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Meinungsfreiheit
Blogger in Vietnam leben gefährlich

Nguyen Van Ly ist derzeit der prominenteste Fall. Der Priester aus Vietnam sitzt seit 2011 in Haft, weil er im Netz seine Meinung frei äußerte. Eine Online-Petition fordert seine Freilassung. Der Geistliche ist nicht der einzige religiöse Blogger, der den kommunistischen Machthabern missfällt. Wer sich digital fürs Christentum engagiert, riskiert viel.

Von Thomas Klatt |
    Der vietnamesische katholische Priester Nguyen Van Ly, der wegen seiner Äußerungen über die Einschränkung bürgerlicher Freiheiten in Haft sitzt.
    Der vietnamesische katholische Priester Nguyen Van Ly, der wegen seiner Äußerungen über die Einschränkung bürgerlicher Freiheiten in Haft sitzt. (HOANG DINH NAM / AFP FILES / AFP)
    Der vietnamesische Blogger Bui Thanh Hieu organisierte in seiner Heimat Protestaktionen zur Freilassung von Demonstranten, betreute Familien politisch Verfolgter und vermittelte Rechtsanwälte in Prozessen. Vor allem aber schrieb er seine Meinung - in einem eigenen Internet-Blog. Denn eine freie unzensierte Presse gibt es in Vietnam nicht. Die Kommunistische Volkspartei und staatliche Behörden sind Herausgeber aller offiziellen Medien in dem 86-Millionen-Einwohner-Land. Private Medien - Fehlanzeige. Wenn überhaupt, so kann man seine Meinung höchstens im Internet veröffentlichen. Aber auch nur eingeschränkt, so Bui Thanh Hieu:
    "Die Regierung und die Polizei haben so viele Methoden angewandt, um diese Meinungsfreiheit zu bekämpfen. Neulich hat ein Polizeigeneral berichtet, dass sein Ministerium allein im letzten Jahr über 300 Webseiten bekämpft."
    Die staatliche Zensur ist mächtig. Vietnamesische Internetcafés etwa sind zur Installation einer Kontrollsoftware verpflichtet. Blogger müssen ihre Einträge vor Veröffentlichung autorisieren lassen und persönliche Daten preisgeben. Der Oppositionelle Bui Thanh Hieu wurde mehrfach inhaftiert. Heute lebt er im für ihn sicheren Deutschland als PEN-Stipendiat.
    Strenge Religionsgesetze
    In seiner Heimat aber sind es vor allem die Kirchen, die freien Denkern und Bloggern einen gewissen Schutz bieten. Hier leben rund sechs Millionen Katholiken und 800.000 Protestanten als zweitgrößte Religionsgruppe in dem kommunistischen Land. Hauptreligion ist der Buddhismus. Die Kirchen gehören in Vietnam zu den wenigen Orten, an denen ein freier Meinungsaustausch möglich ist, auch wenn sie von den staatlichen "Büros für religiöse Angelegenheiten" streng kontrolliert werden. Das derzeitige Religionsgesetz verpflichtet etwa dazu, Behörden die Kirchenprogramme vorzulegen. Darin müssen alle Termine, Orte, Namen von Leitern und die erwartete Anzahl von Besuchern gemeldet werden. Doch davon lassen sich die Priester nicht abschrecken. Viele Kirchenleute sind sogar selbst als in den digitalen Medien aktiv.
    "Die Vietnamesen kommen nur zu den Kirchen oder zu den Priestern, von denen sie wissen, dass sie gute Leute sind. Dass diese Priester sich für Menschenrechte und Zivilgesellschaft engagieren. Für kirchliche Organisationen in Vietnam gibt es auch eine Webseite. Diese wurde zerstört. Die Verantwortlichen von der kirchlichen Organisation wurden nicht verhaftet, sondern versetzt."
    Galionsfiguren sitzen im Gefängnis
    Andere aber kommen in Haft. In kaum einem anderen Land finden sich so viele katholische Blogger, die mit dem Staat in Konflikt geraten. Stellvertretend für viele steht der katholische Priester Nguyen Van Ly, der immer wieder über die Einschränkung bürgerlicher Freiheiten schrieb und eine Stärkung der Demokratie forderte. Seit 2011 sitzt Van Ly im Gefängnis. Nun hat das katholische Hilfswerk missio zusammen mit Reporter ohne Grenzen eine Unterschriftenaktion gestartet, um sich für seine Freilassung einzusetzen. Klaus Krämer von missio:
    "Ich hab selber die christliche und auch katholische Community in Vietnam als eine sehr lebendige Community erlebt, die sehr selbstbewusst auftritt, anders als in China. Also, wir wollen Bewusstsein schaffen, die sich erst mal an die deutsche Außenpolitik wendet, dass sie sich einsetzt für die Freilassung von gefangenen Bloggern. Van Ly steht im Mittelpunkt und ist eine Galionsfigur, er steht für viele, die ins Gefängnis gesteckt werden, um von ihrer freien Meinungsäußerung abgehalten zu werden. Aber wir wollen das auch in die deutsche Öffentlichkeit hineintragen."
    Vietnam ist neben China das Land mit den meisten inhaftierten Bürgerjournalisten. Christian Mihr von Reporter ohne Grenzen.
    "Im Moment zählen wir in Vietnam 14 so genannte Bürgerjournalisten und Blogger. Und das Interessante bei all diesen ist, dass es weitestgehend katholische Blogger sind, die sich auch mit religiösen Themen beschäftigen, in einer Intensität, wie das in normalen Medien nicht möglich wäre."
    Aber es gibt kleine Hoffnungszeichen. In diesem Jahr noch soll ein neues Religionsgesetz den Kirchen mehr Freiheiten und Rechtssicherheit gewähren. Das bedeutet: Mehr Kindergärten, mehr Religionsunterricht in Schulen und mehr Freiheit für Studentengemeinden an Universitäten. Auch den Gesundheitsstationen der vietnamesischen Caritas sollen größere Handlungsfreiräume eingeräumt werden. Blogger Bui Thanh Hieu hofft, dass es durch mehr Religionsfreiheit auch zu mehr Meinungsfreiheit in Vietnam kommen könnte, mit Unterstützung eben auch aus Deutschland.
    "Menschenrechtsorganisationen, wenn diese Organisationen nach Vietnam kommen, uns besuchen, mit Vietnamesen sprechen, dann ist dieser Einfluss viel, viel größer."
    Und Vietnam entwickelt sich immer mehr zum beliebten Reiseland. Da könnten Pauschaltouristen durchaus auch mal die eine oder andere Kirche besuchen und sich bei Politikern am Ort erkundigen, wie es denn um die Menschenrechte, die Meinungs- und Religionsfreiheit bestellt ist. Den religiösen Bloggern in Vietnam würde das wohl helfen.