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Mexiko
Wutbürger protestieren nach Studenten-Morden

In Mexiko dauern die gewaltsamen Proteste wegen der mutmaßlichen Ermordung der 43 verschleppten Studenten an. Auf der Straße und in sozialen Netzwerken machen Mexikaner ihrem Ärger Luft. "Ich habe genug davon, in einem Verbrecherstaat zu leben", lautet eine Parole.

Von Martin Polansky, ARD-Studio Mexiko |
    Mexikaner nehmen am Protestmarsch 43x43 auf den Zocalo in Mexiko-Stadt teil, nachdem 43 mexikanische Studenten von der Polizei verschleppt wurden. Die Mörder stammen vermutlich aus dem Drogenmillieu.
    Mexikaner nehmen am Protestmarsch 43x43 auf den Zocalo in Mexiko-Stadt teil, nachdem 43 mexikanische Studenten von der Polizei verschleppt wurden. (picture-alliance / dpa/epa/efe)
    Szenen der Wut und der Gewalt. Einige dutzend junge Mexikaner versuchen das hölzerne Tor des Nationalpalastes mitten in der Hauptstadt aufzurammen. Auch Brandsätze fliegen. Das historische Gebäude am Hauptplatz, dem Zocalo, ist nicht der eigentliche Regierungssitz, sondern hat vor allem repräsentativen Charakter. Aber die Bilder machen klar:
    Die Wut richtet sich gegen die mexikanische Regierung, gegen den Staatsapparat. Der Generalstaatsanwalt des Landes hatte am Freitag erklärt, dass die 43 von der Polizei verschleppten Studenten aus Ayotzinapa möglicherweise tot seien – ermordet und verbrannt von Drogengangstern. Es gäbe entsprechende Geständnisse und man habe Leichenteile gefunden. Die Lage ist nun entsprechend aufgeheizt.
    Entsetzen und Wut sind überall spürbar
    18 junge Leute, die an der Attacke gegen den Nationalpalast beteiligt waren, wurden festgenommen, einige sind aber wieder frei, etwa Juan Francisco Manrique:
    "Ich bin zufrieden. Denn ich weiß, dass ich die Unterstützung aller meiner Freunde habe. Wir können nicht länger ruhig bleiben."
    Das Tor des Nationalpalastes hat dem Angriff standgehalten – wohl weitgehend unbeschadet. Aber der Ruf der mexikanischen Regierung, des Staates insgesamt ist wegen der 43 Studenten aus Ayotzinapa auf einem Tiefpunkt. Präsident Enrique Peña Nieto ist trotzdem zu einer mehrtägigen Asienreise aufgebrochen. Es geht um Wirtschaftsbeziehungen. Auf dem Weg nach Asien verurteilte Peña die Attacke auf den Nationalpalast:
    "Ayotzinapa ist ein Ruf nach Justiz, Frieden und Einheit. Es ist kein Ruf nach Gewalt und Konfrontation."
    Der gewaltsame Protest geht bisher von einer kleinen, radikalen Minderheit aus. Sowohl in Mexikos Hauptstadt als auch im Bundesstaat Guerrero, wo am Wochenende der Gouverneurspalast bereits zum zweiten Mal innerhalb von drei Wochen attackiert wurde. Aber das Entsetzen und die Wut sind in weiten Teilen Mexikos spürbar. Dazu hat auch ein kurzer Satz des Generalstaatsanwalts des Landes, Jesus Murillo, unfreiwillig beigetragen. Ein Satz, den er am Freitag sagte, als er die mögliche Ermordung der 43 Studenten bekanntgab, als er keine weiteren Fragen mehr hören wollte:
    "Ya me cansé"
    Ya me cansé – was so viel heißt wie "Ich habe genug oder "Ich bin es leid".
    "Wir haben genug" auf Twitter
    In den sozialen Netzwerken wurde sofort reagiert. Bei Twitter läuft nun ein entsprechender Hashtag heiß mit Einträgen wie "Wenn du genug hast, warum trittst du nicht zurück" oder "Ich habe genug davon, in einem Verbrecherstaat zu leben".
    Nach mexikanischen Medienberichten wurden alleine in diesem Jahr mehr als 600 Menschen in Massengräbern entdeckt. 20.000 Menschen sind in Mexiko in den letzten Jahren einfach verschwunden – fast nie gab es ernsthafte Ermittlungen danach. Bei Twitter laufen nun weltweite Aufrufe, da hinzuschauen.