Auf dem Gemüsemarkt in Srednaja Achtuba begrüßen die Verkäufer Joakim Krima überschwänglich. "Unser neuer Präsident ist da" – sagt eine Frau; andere schütteln seine Hand und fragen wie der Wahlkampf läuft. Für Joakim Krima ist der Gemüsemarkt gewohntes Territorium – denn einer der Stände gehört ihm. Dort verkauft seine aus Armenien stammende Frau Melonen und Zwiebeln. Joakim Krima wirkt hier mit seinem Jackett, dass er wohl extra zum Interviewtermin angezogen hat, ein wenig fehl am Platz. Und er weiß, dass er in Srednaja Achtuba nicht immer so willkommen war.
"In der ersten Zeit, nachdem meine Frau und ich hierher gezogen sind, habe ich bemerkt, dass die Leute auf die andere Straßenseite gewechselt sind, wenn sie mich gesehen haben – um mir auszuweichen. Erst habe ich den Grund nicht verstanden – und dann hatte ich eine Idee: Ich bin dann immer auf die Menschen zugegangen und habe gesagt: Keine Angst, ich bin ein Guter! Langsam haben sich die meisten an mich gewöhnt. Und nun wechseln viele die Straßenseite, um zu mir zu kommen und mich zu begrüßen."
Joakim Krimas Wahl-Heimatstadt Srednaja Achtuba liegt im Südwesten Russlands, in der tiefsten Provinz. Die meisten Menschen haben hier weder Zugang zu Gasleitungen, noch fließendes Wasser. Vor zwölf Jahren zog Joakim Krima hierher, nach Russland kam er vor 20 Jahren als Student. Er spricht fünf Sprachen, hat zwei Hochschulabschlüsse – und mittlerweile einen russischen Pass. Vor ein paar Monaten entdeckte ihn ein PR-Berater beim Melonenkauf und hatte die Idee "einen russischen Obama" aus ihm zu machen: vor allem, um die Protestwähler gegen die Regionaladministration einzufangen. Die Vorurteile seiner Mitmenschen gegenüber Schwarzafrikanern will Joakim Krima für seine Kampagne nutzen.
"Mein Wahlslogan ist: 'Ich werde wie ein Neger arbeiten'. Und das ist auch nötig, denn wir haben hier wirklich viele Probleme in der Region. Und wenn die Russen viel gearbeitet haben, dann sagen sie immer: Ich habe heute wie ein Neger gearbeitet. Es gibt hier also diese Assoziation zu harter Arbeit – wieso sollte ich sie dann nicht benutzen? Ich sehe daran nichts Schlechtes."
Tatsächlich hat Krima gute Chancen, zumindest in den Bezirksrat zu kommen. Denn Lob für Premier Wladimir Putin und die Kreml-Partei "Einiges Russland" gehören zum Wahlkampfprogramm. Umfragen zufolge will jeder Dritte in Srednaja Achtuba für Krima stimmen. Seine Beliebtheit scheint jedoch auf Widerstand zu stoßen: Plötzlich tauchte noch ein Kandidat mit dunkler Hautfarbe auf: Der 34 Jahre alte Architekt Phillip Kondratjew aus dem benachbarten Wolgograd - seine Mutter ist Russin, der Vater kommt aus Ghana. Er bezweifelt zwar, dass hinter ihm eine Partei oder gar die politische Führung der Region steht. Aber er gibt zu, dass er wegen Krima antrete.
"Als Russe ist es meine Pflicht, mich gegen ihn zur Wahl zu stellen. Gerade ich muss das tun – weil auch ich dunkle Haut habe, aber die russische Mentalität von innen kenne. Alle anderen würden sofort des Rassismus beschuldigt werden, wenn sie sagen, dass Joakim nicht gewählt werden darf. Glauben Sie mir, es mag viele Probleme geben in unserem Land, aber Rassismus ist kein besonders großes."
Doch dieser Meinung widerspricht der Bürgerrechtler Alexander Werchowski, Direktor des Zentrums SOVA in Moskau: Vorurteile gegenüber Fremden, sei es aus Asien oder Afrika, seien so weit verbreitet in der russischen Gesellschaft, dass sie von vielen gar nicht mehr als Rassismus wahrgenommen würden. Umso wichtiger sei die Kandidatur von Joakim Krima.
