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Mit Fadenwürmern auf Raupenjagd

Biologie. - Versteckt in Containern kam der Buchsbaumzünsler aus China in Deutschland an. 2007 wurde er erstmals in Baden-Württemberg gesichtet. Schmetterlingsbeobachter wunderten sich über den braun-weiß-gezeichneten Falter. Doch kurz darauf wurde klar, dass der Schmetterling nicht nur schön anzusehen, sondern überaus gefräßig ist. Sein Opfer ist der Buchsbaum. Forscher aus Darmstadt versuchen jetzt, den Eindringling mit Nützlingen zu bekämpfen.

Von Carina Frey | 15.03.2012
    Schön sieht er ja aus: Vier bis fünf Zentimeter groß, weiße Flügel mit braunem Rand.
    Doch bis der Buchsbaumzünsler geschlüpft ist, hat er Kleingärtnern und Parkbesitzern jede Menge Ärger gemacht. Als Raupe frisst er am liebsten Buchs. Sein Hunger ist gewaltig:

    "Das fängt zunächst einmal ganz unspektakulär an, das heißt aus den Eiern schlüpfen winzig kleine Larven die zunächst einmal so eine Art Schabefraß an den Buchsblättern verursachen. Aber nach wenigen Wochen ist diese kleine Raupe zu einer vier bis fünf Zentimeter großen Fressmaschine herangewachsen und es werden dann die Buchsblätter ganz aufgefressen und unter Umständen auch die Rinde der Pflanze angenagt und das verursacht einen ganz besonders starken Schaden, weil die Pflanzen ganz schnell vertrocknen."

    Annette Herz steht im Labor vor großen Glaszylindern. In jedem stecken ein paar Buchszweige – Futter für die grün-schwarz-gezeichneten Raupen. Die Biologin forscht am Julius Kühn-Institut für Biologischen Pflanzenschutz in Darmstadt. Sie sucht nach Nützlingen, die den Buchsbaumzünsler bekämpfen. Denn er hat in Deutschland keine natürlichen Feinde.

    "Das mag daran liegen, dass er toxische Inhaltsstoffe, die im Buchs vorhanden sind, tatsächlich auch beim Fraß aufnimmt und speichert und natürliche Gegenspieler wie zum Beispiel Vögel oder Wespen oder andere Räuber dann diese Raupen, nachdem sie einmal davon probiert haben, auch meiden."

    Der Buchsbaumzünsler stammt ursprünglich aus Asien. Schmetterlingsbeobachter entdeckten ihn 2007 erstmals in Baden-Württemberg. Inzwischen frisst er sich in fast allen Bundesländern durch Buchshecken. Los geht es im Frühling. Dann beginnen die Raupen zu fressen. Anfang Juni schlüpfen die ersten Falter, legen wieder Eier, die nächste Generation wächst heran.

    "Die dann entstehenden Raupen fressen dann auch noch einmal je nach Temperatur vier Wochen. Dann gibt es wieder Puppen, dann gibt es wieder Falter und das Ganze zieht sich dann bis in den Herbst hin."

    Zur Bekämpfung werden bisher chemische und biologische Pflanzenschutzmittel eingesetzt. Doch die sind in Deutschland noch nicht für den Buchsbaumzünslers zugelassen. Außerdem dürfen sie in Parkanlagen mit Besuchern nur unter Auflagen eingesetzt werden. Deswegen haben die Forscher geraume Zeit nach Alternativen gesucht. Zuerst setzten sie Schlupfwespen ein. Die winzigen Insekten legen Eier in die Eier des Schädlings.

    "Die daraus schlüpfende Parasitoiden-Larve frisst sozusagen das Ei von innen auf. Der Schädling wird rechtzeitig abgetötet, bevor überhaupt irgendein Schaden entsteht."

    m Labor waren zwei Schlupfwespenarten erfolgreich. Versuche am Buchs schlugen aber fehl.Besser liefen Tests mit Fadenwürmern. Die Nematoden leben eigentlich im Boden, lassen sich aber so präparieren, dass sie für kurze Zeit auf Blättern überleben. Sie werden in Wasser gegeben und auf die Pflanze gesprüht.

    "Nematoden dringen durch verschiedene Körperöffnungen in das Wirtsinsekt. Und sie besitzen symbiontische Bakterien, die sie dem Insekt sozusagen in das Blut spucken. Diese Bakterien vermehren sich dann massiv und die Nematode ernährt sich dann quasi von dieser entstehenden Bakteriensuspension. Wächst heran, pflanzt sich fort noch in dem Wirtsinsekt, es schlüpfen erneut Nematoden, die dann weiterhin von den Wirtsinsekt leben."

    Bis es aufgebraucht ist, erklärt Herz. Im Labor klappte das gut: Die Fadenwürmer infizierten junge und ausgewachsene Raupen. Die stellten nach zwei Tagen das Fressen ein, nach spätestens einer Woche waren sie tot. Beim Freilandversuch gab es allerdings Probleme: Die Forscher setzten die Nematoden im Frühherbst auf einer Buchshecke aus. Doch nur rund ein Zehntel der Buchsbaumzünsler wurden befallen – längst nicht genug, um die Raupe zu bekämpfen. Ein Grund könnte sein, dass es während des Versuchs überraschend kalt wurde, Nematoden bei tiefen Temperaturen aber nicht arbeiten können. Deswegen sollen die Tests in den kommenden Monaten wiederholt werden. Grundsätzlich hätte der Einsatz der Nützlinge viele Vorteile: Sie müssen nicht zugelassen werden, es gibt keine Auflagen – und jeder Kleingärtner kann sie für seine Buchshecke kaufen.