Archiv


Mit Biogas gegen den Klimawandel

Es entsteht bei der Verrottung von Abfällen, bei der Bildung von Gülle, vor allem aber bei der Verwertung nachwachsender Rohstoffe: Biogas. Deutschland ist mit über 3000 Anlagen in Sachen Biogasnutzung unbestrittener Weltmeister. In Hohenheim beraten Experten über Trends und Entwicklungen. Geforscht wird derzeit an mikrobakteriellen Zusätzen, die die Wirtschaftlichkeit der Anlagen verbessern sollen.

Von Thomas Wagner |
    "Also vielleicht noch ein Blick in die Vergangenheit: Bis die fossile Energie in Deutschland Einzug hielt, war bis Anfang des 20. Jahrhunderts ein Drittel der Ackerflächen für die Energiebereitstellung von Mobilität dar: Hafer für die Pferde, für die Zugtiere entsprechende Pflanzen, zum Beispiel Luzerne."

    Natürlich kennt auch Bruno Kriegelstein vom baden-württembergischen Ministerium für Ernährung und ländlichen Raum das Schlagwort "Fuel against Food." Dabei geht es um die Kritik am Anbau von nachwachsenden Rohstoffen auf Deutschlands Feldern angesichts steigender Getreidepreise und dem steigenden Nahrungsmittelbedarf weltweit. Das Beispiel mit dem Haferanbau für die Pferde zeigt jedoch: Schon vor 100 Jahren wurde ein Teil der landwirtschaftlichen Produktion dazu genutzt, um Mobilität zu ermöglichen. Diese Idee erlebt heute mit dem Anbau nachwachsender Rohstoffe zur Biogaserzeugung eine Renaissance - trotz der jüngsten Preisentwicklungen beim Getreide:

    "Unser Hunger nach Energie ist riesengroß. Wir sind dabei, Pflanzenanbausysteme zu suchen, die uns höhere Erträge pro Hektar bringen, höhere Biogas-Produktionen pro Hektar. Wir sind heute in der Lage etwa 10.000 Kubikmeter Biomethan pro Hektar zu erzeugen. Das entspricht etwa einem Energiewert von 10.000 Litern Heizöl", "

    erklärt Hans Oechsner von der Landesanstalt für Maschinen- und Bauwesen an der Universität Hohenheim. Biogas entsteht quasi automatisch bei Verrottungs- und Vergärungsprozessen. Biogas aus Abfalldeponien war dann auch bis 2004 die meist genutzte Quelle der Biogasanlagen - bis die Landwirte immer mehr dazu übergingen, so genannte Energiepflanzen anzubauen.

    ""Die Energiepflanzen sind Gras, Mais, Getreide - alles, was halt hier in Deutschland gut wächst. Und auch neue Pflanzen, die jetzt angepflanzt werden. Hirse, Sudangras und so weiter...also solche neuen Pflanzen","

    so Michael Köttner, Geschäftsführer des Internationalen Biogas- und Biomasse-Kompetenzzentrums in Stuttgart-Hohenheim. Grund für diesen Anbau-Trend: Das im Jahre 2004 novellierte Erneuerbare Energien-Gesetz, das Biogasanlagen, die mit solchen Pflanzen gespeist werden, gezielt fördert. 3000 Biogasanlagen erzeugen derzeit in Deutschland hauptsächlich Strom und Wärme. Ihre Zahl hat sich in den vergangenen drei Jahren, seit Inkrafttreten des neuen Gesetzes, glatt verdoppelt. Deutschland ist damit "Biogas"-Weltmeister. Michael Köttner:

    ""Die europäischen Nachbarländer orientieren sich immer noch am Fortschritt in Deutschland. Zum Beispiel Frankreich hat derzeit gerade vier landwirtschaftliche Biogas-Anlagen, in den Niederlanden gibt es 30 Anlagen, in den ganzen USA gibt es 130 Biogas-Anlagen."

    Denn nur Schritt für Schritt erkennen die Experten das große Potential, das in der Ressource Biogas steckt. Das kann weit über die Stromerzeugung in den kleinen dezentralen Anlagen herausgehen, erklärt Agrarforscher Hans Oechsner von der Uni Hohenheim:

    "Wir können das Biogas aber auch aufbereiten, um es dann auch ins Erdgasnetz als Erdgasersatz einzuspeisen. Prinzipiell kann Biogas auch dazu verwendet werden, um PKW zu betreiben."

    Hört sich alles einfach an, ist aber ziemlich kompliziert: Denn neben dem zur Energiegewinnung wichtigen Methan enthält Biogas eine Fülle von Verunreinigungen. Um diese effizient auszuscheiden, bedarf es neuer Techniken, die die Hohenheimer Forscher in einem eigens eingerichteten Biogas-Labor entwickeln. Bei den Arbeiten dort geht es aber auch darum, die Effizienz der Energiepflanzen zu verbessern und speziell auf die Biogas-Gewinnung hin auszurichten - ein Thema, das auf dem Kongress sehr intensiv diskutiert wird. Hans Oechsner:

    "Wir setzen beispielsweise Spurenelemente zu, um unsere Mikroorganismen im Biogasprozess optimal zu versorgen, um die Effizienz zu steigern, um letzten Endes auch die Wirtschaftlichkeit dieses Systems zu verbessern."