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Minimierter Eingriff

Medizin. - Rund 8000 Hornhauttransplantationen werden in Deutschland pro Jahr durchgeführt. Eine neue Technik vermeidet viele der bisherigen Risiken. Auf dem Weltaugenkongress in Berlin wurde sie ausgiebig diskutiert.

Von Peter Kaiser |
    "Jede Transplantation hat das Problem, dass das Transplantat eventuell abgestossen werden kann. Das heißt im Bereich der Augenheilkunde, es wird nicht klar. Und je weniger Sie Fremdgewebe transplantieren, also schichtweise, umso weniger haben Sie eine Immunantwort."

    Und je weniger Immunantwort, desto weniger Abstoßung. Grundsätzlich gilt: Transplantationen sind problematisch. Sowohl gibt es einerseits zu wenige Transplantate, andererseits wird - bei Hornhauttransplantationen - die neue Hornhaut manchmal abgestossen. Eine neue Transplantationstechnik soll den Patienten nun wieder dauerhaft zu klarer Sicht verhelfen.

    "Überwiegend wird in den Operationen der Hornhaut heutzutage die gesamte Hornhaut ausgetauscht. Alle Schichten im Zentrum der Hornhautscheibchen. Die neuen Techniken zielen daraufhin ab dass man überwiegend nur noch die Schichten der Hornhaut austauscht, die erkrankt sind","

    sagt Gerhard Klaus Lang, Direktor der Universitäts-Augenklinik in Ulm,

    ""mit anderen Worten: Wenn jemand oberflächlich eine Hornhautnarbe hat, durch die er nicht hinausschauen kann aus dem Auge, dann wird eben diese oberflächliche Schicht mit der Narbe ausgeschnitten, und durch eine klare Hornhaut ersetzt."

    Bei rund der Hälfte aller Patienten mit Hornhauttrübungen ist eine Erkrankung des Endothels die Ursache. Das Endothel ist eine dünne Zellschicht, die die Hornhaut innen auskleidet. Sind zu wenige Endothel-Zellen da, schwillt die Hornhaut an. Der Patient kann nichts mehr sehen. Lang:

    "Dann setzt man jetzt eben diese Technik ein, dass man nur noch diese innere Schicht aus dem kranken Auge herausnimmt, eine gesunde Schicht in das Auge hineinsetzt, und die arbeitet dann wieder, pumpt das Wasser heraus und die Hornhaut wird klar."

    Rund 100 bis 200 Mikrometer dünn ist die Endothelschicht, die verpflanzt wird. So leicht sich das aber anhört, so schwierig ist es technisch. Denn diese Art von Chirurgie arbeitet mit einem sogenannten Femtolaser, einem Laser also, der mit ultrakurzen Impulsen Schnitte in der Hornhaut durchführt. Hat der Operateur das erkrankte Endothel entfernt, schiebt er das Spenderendothel in die Augenkammer und platziert es auf der Innenseite der Hornhaut. Damit das neue Gewebe haften bleibt, injiziert der Operateur eine Luftblase in die Augenkammer. Nach zwei Tagen, in denen der Patient dauernd auf dem Rücken liegen muss, ist das Endothel angewachsen. Lang:

    "Das ist eine ganz aufregende Technologie, von der wir noch sehr viel hören werden, weil ein Hauptproblem der Hornhauttransplantation, der Hornhaut-Astigmatismus, in diesem Fall dann nicht auftritt, die Hornhautarchitektur erhalten bleibt."

    Bei Astigmatismus oder Hornhautkrümmung wird das Netzhautbild unscharf, und in die Breite oder Höhe gezogen. Das Ergebnis ist ein vollkommen schiefes Bild. Die Patienten müssen eine Brille oder eine Kontaktlinse tragen. Mit der neuen Transplantationstechnik wird nicht nur dieses Problem vermieden, auch die langen Erholungsphasen von bisher 18 Monaten werden auf wenige Wochen bis einige Monate verkürzt. Ein zusätzlicher Gewinn ist, dass Abstoßungsreaktionen des Körpers gegenüber dem neuen Endothel deutlich minimiert werden.

    "Und auch hier werden, denke ich, die Ergebnisse in der Transplantationschirurgie mit diesen neuen Techniken besser und erfolgreicher werden, weil wir weniger Fremdgewebe transplantieren."

    Die neue Transplantationstechnik steht in den Startlöchern, immer mehr Augenärzte machen sich derzeit damit vertraut. Zum Nutzen aller. Lang:

    "Immer mehr chirurgische Zentren machen immer mehr Operationen mit dieser Technik, wenngleich noch die Mehrzahl mit der klassischen Technik durchgeführt wird. Aber das ist keine Zukunftsmusik mehr, sondern durchaus schon Realität."