Marktordnung für Milch. Wenn ich mir die Betriebe, die hier Milch produzierten, seinerzeit ansehe und vergegenwärtige, dann haben die gearbeitet, bis der Buckel krumm wurde, ohne dass sie viel Geld für die Milch bekamen. Wenn das ein Fehler gewesen ist, damals durch Subventionen oder durch eine Preisstützung und Interventionspreise, die nach oben gingen, den Bauern zu helfen, dann würde ich diese Fehler wieder machen. Aber die Frage ist, wie lange man das noch macht. 80er Jahre Milchseen, Getreideberge und viele andere Dinge, die uns große Probleme machten, und die dann dazu führten, dass radikal umgesteuert werden musste, und dieses natürlich nicht zugunsten der Landwirte entstanden ist. Und natürlich auch dazu geführt haben, dass wir diesen Strukturwandel und diese Betriebe, wie wir sie haben, jetzt bekommen haben."

    Die Betriebe sind heute größer als sie nach dem Kriege waren. Und es sind weniger geworden, von ehemals zwei Millionen Bauernhöfen gibt es heute noch 500.000, die im Vollerwerb wirtschaften. Dies ist allerdings keine Entwicklung, die der Bauernverband ursprünglich wollte. Seine Ideologie beruhte vielmehr auf der Förderung der mittleren, überschaubaren und leicht steuerbaren familien- bäuerlichen Betriebe.

    Dabei wusste er sich im Einklang mit den anderen europäischen Verbänden. Denn diese Ideologie ist wie die Marktordnungen eine Errungenschaft, die man europaweit der deutschen Agrarpolitik zu verdanken hat. Grundlegend ablehnend war die Haltung zu den ökologisch wirtschaftenden Betrieben, von der auch der Landwirt und Vorsitzende des Aufsichtsrates des Bioland-Bundesverbandes, Dr. Peter Boysen berichten kann:

    "In Deutschland ist aus Gründen, die nicht immer nachzuvollziehen sind, ein gewisser Vorbehalt gewesen gegenüber dem ökologischen Landbau. Man hat mit dem Begriff ökologischer Landbau etwas Geheimnisvolles, etwas nicht ganz Nachvollziehbares verbunden. Was einfach falsch ist, was einfach eine Fehlinformationen an manchen Stellen gewesen ist. Das hat sich aber politisch im Bewußtsein bei einigen Leuten so festgesetzt, so dass aber gewisse Vorbehalte auch heute bei Einzelpersonen noch da sind."

    Diese Vorbehalte lassen sich konkret fassen. In den Förderrichtlinien. Diese Richtlinien, nach denen die Ausgleichszahlungen der EU-Mittel an die Ökobetriebe geregelt sind, werden je nach Bundesland unterschiedlich umgesetzt. Dadurch wurde die Ausweitung des ökologischen Landbaus nicht gefördert, er fristet mit seinem Anteil von 2,4 Prozent an der Gesamtzahl der ökologischen Betriebe eher ein Nischendasein, das sich - so Peter Boysen- auch auf die Kosten auswirkt:

    "Das bedeutet, dass für den gesamten Bereich der Warenerfassung aber auch in einigen Bereichen der Produktionsmittelzulieferung Probleme entstehen, weil wir eine sehr starke Konzentration haben im Bereich des Landhandels, aber auch im Bereich der gesamten Ernährungswirtschaft, und da ist es einfach schwierig, dass sich solche Nischen in Anführungsstrichen weiterentwickeln, weil die gesamten Vermarktungsstrukturen und dergleichen sehr schwierig sind, sehr kostspielig sind und das Produkt zusätzlich noch belasten."

    In Dänemark, das 60 Prozent seiner Agrarprodukte exportiert, ist man da schon einen Schritt weiter. Die ökologische Produktion ist neben der konventionellen ein wichtiger Teil der Agrarpolitik, die eine stärkere Ökologisierung der gesamten Landwirtschaft anstrebt. Das hat ganz pragmatische Gründe, weil Dänemark noch immer unter einer Belastung des Trinkwassers leidet, die ihren Grund in der landwirtschaftlichen Produktion hat. Vor einigen Jahren wirkte sich das auch auf die Milch aus, in der man Spuren von Atrazin fand, das aus Pflanzenschutzmitteln stammte. Die Konventionelle Landwirtschaft wurde daraufhin mit hohen Abgaben belastet. Auf die jeweiligen Verkaufspreise ihrer Produkte wurden z.B. 35 Prozent für Pflanzenschutzmittel und 50 Prozent bei Schädlingsbekämpfungsmittel erhoben. Weil z.B. Raps besonders schädlingsanfällig ist, gehen Fachleute davon aus, dass der Rapsanbau in Dänemark eines Tages ganz verboten wird.

