Montag, 06. Mai 2024

Archiv


Milbradts umstrittene Hochschulpläne

Eine Festrede des sächsischen Ministerpräsidenten Georg Milbradt vom vergangenen Freitag schlägt derzeit hohe Wellen. Erneut plädierte er dabei für die Einführung von Studiengebühren in Sachsen und für den Umbau der sächsischen Universitäten zu mehr wirtschaftlich orientierten Einrichtungen, mit unternehmensähnlichen Führungsstrukturen. Neben dem Koalitionspartner SPD, der die Wissenschaftsministerin stellt, zeigt sich auch die sächsische Sektion des Deutschen Hochschulbundes beunruhigt.

Von Alexandra Gerlach | 23.11.2005
    "Wenn die sächsischen Hochschulen im Wettbewerb bestehen wollen, dann muss der Freistaat das modernste Hochschulsystem in Deutschland und in Europa erhalten", so die jüngste Forderung von Georg Milbradt. Dieses Postulat des sächsischen Ministerpräsidenten stößt auf ungeteilte Zustimmung, auch bei Professor Kurt Reinschke, dem Vorsitzenden der sächsischen Sektion im Deutschen Hochschulverbands. Doch damit ist die Übereinstimmung dann auch schon erschöpft. Denn angesichts der weitergehenden Pläne Milbradts für die Novellierung des Hochschulgesetzes im Freistaat fürchtet Reinschke eine falsche Fokussierung:

    " Eine Universität ist kein Unternehmen und aus dem Grund ist auch diese Art Management-System - top-down und schön schnell und straff - unangemessen."

    Diese Haltung vertritt auch der sozialdemokratische Koalitionspartner SPD. Die sächsische Wissenschaftsministerin, Barbara Ludwig, distanzierte sich auch prompt in einer offiziellen Erklärung von den Aussagen des christdemokratischen Regierungschefs.

    Milbradt fordert die schrittweise Übertragung der Personalhoheit auf die Hochschulen, eine weitgehende finanzielle Autonomie, sowie eine Umorientierung hin zu einem Dienstleistungsunternehmen, in dem die Professoren nicht mehr verbeamtet und nur noch zeitlich befristet eingestellt werden. Außerdem will er Studiengebühren einführen. Damit setzt er den Kurs des jüngst verstorbenen Kanzlers der TU Dresden, Alfred Post, fort und stößt auf Zustimmung beim Rektor der TU Dresden, Professor Hermann Kokenge. Für den Deutschen Hochschulbund jedoch wäre dies - wenn es denn so radikal wie angekündigt umgesetzt würde - die Abkehr von den Idealen der alten Gelehrtenrepublik - Professor Kurt Reinschke:

    " Die klassische Struktur der Humboldtschen Universität und der Gelehrtenrepublik ging davon aus, dass ein in besonderer Weise ausgewiesener Mann oder Frau auf einen Lehrstuhl berufen wird, ein amtsangemessenes Gehalt empfängt, im Sinne einer Alimentierung und dafür in Ruhe arbeiten kann."

    " Sicher ist ein Professor kein Polizist, aber er sollte dennoch so frei arbeiten und denken können, dass er unabhängig wird von Abhängigkeiten, die sich natürlich bei irgendwelchen Machtstrukturen immer ergeben."


    Reinschke hat DDR-Erfahrung und warnt daher vor dem Versuch, die Hochschulen des Landes aus ihrer wissenschaftlichen Selbstbestimmung herauszulösen, zugunsten einer rein wirtschaftlich ausgerichteten Struktur, in der die Professoren zunehmend zu so genannten "Drittmittelknechten" werden:

    " Wir haben dieses Modell des Betriebes ja in der DDR durchlebt, also in der 3. Hochschulreform sind tatsächlich die Unis umgestellt worden, und geleitet worden wie sozialistische Großbetriebe, mit einem wirklichen Vorgesetzten, als Sektionsdirektor, einem zweiten Vorgesetzen, als Rektor, der dann gegenüber der Partei vor allem rechenschaftspflichtig war, und aus dieser Erfahrung können wir eigentlich sagen, dass dieses Modell des Großbetriebes schon erprobt wurde in Sachsen, und sich nicht unbedingt bewährt hat."

    Milbradts neuerliche Forderung nach Studiengebühren ist nicht unbedingt ein Reizthema für den Professor, wohl aber für die Studierenden:

    Unterstützung finden die Studierenden bei Barbara Ludwig. Die Wissenschaftsministerin stellte in ihrer Replik auf Milbradt klar: Studiengebühren seien aus ökonomischen und sozialen Gründen falsch. Schon jetzt erhielten in Sachsen rund 40 Prozent aller Studierenden BAFÖG. Weitere Gebühren seien ihnen kaum aufzubürden.

    Auch dürfe die akademische Mitbestimmung nicht angetastet werden. Hochschulinterne Entscheidungen könnten nur dann Akzeptanz finden, wenn diejenigen, die diese Entscheidungen betreffen auch in den Entscheidungsprozess einbezogen seien.