Hans Magnus Enzensberger hat mit seinem " Zahlenteufel" vorgemacht, wie man geschickt mathematische Wissensvermittlung mit lebendiger Prosa verbinden kann. Auch der Erfolg der Kinder-Uni Semester, in denen Professoren der unterschiedlichsten Fachbereiche für ihr junges Publikum durchaus komplexe wissenschaftliche Themen vermitteln, beweist: Kinder haben ein ganz reges Interesse an wissenschaftlichen Fragen und Antworten. Die Erfahrung lehrt also: Solange die Themen attraktiv verpackt sind und ein wissenschaftliches Sachbuch nicht quasi durch die Hintertür listigen Nachhilfeunterricht erteilen will, landet es auch nicht in der nächsten Ecke.
Die italienische Physikerin Anna Parisi hat jahrelang wissenschaftlich - unter anderem in der Kernforschung - gearbeitet, bevor sie begann, Kindersachbücher zu schreiben. In "Wandernde Sterne oder Wie die Wissenschaft erfunden wurde" widmet sie sich den Anfängen der Naturwissenschaft, genauer gesagt: der Physik. Die Autorin präsentiert allerdings diese Zeitperiode nicht in einer fiktiven Romanverkleidung oder mit hippem Layout. Sie bleibt auf Augenhöhe des Lesers, setzt auf seine Bereitschaft zum Mitdenken und vertraut dem geschriebenen Wort.
Wie viele Fragen kommen dir in den Sinn, wenn du die Welt um dich herum anschaust? Wie funktioniert sie? Woraus besteht sie? Warum laufen die Dinge so und nicht anders? Genau dieselben Fragen haben sich die Menschen auch schon vor langer Zeit gestellt.(...) Dieses Buch gibt dir die Möglichkeit, dich in den Menschen hinein zu versetzen, der sich als Erster eine solche Frage gestellt und die überzeugendste Erklärung dafür gefunden hat! Auf diese Weise kannst du die Erfahrung jener Menschen nachvollziehen, die oft mit nichts anderem als mit ihrem Verstand eine Lösung für ein Problem gesucht haben.
Der Kopf sollte nun frei sein, um mit der detaillierten Rekonstruktion zu beginnen. Vergessen wir die Aufspaltung der Wissenschaften in die unterschiedlichsten Fachbereiche und begeben uns gedanklich an den historischen Schauplatz des Geschehens - in den ägäischen Mittelmeerraum, in die Zeit der Antike. Parisis Entdeckungsreise beginnt mit einem Ausflug zu den Zahlen und Sternen, denn die Fähigkeit zu zählen, zu messen und zu rechnen, entwickelte sich aus der alltäglichen Notwendigkeit heraus. In knappen Exkursen entwirft die Autorin eine Vorstellung vom Wissensstand der Zeit, stößt dabei auf viele Fragen, die auch heute noch nach Antworten suchen und rückt eingefahrene Ansichten zurecht.
In den Geschichtsbüchern werden die verschiedenen Kulturen nacheinander beschrieben: Erst kommen die Ägypter, dann die Babylonier, schließlich die Griechen, die Römer und so weiter. Jedes Volk hat ein Kapitel für sich. Aber die Geschichte hat sich nicht auf diese Weise abgespielt. Es stimmt zwar: Die ägyptische Kultur ist vor der babylonischen und der griechischen entstanden. Doch lange Zeit existierten diese Kulturen nebeneinander und haben miteinander Kenntnisse und Informationen ausgetauscht.
Lebendig wird in überschaubaren Textportionen chronologisch von den Wurzeln der Naturwissenschaften im alten Griechenland bis zum Niedergang der antiken Wissenschaft in der Zeit des Römischen Reiches erzählt. Klar gegliedert - von Thales bis Ptolemäus, durch kurze Zusammenfassungen unterbrochen, kann der Leser Schritt für Schritt seinem Tempo entsprechend die Denkmethoden der Forscher anschaulich nachvollziehen, die immer wieder mit überlieferten Anekdoten aufgelockert werden.