    Die Zahl der Ökobetriebe steigt ständig. 3200 Vollerwerbsbetriebe gibt es bereits. Jährlich kommen 100 neue hinzu. Im Süden Dänemarks wird die Landwirtschaft bereits überwiegend ökologisch betrieben. Die Betriebe führen kein Nischendasein. Die Produkte werden zunehmend auch über die Supermärkte abgesetzt. Die Bauern sind mit ihren konventionellen Kollegen im selben Verband aktiv. Es besteht hier ein hoher Konsens, bekräftigt Claus Erichsen vom Landwirtschaftlichen Hauptverein der Deutschen Minderheit im dänischen Tingleff:

    "Man muss immer sehen: Der Landwirt und der Verbraucher, die sollen zusammenarbeiten um diese Sache. Wir wollen ja diese Produkte herstellen, die der Verbraucher wünscht, und wir wollen gerne Vertrauen in den Produkten einbauen, so dass wir sehr offen sind gegenüber unseren Produktionsmethoden, weil wir haben nichts zu verbergen."

    Diese gläserne Produktion, von der jetzt die Rede ist, haben die deutschen Ökobetriebe vielfach bereits praktiziert, denn ein wichtiger Teil der Vermarktung läuft über die hofeigenen Läden. Wer bei Martina Metzger-Petersen in Backensholz im nördlichen Schleswig-Holstein in der Käserei einkauft, bekommt Antwort auf seine Fragen:

    "Wir haben Gottseidank Kunden, die sich melden, wenn sie besorgt sind. Das haben wir nicht nur im Zusammenhang mit BSE. Es gibt auch andere Sachen wie Lysterien und Staphylokokken. Was immer mal durch die Presse geistert, das wird dann angesprochen, und wir finden das sehr gut, dass sich die Kunden an uns wenden, dann können wir auch gezielt Einfluss nehmen. Und wir speziell haben eben auch so reagiert, dass wir einen Verteiler gemacht haben, in dem wir noch mal aufgeschrieben haben, wie wir wirtschaften, und auch das Futter und die Fütterungstechnik erklärt haben, und das ist dann auch von unserer Seite rausgeschickt worden."

    Der Hof Backensholz gehört zu den erfolgreichen Betrieben der Ökobranche. Und diese Höfe sind sogar größer als konventionellen Betriebe. Im Durchschnitt bewirtschaften sie 60 Hektar. Während die konventionellen Betriebe bei durchschnittlich 40 Hektar liegen. Eine Steigerung der Zahl der Ökobetriebe auf 10 Prozent bundesweit, oder 20 Prozent, wie in Schleswig-Holstein prognostiziert, ist durchaus möglich.

    Gerade hat EU-Agrarkommissar Franz Fischler, angemahnt, dass Deutschland seine Möglichkeiten die Bio-Landwirtschaft zu fördern, noch nicht ausgeschöpft habe. Ein Wink von Fischler, nur wenige Tage vor der Internationalen Grünen Woche, der traditionellen Leistungsschau der Land- und Ernährungswirtschaft, die morgen in Berlin ihre Tore öffnet. Peter Boysen vom Bioland-Verband sieht ebenfalls in einer Umstellung kein Problem.

    Zwar sind die Ökobauern an die Vorgaben der Europäischen Union gebunden, doch da gibt es weniger Probleme, als bei den konventionellen Kollegen. Soweit ist die Umstellung der Agrarpolitik ohne weiteres möglich. So schnell, wie Bundeskanzler Schröder und seine Ministerin es haben wollen. Die Ökolandwirtschaft als Krisenmanagement für eine verfehlte Agrarpolitik? Peter Boysen sieht das anders:

    "Die Ökolandwirtschaft hat sich ja deshalb entwickelt, weil Betriebe, bei genauem Hinsehen gesagt haben, der Weg, den wir hier gehen. Rationalisierung um jeden Preis. Produktionssteigerung um jeden Preis. Das gibt Probleme für die verschiedensten Bereiche. Das wollen wir nicht mitmachen. Und so hat sich die Ökolandwirtschaft entwickelt. Ob jetzt eine Krise dadurch bewältigt werden kann, ist eine Frage, die sehr schwer zu beantworten ist. Wenn man jetzt umstellt auf Ökolandbau, dann sind ja nicht ab morgen alle Tiere, die schon infiziert sind, BSE-frei. Das ist ja die Problematik dabei. Von daher muss man sehen, ob Ökolandbau alleine diese Krise bewältigen kann. Aber vielleicht kommt es ja dazu, dass bestimmte Dinge, die im Ökolandbau selbstverständlich sind, die dort richtlinienverbindlich sind, dass die dann für die gesamte Landwirtschaft verbindlich werden. Und dadurch kann man sicherlich das Risiko in der landwirtschaftlichen Produktion verringern."

    Doch diese Politik kostet Geld. Für die Umstellung auf einen ökologisch wirtschaftenden Betrieb sind fast 100.000 Mark an Fördergeldern vonnöten. Mit diesem Geld wird eine Landwirtschaft unterstützt, die nun auch die Versäumnisse der 50iger Jahre, die Landwirtschaft marktwirtschaftlich auszurichten, wettmachen soll. Das ist für den Ökonomen Jörg-Volker Schrader völlig widersinnig:

    "Eine der Folgen des hohen Agrarschutzes war eine sehr hohe Intensität der Landbewirtschaftung. Das hatte negative Umweltfolgen. Nun wäre der erste und richtige Schritt gewesen, den Agrarschutz abzubauen. Mit der Folge, dass automatisch die Intensität der Landnutzung abgenommen hätte. Das hat man nun sehr zögerlich gemacht. Statt dessen hat man nun angefangen, eine weniger umweltverschmutzende Landwirtschaft zu subventionieren. Das heißt die Subventionen addieren sich, mit der Folge, dass der einzige knappe Produktionsfaktor in der Landwirtschaft, nämlich der Boden, immer höhere Einkommen erzielt.

