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Mit Schall auf Krebsjagd

Medizin. - Der Ultraschall zählt zu den bewährten Methoden in der Krebsdiagnostik. Allerdings liefern die Bilder keine Aussagen über die Gut- oder Bösartigkeit. Dieses Manko könnte durch ein neues Verfahren aber bald behoben sein, hoffen US-Physiker.

Von Frank Grotelüschen |
    "So, jetzt haben wir eine geschätzte Gewichtsmessung von 1930 Gramm. Also das Kind ist nicht zu klein. Und was wir auch sehen können, ist das Geschlecht des Kindes. Ich weiß schon, was es wird - ein Junge. Ein Junge. Kann ich nur bestätigen."

    Eine Ultraschall-Untersuchung im Krankenhaus. Schwangere mit der schonenden Methode zu untersuchen - das ist schon lange Routine. Noch im Forschungsstadium dagegen steckt das, was Mostafa Fatemi mit Ultraschall macht. Fatemi arbeitet an der renommierten Mayo Clinic in Rochester im US-Bundesstaat Minnesota.

    "Wir nutzen Ultraschall auf eine ganz neue Weise. Mit unserer Methode bilden wir Gewebe nicht nur ab, sondern messen gleichzeitig, wie fest dieses Gewebe ist. Unsere Bilder enthalten also eine zusätzliche Information. Und das führt hoffentlich zu einer besseren Diagnose."

    Das Prinzip: Die Forscher beschallen den Körper nicht mit einem Ultraschall-Strahl, sondern gleichzeitig mit zwei. Die beiden Strahlen unterscheiden sich leicht in ihrer Frequenz. Da sich die Frequenzen gegenseitig überlagern, entsteht eine Vibration - ganz ähnlich als wenn man zwei hörbare Töne leicht gegeneinander verstimmt, sodass sie gewissermaßen zu schweben beginnen. Beim Ultraschall ist diese Schwebung so stark, dass sie auf das Gewebe eine schwache Kraft ausübt. Das Gewebe wird buchstäblich ein wenig hin- und hergerüttelt. Und das erzeugt ein Geräusch, das sich in etwa so anhört.

    "Dieses Geräusch nehmen wir auf. Und die Daten können wir dann in ein Bild des Gewebes umrechnen. Im Prinzip ist das wie die Prüfung eines Weinglases: Man tippt das Glas an und schließt aus dem Klang, ob es heil ist oder defekt."

    Ein heiles Glas klingt länger nach als eines mit einem Sprung. Ähnlich verhalte es sich, so Fatemi, mit Körpergewebe. Weiches Gewebe reagiert anders auf den Ultraschall als festes, es erzeugt ein anderes Geräusch.

    "Das hilft uns, Verhärtungen im Gewebe aufzuspüren. Und wir wissen, dass solche Verhärtungen oft mit Tumoren verbunden sind."

    Das Entscheidende: Bösartige Tumore sind tendenziell fester als gutartige - was sich dann im Ultraschall-Bild bemerkbar macht. Zurzeit erproben die Forscher die Methode bei der Diagnose von Brustkrebs und Prostatatumoren. Interessant scheint sie auch für die Untersuchung der Schilddrüse. Denn gerade hier hat der normale Ultraschall Schwächen.

    "Das Problem beim gewöhnlichen Ultraschall ist, dass er sämtliche Knötchen in der Schilddrüse zeigt und der Arzt nicht weiß, ob welche davon bösartig sind. Also macht er eine Biopsie, und das ist für den Patienten belastend. Unsere Technik kann zwischen gut- und bösartig unterscheiden. Und genau dadurch hoffen wir, die Zahl der unnötigen Biopsien deutlich verringern zu können."

    Die bisherigen Ergebnisse, sagt Fatemi, seien viel versprechend. Doch bevor der neue Ultraschall-Test im Krankenhaus Routine wird, müssen in den nächsten Jahren noch weitere Studien folgen.