Da schnuppert Demokritos am frischen Brot und gelangt zu der Idee, dass alles aus Atomen besteht. Und Archimedes hüpft aus seiner Badewanne und läuft nackt zu seinem König, um ihm das allgemeine Gesetz über das Schwimmverhalten der Körper zu erklären. Es geht also um die Spurensuche nach den allgemeinen Prinzipien in der Natur. Anna Parisi schafft es, darüber einfach zu schreiben ohne zu vereinfachen. Dabei nimmt sich die Autorin alle Freiheiten - spricht den Leser direkt an, betrachtet das Neue von seiner Position aus, holt die Herren Wissenschaftler Pythagoras, Aristoteles oder Archimedes wie aus dem Nichts ins Buch hinein und lässt sie Rede und Antwort stehen. Zum Beispiel Platon:
"Es geht darum, dass wir die Ordnung im Weltall entdecken, denn es ist sicher besser, dass das Weltall geordnet ist und nicht etwa ungeordnet."
Meine Mutter behauptet dasselbe von meinem Zimmer….
"Zu Beginn war das Weltall ungeordnet wie dein Zimmer. Doch Gott gab der Welt eine Seele und einen Körper. Er ordnete die Dinge, gab ihnen Formen, Zahlen sowie die schönste und beste Beschaffenheit. Der Himmel und die Zeit wurden zusammen erschaffen. Und damit die Zeit entstehen konnte, wurden die Sonne, der Mond und die übrigen Himmelskörper geschaffen und auf die Bahnen gesetzt."
Was haben denn die Himmelskörper mit der Zeit zu tun?
"Wie würdest du merken, dass die Zeit vergeht, wenn die Himmelskörper nicht auf- und untergehen würden?"
Die Himmelskörper sind also wie die Zeiger einer riesenhaften Uhr....
"Ich weiß nicht, wovon du sprichst, denn wir haben noch keine Uhren mit umlaufenden Zeigern. Aber das Wesentliche hast du wohl verstanden."
In diesen fiktiven, wie humorvollen Interviews spielt Anna Parisi auch augenzwinkernd mit der Möglichkeit, einen Blick in die Gegenwart zu werfen. In den Dialogen kommt sie schnell zum Kern der Sache und die Gesprächspartner verfallen nicht in fachsprachliche Termini, sondern erklären allgemeinverständlich ihre Ansichten und Denkmodelle.
Immer wieder werden Fragen gestellt, es wird nachgehakt und weitergebohrt, denn nur wer die richtigen Fragen stellt, bekommt auch klare Antworten. Hier schärft die Autorin den Sinn des Lesers für die Herangehensweise der Naturwissenschaftler, die immer wieder auch eigene Thesen infrage gestellt haben. Anna Parisi unternimmt Abstecher in die Mathematik, Geometrie oder Astronomie. Sie fordert ihre Leser auf durch neugieriges Ausprobieren der damals praktizierten Versuche, ob nun in der Badewanne, mit Murmeln oder Äpfeln, die Natur spielerisch zu verstehen.
Auch wenn die Autorin Querverbindungen knüpft, bleibt sie doch konsequent in der Zeit der Antike. Anna Parisi bietet trotz aller Leichtigkeit keine mundgerechten Wissenshäppchen an, sondern baut auf die Fähigkeit von Kindern längere, komplexe Texte zu verstehen. Bei ihr wird die Wissenschaftsgeschichte, die noch in den Kinderschuhen steckte, lebendig.
"Gebt mir einen festen Punkt außerhalb der Erde und ich hebe die Welt aus den Angeln." Das habe ich beim Stapellauf der Syrakusia von König Hieron gesagt. (..) Mit dem von mir und ein paar äußerst geschickten Handwerkern entwickelten Flaschenzug habe ich einen Mechanismus erschaffen, mit dem man auch die größten Lasten heben kann. (...) Erfunden habe ich den Hebel natürlich nicht, er wird schon länger genutzt. Das eigentlich Neue ist, dass ich das Hebelprinzip entdeckt und als Erster definiert habe.
Der wohl interessanteste Wissenschaftler der antiken Zeitepoche ist Archimedes von Syrakus, denn er ging in seinen Forschungen Wege, die weit in die Zukunft wiesen. Luca Novellis schmales Taschenbuch " Archimedes und der Hebel der Welt ", erschienen in der Reihe Lebendige Biographien, profitiert von den zahlreichen Legenden und spektakulären Geschichten, die sich um den Wissenschaftler ranken. Der italienische Sachbuchautor lässt Archimedes salopp umgangssprachlich erzählen.