    Für Verpächter ist es attraktiv geworden, ihren Boden an Landwirte zu verpachten. Teilweise verdienen sie damit sogar mehr, als ein Landwirt, der den Boden bewirtschaftet. Weil auch das Prämiensystem auf die Fläche und nicht auf die Bewirtschaftung bezogen ist. Darüber schütteln selbst Landwirte den Kopf. Dass aber auch der Ökolandbau am Subventionstropf hängt, das hört der Ökolandwirt Peter Boysen nicht so gern:

    "Weil es ja eine staatliche Regelung der Preise gibt, da ist der Begriff Subventionen sachlich falsch, sondern es sind Ausgleichszahlungen. Die Preise sind ja vorgegeben, und zwar insbesondere für den konventionellen Markt. Und die Produkte des Ökolandbaus sind ein so genannter abgehobener Markt, der kann aber nicht unabhängig eine Preisentwicklung machen von den konventionellen Preisen, so dass es immer nur eine bestimmte Preisdifferenz geben kann von den Produkten, und damit ist letztlich auch der Markt für Ökowaren gekoppelt an die Preise im konventionellen Bereich."

    In Kürze stehen neue WTO-Verhandlungen an, bei denen es um den Zugang der Landwirtschaften aller Länder zum internationalen Markt gehen wird. Eine wichtige Rolle werden dabei die Exportsubventionen spielen. In dem Maße, wie sie in Europa zurückgefahren werden, in dem Maße werden auch die anderen Länder den freien Zugang zu ihren Märkten ermöglichen. Europas ökologische Landwirtschaft mit einem neuen Bündel von Außenschutzmaßnahmen ganz vom Marktgeschehen abzukoppeln, wird aus der Sicht der Ökonomen nicht möglich sein.

    Man muss einfach bedenken, dass das, was heute unter dem Zeichen Ökolandbau firmiert, schlicht und einfach ein Verzicht auf Produktivitätszuwachs ist. Das mag von manchen Menschen gewünscht sein. Ökonomisch ist es nicht zu verantworten. Das verringert die Wettbewerbsfähigkeit und bringt höhere Preise, die den Verbrauchern suggerieren sollen, sie haben etwas Besseres. Wenn das so wäre, müssten diese Betriebe die höheren Preise am Markt durchsetzen, nicht aber dadurch, dass nun Regierungen oder Bundeskanzler sich neue Ziele setzen, indem sie sagen, 10 oder 20 Prozent der Landwirtschaft muss Ökolandbau betreiben. Auch normaler Landbau darf die Umwelt nicht verschmutzen. Wenn etwas gesundheitsschädlich ist, muss es in allen Fällen kontrolliert oder gegebenenfalls verboten werden.

    Auf diese Kontrollen richten Ökonomen und Politologen das Hauptaugenmerk. Denn dafür muss es aus ihrer Sicht von der Agrarlobby unabhängige Stellen geben. Sie sehen den Einfluss des Bauernverbandes dabei nicht als das Kernproblem. Einen grundsätzlichen Kurswechsel kann es darin jedoch nur mit der europäischen Union und den Agrarministerien insgesamt geben.

    Nach Auffassung des Politikwissenschaftlers Christian Henning aus Mannheim haben sie die größte politische Macht in Europa. Der Agrarsektor selber mit Konsumenten, Bauern und Ernährungswirtschaft und allen nachgelagerten Bereichen ist ein zentraler Wirtschafts- und Einflussbereich in der europäischen Gemeinschaft. Nicht umsonst fließt gut die Hälfte des EU-Etats von rund 163 Milliarden DM in diesen Sektor. Während der Macht-Anteil an den Agrarministerien mit 40 Prozent angegeben wird, so die politologische Gewichtung von Christian Henning, wird der Machtfaktor der Bauernverbände mit nur 17 Prozent beziffert.

    Das Europaparlament hat wie in anderen Bereichen auch beim Agrarsektor nur wenig Macht. Die BSE-Krise hat das gezeigt. Anfragen von Parlamentariern an den Agrarministerrat oder die Veterinärbehörden wurden häufig entweder gar nicht, oder nur oberflächlich beantwortet. Diese Macht der Agrarministerien beruht wesentlich auf dem Subventionssystem. 85 Prozent der landwirtschaftlichen Wirtschaftsweise und der Erzeugnisse wie Milch, Vieh und Fleisch sind über die Marktordnungen geregelt. Dadurch haben sich zwangsläufig Verbindungen entwickelt, die die Subventionen den Bauern zugänglich machen. Auch bei einer Ausweitung der Ökolandwirtschaft werde sich, so Jörg-Volker Schrader an solch Strukturen nicht viel ändern.

    Link: Infografik