Donnerstag, 28. März 2024

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Mit Raubvögeln gegen Tauben
"Hillary", der Taubenschreck von München

Sie hinterlassen Dreck und vermehren sich rasant: Immer häufiger nisten Tauben in Einkaufszentren, Tiefgaragen und sogar Firmengebäuden. Um dieser Plage Herr zu werden, holen sich immer mehr Betroffene professionelle und ganz natürliche Hilfe: Wüstenbussard-Weibchen "Hillary".

Von Susanne Lettenbauer | 18.12.2017
    Bussard
    Taubenjägerin Hillary im Münchner Stacchus (Deutschlandradio/Lettenbauer)
    "So ist es, ja. Das ist Hillary."
    "Sensationell, ich finds gut."
    Mitten im Untergeschoss vom Münchner Stachus. Morgens um 8 Uhr haben sich bereits einige Passanten versammelt. Die einen strecken vorsichtig die Hand aus, andere lächeln einfach nur still. In ihrer Mitte Günter Rau und – "Hillary". Der Taubenschreck Münchens. Gelber spitzer Schnabel, braunes, weiches Gefieder:
    "Ja, Du willst dahin, nun musst schnell noch warten."
    "Also das hier ist die 'Hillary'. 'Hillary', ist ein Wüstenbussard, oder beziehungsweise Harris Hawk, übersetzt Wüstenbussard, total unglücklich, weil das ist kein echter Bussard und er lebt auch nicht in Wüsten, also von daher ein bisschen unglücklich im deutschsprachigen Raum.
    "Hillary" ist ihr Name ziemlich egal. Gespannt beobachtet sie jede Regung der Menschen ringsum, der Kopf wandert ständig hin und her. Falkner Rau trägt sie auf seinem Lederhandschuh an den Geschäften vorbei, die langsam öffnen, Verkäuferinnen lächeln herüber:
    "Also normalerweise laufen wir jetzt einfach und die 'Hillary', Sie sehen es, sie sitzt mittlerweile frei auf dem Handschuh und wie Sie auch sehen ist sie sehr, sehr neugierig, sie reckt sich auch überall wo sie eine Taube sieht, so wie hier. Dann ist sie auch schon startbereit und nimmt die Verfolgung für einen kurzen Moment auf.
    Hillary fliegt lautlos und nimmt die Verfolgung auf
    Tatsächlich trippelt eine Taube gerade auf dem Boden hin und her auf der Suche nach heruntergefallenen Brotkrumen. Lautlos fliegt der Wüstenbussard von der Hand ab und jagt der Taube kurz hinterher, die schleunigst das Weite sucht:
    "Nein, die schlägt sie nicht, sie ist gerade nicht besonders hungrig. Moment, mal. (pfeift) Also dass sie sie im Prinzip nur verfolgt, so 30, 50 Meter, so wie sie es eben gesehen haben. In der Regel sind dann die Tauben draußen und dann wartet sie oben an der Treppe und dann holen wir sie wieder rein."
    Günther Rau war früher einmal Gesundheitsökonom, sattelte dann um auf Falknerei und betreibt heute bei Günzburg seine Firma mit 24 Tieren: Falken Bussarde, Adler, Eulen. Derzeit fährt er jeden Tag nach München, Hillary auf ihrer Stange neben ihm im Auto. Die Nachfrage nach der gelassen wirkenden Vogeldame steigt, vor allem in München:
    "Wir arbeiten eben auch für eine Universität, wir sind schon für Fraunhofer-Institut geflogen, wir arbeiten derzeit auch noch bei Siemens in der Konzernzentrale oder hier in einer anderen Einkaufspassage in der Hofstatt, oder in einem Klärwerk oder bei Playmobil, die gehören zu unseren Kunden. Was wir dann mit mehreren Mitarbeitern dann abdecken, sprich mit gefiederten und auch menschlichen."
    Gerade die Stachus Passagen, mit dem Untergeschoss und dem Abgang zu U- und S-Bahnen seien bei all den Einsatzorten derzeit eine besondere Herausforderung für das achtjährige Weibchen, meint der Falkner. Scheiben spiegeln, Menschen hasten vorbei, Kinder schreien:
    "Also wir trainieren die Vögel von jung an, bei uns auf dem Land gibt es ja diese Menschenansammlungen nicht wie hier, das ist ja ganz klar, wir suchen dann so Märkte auf, Wochenmärkte oder sonstigen Rummel, wo richtig Krach ist, wo suchen auch, wo sind Flugplätze, wo sind Hubschrauberlandeplätze, selbst in Fertigungsstraßen mit Kreissägen..."
    Einsatz des Wüstenbussard-Weibchens lohnt sich absolut
    Günther Rau lacht, "Hillary" sitzt erstaunlich ruhig wieder auf ihrem Handschuh, bekommt etwas Futter. Eine Stunde lang geht das so, von den anfangs drei Tauben lassen sich irgendwann keine mehr blicken. Der Einsatz des Wüstenbussard-Weibchens lohne sich absolut, sagt die Managerin der Stachus-Passagen Inge Vogt, die den Falkner engagiert hat:
    "Also grundsätzlich ist es so, dass wir seit fünf, sechs Jahren wirklich schon alle möglichen Maßnahmen tatsächlich ausprobiert haben, die sie sich vorstellen können und keine Erfolge erzielen konnten, zumindest keine Nachhaltigen."
    Abgesehen davon, dass sich der Einsatz von Giftköder bei den zahlreichen Lebensmittelgeschäften verbietet, wolle man ja sowieso keine Tauben töten, betont Centermanagerin Vogt. Bereits bei ihrem ersten Gesprächstermin mit dem Falkner saß "Hillary" mit dabei. 40 Einsatztage wurden erstmal verhandelt. Allein ihre Anwesenheit habe das Problem aber fast schon nach einer Woche gelöst.
    "Toll, weil ich Vögel an sich mag, und weil man sonst nicht so nah an so einen Vogel rankommt."
    "Phänomenal, dass solche Methoden funktionieren, echt klasse."
    Vor allem die Passanten zeigen sich begeistert, machen Fotos, Falkner Rau macht alles geduldig mit, 'Hillary' lässt sich streicheln und - wundert sich über gar nichts mehr.