Begleitet wird sein Lebensbericht von zahlreichen, teils witzigen schwarz-weiß Cartoons im Miniformat, die alle von Novelli stammen und die Kinder einfach mögen. Am Beginn der kurzgehaltenen Kapitel ergänzt Novelli den biographischen Ablauf mit Hintergrundinformationen, Erläuterungen zu den historischen Figuren und wichtigem Karten- oder Bildmaterial. Auch diese Form der Biographie, die mit ihren Vereinfachungen und dem manchmal doch flapsigen Ton ein bisschen oberflächlich mit der Sympathie des jungen Lesers liebäugelt, kann eine Bereicherung und auch ein Anstoß sein, sich weiterhin mit Geschichte und wissenschaftlichen Themen zu befassen.
Die italienische Physikerin Anna Parisi hat jahrelang wissenschaftlich - unter anderem in der Kernforschung - gearbeitet, bevor sie begann, Kindersachbücher zu schreiben. In "Wandernde Sterne oder Wie die Wissenschaft erfunden wurde" widmet sie sich den Anfängen der Naturwissenschaft, genauer gesagt: der Physik. Die Autorin präsentiert allerdings diese Zeitperiode nicht in einer fiktiven Romanverkleidung oder mit hippem Layout. Sie bleibt auf Augenhöhe des Lesers, setzt auf seine Bereitschaft zum Mitdenken und vertraut dem geschriebenen Wort.
Wie viele Fragen kommen dir in den Sinn, wenn du die Welt um dich herum anschaust? Wie funktioniert sie? Woraus besteht sie? Warum laufen die Dinge so und nicht anders? Genau dieselben Fragen haben sich die Menschen auch schon vor langer Zeit gestellt.(...) Dieses Buch gibt dir die Möglichkeit, dich in den Menschen hinein zu versetzen, der sich als Erster eine solche Frage gestellt und die überzeugendste Erklärung dafür gefunden hat! Auf diese Weise kannst du die Erfahrung jener Menschen nachvollziehen, die oft mit nichts anderem als mit ihrem Verstand eine Lösung für ein Problem gesucht haben.
Der Kopf sollte nun frei sein, um mit der detaillierten Rekonstruktion zu beginnen. Vergessen wir die Aufspaltung der Wissenschaften in die unterschiedlichsten Fachbereiche und begeben uns gedanklich an den historischen Schauplatz des Geschehens - in den ägäischen Mittelmeerraum, in die Zeit der Antike. Parisis Entdeckungsreise beginnt mit einem Ausflug zu den Zahlen und Sternen, denn die Fähigkeit zu zählen, zu messen und zu rechnen, entwickelte sich aus der alltäglichen Notwendigkeit heraus. In knappen Exkursen entwirft die Autorin eine Vorstellung vom Wissensstand der Zeit, stößt dabei auf viele Fragen, die auch heute noch nach Antworten suchen und rückt eingefahrene Ansichten zurecht.
In den Geschichtsbüchern werden die verschiedenen Kulturen nacheinander beschrieben: Erst kommen die Ägypter, dann die Babylonier, schließlich die Griechen, die Römer und so weiter. Jedes Volk hat ein Kapitel für sich. Aber die Geschichte hat sich nicht auf diese Weise abgespielt. Es stimmt zwar: Die ägyptische Kultur ist vor der babylonischen und der griechischen entstanden. Doch lange Zeit existierten diese Kulturen nebeneinander und haben miteinander Kenntnisse und Informationen ausgetauscht.
Lebendig wird in überschaubaren Textportionen chronologisch von den Wurzeln der Naturwissenschaften im alten Griechenland bis zum Niedergang der antiken Wissenschaft in der Zeit des Römischen Reiches erzählt. Klar gegliedert - von Thales bis Ptolemäus, durch kurze Zusammenfassungen unterbrochen, kann der Leser Schritt für Schritt seinem Tempo entsprechend die Denkmethoden der Forscher anschaulich nachvollziehen, die immer wieder mit überlieferten Anekdoten aufgelockert werden.
Da schnuppert Demokritos am frischen Brot und gelangt zu der Idee, dass alles aus Atomen besteht. Und Archimedes hüpft aus seiner Badewanne und läuft nackt zu seinem König, um ihm das allgemeine Gesetz über das Schwimmverhalten der Körper zu erklären. Es geht also um die Spurensuche nach den allgemeinen Prinzipien in der Natur. Anna Parisi schafft es, darüber einfach zu schreiben ohne zu vereinfachen. Dabei nimmt sich die Autorin alle Freiheiten - spricht den Leser direkt an, betrachtet das Neue von seiner Position aus, holt die Herren Wissenschaftler Pythagoras, Aristoteles oder Archimedes wie aus dem Nichts ins Buch hinein und lässt sie Rede und Antwort stehen. Zum Beispiel Platon:
"Es geht darum, dass wir die Ordnung im Weltall entdecken, denn es ist sicher besser, dass das Weltall geordnet ist und nicht etwa ungeordnet."
