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Mikrowellen im Chiplabor

Technik. - Der Mikrowellenofen wurde im Jahr 1945 erfunden. Die ersten Geräte hatten ungefähr die Dimensionen eines Kühlschranks und waren für den Einsatz in Großküchen gedacht. Für den durchschnittlichen Haushalt wurden die Geräte erst interessant, als sie sich auf ein etwas handlicheres Format bringen ließen. Nun arbeitet eine englische Forschergruppe der University of Hull daran, noch kleinere Quellen von Mikrowellen im Labor zu verwenden - um damit Reaktionen auf einem Glaschip zu steuern.

    Mikrowellen werden nicht nur in der Küche zum Aufwärmen von Fertiggerichten benutzt, sondern auch in der Forschung, wo sie ebenfalls zum Erhitzen eingesetzt werden. Denn nicht nur die Wassermoleküle lassen sich durch die elektromagnetische Strahlung ins Schwingen bringen, sondern auch zum Beispiel Methanol. Seit Mitte der Achtziger Jahre setzt man Mikrowellen als alternative Wärmequelle verstärkt im Syntheselabor ein. Doch daneben gibt es noch anderen Einsatzgebiete. Professor Paul Fletcher von der University of Hull: "Wir wollen mit den Mikrowellen ganz gezielt nur kleine Bereiche eines Mikroreaktors aufheizen. Dadurch erhalten wir eine zusätzliche Möglichkeit, die Reaktion zu beeinflussen, die in normalen chemischen Reaktionsgefäßen nicht möglich ist." Diese Mikroreaktoren sind nicht viel größer als ein Fingernagel, computergesteuert können Chemikalien durch eingeätzte Kanäle fließen. Die Mikrowellen können auf dem Chip räumlich begrenzte, heiße Reaktionszonen erzeugen. Wärmeenergie wird in sehr kleinen Punkten des Mikroreaktors konzentriert, den sogenannten Hot Spots.

    Gegenüber herkömmlichen Reaktionsgefäßen bieten die Chips einige Vorteile. Fletcher: "In dem Netzwerk der feinen Kanäle, kann man an unterschiedlichen Stellen des Chips ganz unterschiedliche Konzentrationen erzeugen. Und indem man mit Mikrowellen kleine Bereiche des Netzwerks aufheizt, kann man an verschiedenen Stellen verschiedene Temperaturen erzeugen." Auf diese Weise kann man beispielsweise eine Reaktion an einem Hot Spot sehr schnell ablaufen lassen. Das gewünschte Produkt wird daraufhin über die Kanälchen in eine kältere Zone transportiert. Dadurch vermeidet man, dass es sich wieder in seine Bestandteile oder störende Nebenprodukte zersetzt. Die Energie der Mikrowelle wird also sehr effektiv zur Umwandlung von chemischen Stoffen verwendet. Durch die Mikrowellen konnte Fletcher eine Reaktion, die in einer Stunde abläuft und dabei eine Produktausbeute von 60 Prozent aufweist, auf eine Minute verkürzen. Und dabei stieg die Ausbeute auch noch auf 90 Prozent an.

    [Quelle: Arndt Reuning]