Archiv


Milch mit ITX

Ende 2005: Verbraucher sind beunruhigt, weil in Getränkekartons ITX gefunden wurde. Ein Farbfixierer. Wie giftig dieser Stoff wirklich ist, versuchte damals die Deutsche Umwelthilfe herauszufinden - doch das Verbraucherschutzministerium mauerte und lieferte teils geschwärzte Akten. Mittlerweile erhielten die Verbraucherschützer die richtigen Unterlagen und legten nun ihren Abschlussbericht vor.

Von Verena Kemna |
    ITX ist die Abkürzung der Chemikalie Isopropylthioxanthon, eine für den Menschen gesundheitsschädliche Druckchemikalie die zum Bedrucken von Getränkekartons verwendet worden ist. Nach Angaben der Deutschen Umwelthilfe waren die Verpackungen von Milchgetränken und Fruchtsäften jahrelang mit einem Chemiecoktail kontaminiert ohne dass das Verbraucherschutzministerium entsprechend reagiert hätte. Nach Analysen der Deutschen Umwelthilfe wurde der Unbedenklichkeitswert um ein zwölffaches überschritten. Seit 2006 ist ITX zwar nicht mehr in Getränkeverpackungen enthalten, doch die Getränke, die damals in Umlauf waren, sind je nach Haltbarkeitsdatum durch die Kehlen der Verbraucher entsorgt worden, sagt Jürgen Resch Bundesgeschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe.

    "Das Verbraucherschutzgesetz schreibt eigentlich vor, dass der Bürger binnen vier Wochen Auskunftsansprüche hat gegenüber den Behörden, dass er erfährt, ob er mit Belastungen rechnen muß. Das Verbraucherministerium hat sich 190 Wochen, fast vier Jahre Zeit gelassen und fünf Gerichtsurteile abgewartet, bis sie eben die Untersuchungsergebnisse jetzt vorgelegt haben. Die Industrie kann sich freuen denn die Säfte sind durch das Haltbarkeitsdatum längst ausgetrunken und der Verbraucherschutz ist hiermit ad absurdum geführt worden."

    Seit dem 1. Mai 2008 ist das Verbraucherinformationsgesetz in Kraft, ein Gesetz, das eigentlich zu mehr Information und Markttransparenz führen soll. Doch erst jetzt habe das zuständige Bundesministerium der Deutschen Umwelthilfe alle Informationen zur Belastung von Getränkekartonprodukten mit ITX offen gelegt. Ein Skandal der noch kein Ende hat, so Jürgen Resch. Denn die Industrie hat ITX einfach durch andere Chemikalien ersetzt. Chemikalien, die, so die Deutsche Umwelthilfe ebenso wenig für das Bedrucken von Getränkekartons geeignet sind wie ITX.

    "Das Produktionsverfahren wurde nicht geändert. Wir haben nach wie vor eine Situation, dass mit einer speziellen Gruppe von Chemikalien die Farben gehärtet werden. Diese neuen Stoffe, die eingesetzt werden, sind unbekannt. Es sind mehrere Stoffe, die eingesetzt werden und die entsprechenden Fachbehörden warnen vor diesen Stoffen weil eben über ihre Toxikologie nichts bekannt ist und fordern eine Änderung des Produktionsverfahrens."

    Die Deutsche Umwelthilfe stützt sich auf eine Beurteilung des Bundesinstituts für Risikobewertung. In einer Stellungnahme vom 2. April 2008 heißt es: Den Ersatz von ITX durch andere Photoinitiatoren, für die derzeit keine oder keine ausreichenden toxikologischen Daten zur Verfügung stehen, hält das BfR für nicht sachgerecht. Trotzdem verweigern die großen Hersteller von Getränkekartons Tetra Pak und Elopak jede Auskunft über die derzeit verwendeten Ersatzchemikalien, sagt Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe.

    "Wir empfehlen allen Verbrauchern einfach sehr vorsichtig zu sein und sich genau zu überlegen, welche Getränke er in welchen Verpackungen nimmt. Das beste ist natürlich Mehrwegverpackungen zu verwenden, kleine Abfüller die in Mehrwegglas abfüllen. Da kann man sicher sein, dass produktionsbedingt keine Chemikalien in den Lebensmitteln drin sein können, zumindest keine, die aus solchen Druckprozessen herstammen."

    Zum Schutz der Verbraucher fordert die Deutsche Umwelthilfe, dass nur noch solche chemischen Substanzen zugelassen sind, die eindeutig und in Langzeituntersuchungen bestätigt, als gesundheitlich unbedenklich eingestuft werden. Entsprechende Signale seitens der Bundesregierung sind, so die Deutsche Umwelthilfe, nicht erkennbar.