"Es ist unwichtig, ob er gewinnt oder nicht. Srednaja Achtuba ist ja unbedeutend für Russland an sich. Aber die Tatsache, dass ganz Russland von Krimas Kandidatur gehört hat, das ist sehr wichtig. Das hebt den Status aller Schwarzafrikaner hier. Beim ersten und zweiten und auch noch beim zehnten Mal wundert man sich über einen dunkelhäutigen Politiker. Aber mit der Zeit werden sich die Menschen daran gewöhnen."
"In der ersten Zeit, nachdem meine Frau und ich hierher gezogen sind, habe ich bemerkt, dass die Leute auf die andere Straßenseite gewechselt sind, wenn sie mich gesehen haben – um mir auszuweichen. Erst habe ich den Grund nicht verstanden – und dann hatte ich eine Idee: Ich bin dann immer auf die Menschen zugegangen und habe gesagt: Keine Angst, ich bin ein Guter! Langsam haben sich die meisten an mich gewöhnt. Und nun wechseln viele die Straßenseite, um zu mir zu kommen und mich zu begrüßen."
Joakim Krimas Wahl-Heimatstadt Srednaja Achtuba liegt im Südwesten Russlands, in der tiefsten Provinz. Die meisten Menschen haben hier weder Zugang zu Gasleitungen, noch fließendes Wasser. Vor zwölf Jahren zog Joakim Krima hierher, nach Russland kam er vor 20 Jahren als Student. Er spricht fünf Sprachen, hat zwei Hochschulabschlüsse – und mittlerweile einen russischen Pass. Vor ein paar Monaten entdeckte ihn ein PR-Berater beim Melonenkauf und hatte die Idee "einen russischen Obama" aus ihm zu machen: vor allem, um die Protestwähler gegen die Regionaladministration einzufangen. Die Vorurteile seiner Mitmenschen gegenüber Schwarzafrikanern will Joakim Krima für seine Kampagne nutzen.
"Mein Wahlslogan ist: 'Ich werde wie ein Neger arbeiten'. Und das ist auch nötig, denn wir haben hier wirklich viele Probleme in der Region. Und wenn die Russen viel gearbeitet haben, dann sagen sie immer: Ich habe heute wie ein Neger gearbeitet. Es gibt hier also diese Assoziation zu harter Arbeit – wieso sollte ich sie dann nicht benutzen? Ich sehe daran nichts Schlechtes."
Tatsächlich hat Krima gute Chancen, zumindest in den Bezirksrat zu kommen. Denn Lob für Premier Wladimir Putin und die Kreml-Partei "Einiges Russland" gehören zum Wahlkampfprogramm. Umfragen zufolge will jeder Dritte in Srednaja Achtuba für Krima stimmen. Seine Beliebtheit scheint jedoch auf Widerstand zu stoßen: Plötzlich tauchte noch ein Kandidat mit dunkler Hautfarbe auf: Der 34 Jahre alte Architekt Phillip Kondratjew aus dem benachbarten Wolgograd - seine Mutter ist Russin, der Vater kommt aus Ghana. Er bezweifelt zwar, dass hinter ihm eine Partei oder gar die politische Führung der Region steht. Aber er gibt zu, dass er wegen Krima antrete.
"Als Russe ist es meine Pflicht, mich gegen ihn zur Wahl zu stellen. Gerade ich muss das tun – weil auch ich dunkle Haut habe, aber die russische Mentalität von innen kenne. Alle anderen würden sofort des Rassismus beschuldigt werden, wenn sie sagen, dass Joakim nicht gewählt werden darf. Glauben Sie mir, es mag viele Probleme geben in unserem Land, aber Rassismus ist kein besonders großes."
Doch dieser Meinung widerspricht der Bürgerrechtler Alexander Werchowski, Direktor des Zentrums SOVA in Moskau: Vorurteile gegenüber Fremden, sei es aus Asien oder Afrika, seien so weit verbreitet in der russischen Gesellschaft, dass sie von vielen gar nicht mehr als Rassismus wahrgenommen würden. Umso wichtiger sei die Kandidatur von Joakim Krima.
"Es ist unwichtig, ob er gewinnt oder nicht. Srednaja Achtuba ist ja unbedeutend für Russland an sich. Aber die Tatsache, dass ganz Russland von Krimas Kandidatur gehört hat, das ist sehr wichtig. Das hebt den Status aller Schwarzafrikaner hier. Beim ersten und zweiten und auch noch beim zehnten Mal wundert man sich über einen dunkelhäutigen Politiker. Aber mit der Zeit werden sich die Menschen daran gewöhnen."