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Meteorologe: Aschewolke hat keine Auswirkungen aufs Klima

Der Klimaforscher Wolfgang Seiler schließt aus, dass die Vulkanwolke von Island auch das Klima beeinträchtigt. Dafür müsste der Vulkanausbruch viel intensiver sein und mit seiner Eruption bis in die Stratosphäre in Höhen von über 20 Kilometern gelangen.

Wolfgang Seiler im Gespräch mit Gerd Breker | 16.04.2010
    Gerd Breker: In Deutschland gibt es trotz der Ausbreitung der Aschewolke aus Island noch kein flächendeckendes Flugverbot. Das soll flexibel gehandhabt werden. Bisher sei auch unklar, wie lange sich die Lage noch hinziehen werde. Die Deutsche Flugsicherung entscheidet über Sperrungen nach Information durch den Deutschen Wetterdienst. Die betroffenen Gebiete werden zeitlich befristet für den Flugverkehr geschlossen, so heißt es aus dem Bundesverkehrsministerium. - Am Telefon bin ich nun verbunden mit dem Meteorologen und Klimaforscher Wolfgang Seiler. Guten Tag, Herr Seiler.

    Wolfgang Seiler: Grüß Gott!

    Breker: Zeitlich befristet, habe ich eben vorgetragen. Wie lange kann das dauern?

    Seiler: Das hängt jetzt natürlich von zwei Parametern ab. Den einen können wir relativ gut vorhersagen; das ist die Verweilzeit dieser Substanzen, die jetzt in die Atmosphäre durch den Vulkan emittiert worden sind, also die Staubpartikel. Das geht eigentlich relativ schnell vorbei, weil diese Partikel durch Regen ausgewaschen werden, auch aussedimentieren. Man rechnet so etwa 7 bis 14 Tage und dann ist dieses Zeug aus der Troposphäre wieder entfernt. Aber im Wesentlichen hängt das natürlich auch davon ab, wie lange noch der Vulkan aktiv ist, und das, glaube ich, kann keiner vorhersagen.

    Breker: Wir haben gelernt, Herr Seiler, die Asche ist gefährlich für die Triebwerke der Flugzeuge. Ist sie auch gefährlich für den Menschen?

    Seiler: Nein, nicht in dieser Konzentration. Das ist so gleichmäßig verteilt und auch in der oberen Troposphäre. Für den Menschen selbst, wenn nicht in unmittelbarer Nachbarschaft des Vulkans, ist das nicht gefährlich.

    Breker: Diese Wolke verschwindet ja nicht, sie zieht eigentlich weiter. Nur wohin?

    Seiler: Das hängt jetzt von der Wetterlage ab. Das heißt, je nachdem wie die Wetterlage sich entwickelt, wird diese Wolke innerhalb der nächsten 7 bis 14 Tage sich bewegen. Aber generell ist es so: Wir befinden uns ja hier in der Nordhemisphäre, in den hohen Breiten, in dem sogenannten Westwindgürtel. Das heißt, im Durchschnitt wird diese Wolke nach Osten abtransportiert, wobei wie jetzt bei dieser Wetterlage es durchaus möglich sein kann, dass diese Wolke auch mal kurzzeitig etwas über südlichere Gebiete wie zum Beispiel die Bundesrepublik hinweggeht.

    Breker: Das hängt von der Wetterlage ab, sagen Sie?

    Seiler: Ja.

    Breker: Kommen wir zum Klima. Wird denn diese Wolke auch das Klima beeinträchtigen?

    Seiler: Mit Sicherheit nicht. Klimabeeinflussung erfolgt durch solche Vulkane, die erstens mal viel intensiver sind, wo die Eruption - und das ist der zweite Punkt - bis in die Stratosphäre gelangt, etwa in Höhen von 20, 25 Kilometern, weil dann diese Substanzen in der Stratosphäre nicht ausgewaschen werden - dort gibt es keinen Niederschlag -, und dann werden diese Substanzen über große Flächen über den gesamten Erdball verteilt und dann macht sich das natürlich auch für das Klima bemerkbar, aber nur über eine gewisse Zeit. Man rechnet im Durchschnitt etwa mit vier bis fünf Jahren. Dann sind auch diese Partikel aus der Stratosphäre heraussedimentiert und der Effekt geht dann wieder auf Null zurück. Wir haben das sehr schön verfolgen können in jüngster Zeit 1991 durch den Vulkanausbruch des Pinatubo, und dort hat man in der Tat einen Rückgang der Temperatur gesehen, weniger als 0,1 Grad Celsius, und das war dann nach vier bis fünf Jahren wiederum verschwunden.

    Breker: Das heißt, der Trend, dass insgesamt das Klima wärmer wird, der bleibt erhalten, wird nur minimal verlangsamt?

    Seiler: Der wird nicht verlangsamt, sondern der wird nur mal kurzzeitig etwas unterbrochen. Hinterher, nach einigen Jahren, entwickelt sich das wieder auf der ganz normalen Bahn.

    Breker: Sie sagen, in der Nordhemisphäre sei es anders. Wo wäre es wenn gefährlicher?

    Seiler: In den äquatorialen Bereichen. Dort liegt die Tropopause, das ist die Grenze zwischen der Troposphäre und der Stratosphäre, relativ hoch, bei etwa 18 Kilometern. Wenn dort ein Vulkanausbruch stattfindet - typisches Beispiel Krakatau -, dann werden große Mengen in die Stratosphäre emittiert, in große Höhen, und dort verbleibt dann auch das Material entsprechend längere Zeit und ist dann auch klimawirksam. Bei Krakatau, können Sie sich erinnern, war dann das darauffolgende Jahr so stark klimatisch beeinflusst, dass selbst in den USA im Sommer noch Nachtfröste herrschten, und dort sind ja auch die Ernten zum Teil kaputt gegangen.

    Breker: Das heißt, was wir uns jetzt wünschen sollten, Herr Seiler, wäre ein bisschen Regen?

    Seiler: Den haben wir sowieso. Regen ist nichts besonderes, auch nicht in der Nordhemisphäre. Man rechnet immer damit, dass jedes Wasserdampfmolekül, das durch Verdunstung in die Atomsphäre gelangt, im Durchschnitt nach sieben Tagen wieder in Form von Regen ausfällt. Sie sehen: Der Wasserkreislauf in der Atmosphäre ist sehr schnell, ist sehr intensiv, und dieser Regen wäscht sozusagen das Material aus. Das macht gar keinen Unterschied, ob das jetzt durch den Vulkan emittiert worden ist, ob das durch den Menschen, durch die Emissionen, die Verschmutzung in die Atmosphäre kommt, oder vielleicht sogar auch über den Saharastaub.