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Mitdenken lohnt sich

Deutsche Mittelständler sind beim Thema Gewinnbeteiligung sehr zurückhaltend. Nur jeder zehnte Betrieb gibt einen Teil der Überschüsse auch an die Belegschaft weiter. Dabei hat die Mitarbeiterbeteiligung zahlreiche Vorteile.

Von Hendrik Bensch |
    Visitenkarten, Briefbögen, Broschüren und Prospekte huschen durch die Druckmaschinen der Ottweiler Druckerei. Die Maschinen der mittelständischen Firma stehen nicht still, das Geschäft läuft gut. Davon profitieren seit vier Jahren noch stärker die Mitarbeiter. Denn seitdem sind sie am Gewinn des Unternehmens beteiligt. Geschäftsführerin Petra Krenn-Paul führte das Modell zusammen mit ihrem Ehemann Dominique Paul ein.

    " Unser Mitarbeiterbeteiligungsmodell ist ein Erfolgsbeteiligungsmodell. Und zwar wird von dem jährlichen Gewinn 30 Prozent an die Mitarbeiter ausgeschüttet, wobei wir hiervon die Hälfte im Unternehmen behalten, und die andere Hälfte wird ausgezahlt."

    Der Anteil, der im Unternehmen verbleibt, wird zehn Jahre angelegt und verzinst - momentan zu vier Prozent. Die erste Auszahlung inklusive Zinsen gibt es demnach erst 2013. Solange stärkt die Einlage die Finanzen der Druckerei: Denn sie wird als eigenkapitalähnlich angesehen. Das steigert die Eigenkapitalquote. Von den Mitarbeitern ist jeder am Gewinn beteiligt, der mindestens zwei Jahre im Unternehmen arbeitet. Außen vor sind jedoch Azubis und geringfügig Beschäftigte. Markus Rosenberger aus der Verkaufsabteilung der Druckerei war sofort begeistert, als er von der Mitarbeiterbeteiligung hörte.

    " Zuerst dachte ich, das ist eine gute Sache, das ist eine tolle Sache - ich habe so ein ähnliches Modell schon einmal miterlebt. Nur hier ist es eben wirklich so, dass ich denke, dass das Wir-Gefühl dadurch verstärkt wird. Es ist zum einen so: Man bekommt was, ohne etwas einzubezahlen. Und ich denke, dass das Wir-Gefühl deshalb verstärkt wird, weil man je mehr oder je besser man arbeitet, man dementsprechend am Erfolg beteiligt ist. "

    Und diese Prämie gibt es zusätzlich zum Lohn. Der Monatslohn änderte sich nicht, als die Geschäftsleitung die Gewinnbeteiligung einführte. In Jahren ohne Überschuss gibt es natürlich keine Ausschüttungen. Die zehnjährige Einlage wird jedoch nicht angerührt. Ganz ohne Risiko ist die Mitarbeiterbeteiligung aber nicht. Sollte die Druckerei einmal Insolvenz beantragen, wäre das fest angelegte Geld weg. Damit keine Missverständnisse zu dem Modell auftraten, informierte die Druckerei ihre Mitarbeiter frühzeitig über Chancen und Risiken.
    " Die Mitarbeiter wurden informiert mit Infobroschüren, mit Schaubildern, mit einer Betriebsversammlung, wo das ganze Modell vorgestellt wurde. Und jetzt nach dieser Einführung denke ich, haben auch unsere Betriebsversammlungen einen ganz anderen Charakter bekommen. Es ist also wirklich so, dass man da jetzt gerne hingeht und ganz einfach sagt: Jetzt gucken wir mal, was haben wir denn geleistet im vergangenen Jahr."

    Wichtig findet Rosenberger, dass die Geschäftsleitung alle Angestellten regelmäßig darüber informiert, wie gut oder schlecht die aktuellen Unternehmenskennzahlen sind; etwa beim Umsatz. Das motiviert die Mitarbeiter - und hat bei ihnen das Kostenbewusstsein geschärft, wie der technische Leiter der Druckvorstufe Christian Gesellchen erzählt.
    " Ich denke, es ist in jedem Fall ein wesentliches Bewusstsein entstanden für Material, das man verschwendet. Hat man früher einfach mal ein Blatt Papier einseitig bedruckt, nimmt man heute gerne auch mal die Rückseite. Auch eine Verkleinerung tut es dann schon mal, weil man sich bewusst ist, dass das Material Kosten verursacht - und die wiederum unseren Gewinn schmälern."

    Es sind viele Kleinigkeiten wie diese, die helfen, Kosten einzusparen. Ein Mitarbeiter-Beteiligungsmodell laufe jedoch nur dann wirklich erfolgreich, sagt Petra Krenn-Paul, wenn man die Angestellten nicht nur am Gewinn, sondern auch an den Entscheidungen teilhaben lässt. Als sie und ihr Mann vor etwa zehn Jahren die Geschäfte übernahmen, war es ihnen wichtig, den Mitarbeitern mehr Verantwortung zu geben. Bis dahin wurden Entscheidungen vor allem zentral von der Geschäftsleitung getroffen. Mittlerweile gibt es Strategiekreise mit den Mitarbeitern, bei denen die Unternehmensziele formuliert und überprüft werden. Die Angestellten entscheiden mit, wenn neue Maschinen gekauft werden, und sie teilen sich ihre Arbeitszeiten stärker selber ein. Das hat schon vor dem Start der Gewinnbeteiligung die Zufriedenheit der Belegschaft erhöht. Für Petra Krenn-Paul war es dann eine logische Konsequenz: Wer stärker am Unternehmenserfolg mitwirkt, sollte dafür auch am Erfolg beteiligt werden. Die Gewinnbeteiligung soll ein Ansporn sein, denn ...

    " für uns ist es klar, dass das eine zusätzliche Belohnung sein soll und auch dazu führen soll, dass sie weiter so motiviert sind und weiter Ideen haben. Denn wenn ich davon zusätzlich nichts habe, wie soll ich denn dann langfristig ständig erwarten, dass die motiviert sind und auch Ideen haben und sich Verbesserungen überlegen. Also, das ist für mich ganz wichtig, dass sie auch wissen: Wenn ich etwas tue, wirkt sich das indirekt darauf aus, dass ich davon profitiere."

    Über die Entwicklung ihrer Druckerei kann sich Krenn-Paul nicht beschweren. Der Jahresumsatz kletterte in den vergangenen Jahren stetig auf nun 15 Millionen Euro an. Auch die Zahl der Arbeitsplätze stieg von 100 auf 140. Und für diesen Erfolg gibt es einen guten Grund, wie Markus Rosenberger erzählt.

    " In den fünf Jahren, in denen ich jetzt hier bin, hat wirklich ein rasanter Entwicklungssprung stattgefunden. Und ich denke, dazu hat dieses Mitarbeitermodell in der Motivation einen großen Beitrag geleistet."