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Mit Kupfer gegen die Alzheimer-Erkrankung

Medizin. - Heilbar ist die Alzheimer-Krankheit trotz intensiver Forschungen bisher nicht. Nur wenige Ansätze versprechen tatsächlich Erfolg. Dazu zählt die Hoffnung, dass Kupfer gegen die Alzheimer-Erkrankung helfen könnte. Aufbauend auf entsprechenden Ergebnissen aus Tierversuchen startete vor anderthalb Jahren die erste klinische Kupfer-Studie am Universitätsklinikum des Saarlandes in Homburg. 61 Patienten bekommen dort eine Standardtherapie - ein Teil der Patienten erhält zusätzlich ein organisches Kupfersalz. Jetzt liegen erste Zwischenergebnisse vor.

Von Thekla Jahn |
    Der Zusammenhang zwischen Kupfer und Alzheimer ist relativ schnell erklärt. Bei der Entstehung der Krankheit spielt ein Eiweiß, das Amyloid-Vorläufer-Protein, eine Schlüsselrolle. Dieses Protein arbeitet zunächst im Inneren der Zelle und kann Kupfer binden. Auf seinem Weg an die Oberfläche der Zelle nimmt es das Kupfer mit. Auf diesem Weg kann das Protein aber auch durch eine enzymatische Schere regelrecht zerschnitten werden - und dabei entsteht ein Protein-Bruchstück, ein kleines Peptid:

    " Das ist das gefährliche A-Beta-Peptid. Auch dieses Peptid bindet Kupfer."

    Und wenn Kupfer an A-Beta gebunden wird, entstehen die bei Alzheimer Patienten typischerweise zu findenden Plaques. Diese sind - wie man mittlerweile weiß - nicht die Ursache für den Nervenzellverlust bei den Patienten, erläutert Thomas Bayer von der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie am Universitätsklinikum in Homburg:

    " Die Plaques selber, da kann man sagen: Das sind eher so Mülleimer, die benutzt werden, um das toxische Material, also das A-Beta Peptid zu binden."

    Dass in den Alzheimer-Plaques hohe Konzentrationen an Kupfer zu finden sind, bedeutet im Umkehrschluss:

    " Dass den Nervenzellen Kupfer entzogen wird: Es entsteht eine leichte Kupferdefizienz."

    Dieser Kupfermangel ist in Gewebe von verstorbenen Alzheimer Patienten nachzuweisen.

    " Wir erhoffen uns, dass, wenn man oral Kupfer zu sich nimmt, dass dann die Kupferspiegel in der Zelle wieder ansteigen. Und in der Zelle wird es auch benötigt, zum Beispiel für bestimmte Prozesse, um oxidativen Stress zu inhibieren braucht man Kupfer."

    Im Tierversuch waren die Ergebnisse überraschend. Das eingenommene Kupfer gelangte ins Gehirn und stoppte die pathologischen Prozesse, das heißt das Absterben der Nervenzellen. Seit anderthalb Jahren läuft jetzt die weltweit erste klinische Kupfer-Studie. Die Zwischenergebnisse sind ermutigend, meint der wissenschaftliche Leiter der Studie, Professor Thomas Bayer:

    " Die Beobachtung aus dem Tiermodell sind offensichtlich parallel zu den Beobachtungen, die wir bei den Patienten sehen. Das stimmt uns erstmal optimistisch-positiv, dass wir unter Umständen auch mit einer ähnlich gelagerten Therapie, die bei der Maus erfolgreich war, Erfolg haben könnten bei Patienten."

    Überprüft wurden zunächst die Kupferspiegel im Blut und sie wurden mit der kognitiven Leistung eines Patienten verglichen.

    " Patienten, die niedrige Kupferspiegel haben im Blut, schneiden schlechter ab im Gedächtnistest und solche die hohe Kupferspiegel haben, schneiden besser ab."

    Auch die Liquor-Untersuchung, also die Untersuchung des Nervenwassers der Patienten, zeigt den Zusammenhang deutlich. So haben Patienten, bei denen das toxische A-Beta-Peptid im Nervenwasser gefunden wird, auch einen deutlich niedrigeren Kupferwert im Blut, als Patienten, bei denen A-Beta noch nicht gefunden wird, weil sie sich noch im Anfangsstadium der Erkrankung befinden.

    Letzteres hat denn auch eine wesentliche Bedeutung für die Behandlung: Vorbeugen ist nicht möglich. Mit ein bisschen Kupfer täglich lässt sich das Gespenst Alzheimer leider nicht vertreiben. Der Kupfermangel tritt nämlich erst auf, wenn die Erkrankung ein bestimmtes Stadium erreicht hat. In Homburg werden deshalb Patienten behandelt, bei denen es schon erste Gedächtnisverluste gibt.

    " Ich gehe davon aus, dass wir eine Verlangsamung des Gedächtnisverlustes erreichen können."

    Derzeit werden den Patienten deshalb täglich acht Milligramm Kupferoretat verabreicht. Mehr dürfen die Forscher nicht testen, denn laut einer Richtlinie der WHO, der Weltgesundheitsorganisation, liegt die Obergrenze der ungefährlichen Kupferaufnahme bei zehn Milligramm - und zwei Milligramm nimmt jeder Mensch schon jeden Tag mit der Nahrung auf. Ob die Menge von acht Milligramm indes ausreicht, um bei allen Alzheimerpatienten die gewünschten Effekte zu erzielen, muss die Studie noch ergeben.

    " Bisher gibt es keinerlei Medikamente, die kausal an der Alzheimer-Erkrankung operieren können. Die Medikamente, die im Moment zugelassen sind, lindern allenfalls die Symptome. Wenn Kupfer auch nur in einer kleinen Population von Patienten helfen würde, wäre das schon sehr positiv."

    Positiv ist bislang auch die Verträglichkeit , bestätigt Thomas Bayer vom Universitätsklinikum des Saarlandes in Homburg.

    " Wir haben Patienten, die über 18 Monate das Kupferpräparat erhalten und es gibt keinerlei negative Effekte. Wir haben die Leberwerte getestet, die sind alle im Normbereich, das ist schon mal die gute Nachricht."

    Eine gute Verträglichkeit und vergleichsweise gute Gedächtnisleistungen bei den Patienten - so lautet die bisherige Bilanz. Endgültige Ergebnisse, die auch bereits eine Therapieempfehlung enthalten, wird es nach Ansicht der Forscher erst in anderthalb zwei Jahren geben. Dann aber wäre ein Medikament schnell zur Hand, denn Kupferoretat ist als Nahrungsergänzungsmittel überall erhältlich.