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Mit Pinzette, Essig und Backpulver an den Strand

Jetzt in der Urlaubszeit haben Hautärzte Hochsaison. Das Problem Nummer eins ist der Sonnenbrand, obwohl man sich davor eigentlich am leichtesten schützen kann. Nicht so bekannt ist, welche Hauterkrankungen Urlauber sonst noch mitbringen. Auch da mangelt es häufig an der Prävention, wie auf einem Dermatologenkongress in München zu erfahren war.

Von Hellmuth Nordwig |
    Man muss nicht einmal ins Wasser gehen, um ein unerwünschtes Souvenir vom Tropenurlaub mit nach Hause zu bringen. Denn die Gefahr lauert rund um den Äquator schon am Strand der Meere - in Gestalt der Larven des Hakenwurms, berichtet Nanna Schürer, Professorin im Fachbereich Gesundheitswissenschaften der Universität Osnabrück.

    " Die Larven werden ausgeschüttet mit dem Kot von Katzen und Hunden, die befallen sind von diesem Hakenwurm. Und die Eier gelangen mit dem Kot auf den Strand, man geht da spazieren. Diese Larve bohrt sich in die Haut ein, und der Mensch ist ein Fehlwirt, deswegen kann sie sich da nicht wieder vermehren wie im Hund oder in der Katze, wandert in der Haut und hinterlässt gemusterte Spuren und stirbt dann ab. Das juckt höllisch und deswegen wollen die Patienten eine Therapie."

    Die ist mit einer Salbe möglich, in der ein Wirkstoff gegen die unerwünschten Kleinlebewesen enthalten ist. Noch einfacher ist es allerdings, vorzubeugen: indem man an tropischen Stränden grundsätzlich Badeschuhe anzieht. Im Wasser sind es vor allem Quallen, die der Haut Schaden zufügen. Sie verteidigen ihr Revier mit Giftstoffen, die in den Nesseln der bis zu zehn Meter langen Fangarme gespeichert sind.

    " Erstens sollte man sich informieren, wo bade ich an welchem Strand. Mit welcher Wahrscheinlichkeit kommt welches Nesseltier zu welcher Jahreszeit vor. "

    An den Stränden Nordaustraliens werden die Touristen sogar mit Schildern davor gewarnt, zwischen Oktober und Mai schwimmen zu gehen. Der Hinweis ist ernst zu nehmen, denn dort kommt die Würfelqualle vor. Ihr Giftcocktail kann tödlich sein, vor allem für Kinder. Bei den meisten anderen Quallenarten ist das glücklicherweise nicht der Fall, aber äußerst schmerzhafte, nur langsam heilende Hautausschläge kann man sich auch im Mittelmeer und sogar an den deutschen Küsten holen. Weshalb Nanna Schürer empfiehlt, wenigstens ein kleines Erste-Hilfe-Set gegen Quallenverletzungen an den Strand mitzunehmen.

    " Dementsprechend sollte man immer eine Pinzette dabei haben, um die Tentakel zu entfernen, dass man das nicht mit den bloßen Händen machen muss. Punkt zwei: Abhängig von dem Revier, in dem ich bade, nimmt man eine Flasche ganz billigen Haushaltsessig mit, das muss nicht der teure Balsamico sein, und ein Tütchen Backpulver, das kann man sich anrühren. Man kann sich entsprechend vorbereiten."

    Nämlich darauf, das Gift von Würfel- und Feuerquallen noch am Strand mit der Säure des Haushaltsessigs zu zerstören. Der Wirkstoff von Leucht- und Kompassquallen lässt sich dagegen mit Backpulver neutralisieren. Man sollte sich also schon vorher darüber unterrichten, welche Quallenarten am Urlaubsort vorkommen können. Nach der Erstbehandlung darf man die Wunde übrigens nur mit Salzwasser auswaschen, denn eine Süßwasserdusche oder auch Alkohol können weitere Giftstoffe freisetzen. Wer nun glaubt, es sei sicherer, in den Tropen in Seen oder Flüssen zu baden, der täuscht sich. Denn dort lauern die Larven des Bilharziose-Erregers. Eines Parasiten, der zwar keine Hautkrankheit auslöst, aber deshalb nicht weniger gefährlich ist. Denn er zerstört die Leber, die Harnblase oder den Darm - was unbehandelt tödlich endet. Davor kann man sich nur schützen, ...

    " ...indem man nicht und auf keinen Fall in den Tropen in die Binnengewässer geht. Es wird empfohlen, in Ägypten nicht einmal den Zeh in den Nil zu stecken. Es ist ein beliebtes Urlaubsziel, und gerade beim Nil denkt man, ist ja kein stehendes Binnengewässer, machst mal ein Schwimmerchen im Nil, die Einheimischen sind da ja auch - also Finger weg. "

    Dann also doch lieber der heimische Baggersee? Auch hier ist das Baden nicht überall empfehlenswert, denn in einigen Gewässern kommen Larven von Saugwürmern vor, deren Wirte eigentlich Wasservögel sind.

    " Wenn jetzt diese Larven sich wieder irgendwo einbohren wollen und keine Ente finden, bohren sie sich in die Haut eines Menschen. Der Mensch ist ein Fehlwirt, in ihm kann sich die Larve nicht weiter entwickeln, aber es kommt beim Menschen an der Eintrittsstelle und vielleicht auch verbreitet am Körper zu einer unheimlich juckenden Dermatitis. Das heißt es treten überall kleine Papeln und Pusteln auf, die tierisch jucken. Man kann kaum was machen, nur symptomatisch behandeln und Antihistaminika, also Juckreizmittel geben. "

    Badedermatitis heißt das bei den Hautärzten; sie ist glücklicherweise harmlos und nach drei Wochen abgeheilt. Fazit: Wer nicht im Swimmingpool, sondern in einem natürlichen Gewässer baden will, der sollte sich gut informieren, welche unliebsamen Überraschungen dort auf ihn warten.