Meine Mutter behauptet dasselbe von meinem Zimmer….
"Zu Beginn war das Weltall ungeordnet wie dein Zimmer. Doch Gott gab der Welt eine Seele und einen Körper. Er ordnete die Dinge, gab ihnen Formen, Zahlen sowie die schönste und beste Beschaffenheit. Der Himmel und die Zeit wurden zusammen erschaffen. Und damit die Zeit entstehen konnte, wurden die Sonne, der Mond und die übrigen Himmelskörper geschaffen und auf die Bahnen gesetzt."
Was haben denn die Himmelskörper mit der Zeit zu tun?
"Wie würdest du merken, dass die Zeit vergeht, wenn die Himmelskörper nicht auf- und untergehen würden?"
Die Himmelskörper sind also wie die Zeiger einer riesenhaften Uhr....
"Ich weiß nicht, wovon du sprichst, denn wir haben noch keine Uhren mit umlaufenden Zeigern. Aber das Wesentliche hast du wohl verstanden."
In diesen fiktiven, wie humorvollen Interviews spielt Anna Parisi auch augenzwinkernd mit der Möglichkeit, einen Blick in die Gegenwart zu werfen. In den Dialogen kommt sie schnell zum Kern der Sache und die Gesprächspartner verfallen nicht in fachsprachliche Termini, sondern erklären allgemeinverständlich ihre Ansichten und Denkmodelle.
Immer wieder werden Fragen gestellt, es wird nachgehakt und weitergebohrt, denn nur wer die richtigen Fragen stellt, bekommt auch klare Antworten. Hier schärft die Autorin den Sinn des Lesers für die Herangehensweise der Naturwissenschaftler, die immer wieder auch eigene Thesen infrage gestellt haben. Anna Parisi unternimmt Abstecher in die Mathematik, Geometrie oder Astronomie. Sie fordert ihre Leser auf durch neugieriges Ausprobieren der damals praktizierten Versuche, ob nun in der Badewanne, mit Murmeln oder Äpfeln, die Natur spielerisch zu verstehen.
Auch wenn die Autorin Querverbindungen knüpft, bleibt sie doch konsequent in der Zeit der Antike. Anna Parisi bietet trotz aller Leichtigkeit keine mundgerechten Wissenshäppchen an, sondern baut auf die Fähigkeit von Kindern längere, komplexe Texte zu verstehen. Bei ihr wird die Wissenschaftsgeschichte, die noch in den Kinderschuhen steckte, lebendig.
"Gebt mir einen festen Punkt außerhalb der Erde und ich hebe die Welt aus den Angeln." Das habe ich beim Stapellauf der Syrakusia von König Hieron gesagt. (..) Mit dem von mir und ein paar äußerst geschickten Handwerkern entwickelten Flaschenzug habe ich einen Mechanismus erschaffen, mit dem man auch die größten Lasten heben kann. (...) Erfunden habe ich den Hebel natürlich nicht, er wird schon länger genutzt. Das eigentlich Neue ist, dass ich das Hebelprinzip entdeckt und als Erster definiert habe.
Der wohl interessanteste Wissenschaftler der antiken Zeitepoche ist Archimedes von Syrakus, denn er ging in seinen Forschungen Wege, die weit in die Zukunft wiesen. Luca Novellis schmales Taschenbuch " Archimedes und der Hebel der Welt ", erschienen in der Reihe Lebendige Biographien, profitiert von den zahlreichen Legenden und spektakulären Geschichten, die sich um den Wissenschaftler ranken. Der italienische Sachbuchautor lässt Archimedes salopp umgangssprachlich erzählen.
Begleitet wird sein Lebensbericht von zahlreichen, teils witzigen schwarz-weiß Cartoons im Miniformat, die alle von Novelli stammen und die Kinder einfach mögen. Am Beginn der kurzgehaltenen Kapitel ergänzt Novelli den biographischen Ablauf mit Hintergrundinformationen, Erläuterungen zu den historischen Figuren und wichtigem Karten- oder Bildmaterial. Auch diese Form der Biographie, die mit ihren Vereinfachungen und dem manchmal doch flapsigen Ton ein bisschen oberflächlich mit der Sympathie des jungen Lesers liebäugelt, kann eine Bereicherung und auch ein Anstoß sein, sich weiterhin mit Geschichte und wissenschaftlichen Themen zu befassen.