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Mittelstand im Einkaufskorb

Es trifft selbst bestens aufgestellte Familienunternehmen. An alles haben ihre Inhaber gedacht. Nur die Firmennachfolge blieb offen. Solche Firmen sind begehrte Übernahmekandidaten. In Wuppertal hat sich die Beteiligungsgesellschaft Gesco in den letzten Jahren ein kleines Firmenimperium zusammengekauft. Inzwischen ist es so groß, dass es für den Aufstieg der Gesco AG in den Kleinwerte-Index S-DAX reicht.

Von Dietmar Reiche |
    Ölgeruch liegt in der Luft. In der Maschinenhalle laufen die Pressen auf Hochtouren. Alle zwei Sekunden fällt eine neue Bremsbelag-Trägerplatte in den Aluminium-Container. Mit über 1000 Tonnen Druck zerschneidet die Presse das fingerdicke Stahlblech. Die Auftragsbücher der sauerländischen Firma "Dömer Stanz und Umwelttechnik" in Lennestadt sind prall gefüllt. Seit zwei Jahren ist Jochen Asbeck Geschäftsführer des mittelständischen Betriebs mit 100 Mitarbeitern. Firmengründer Josef Dömer suchte nach 37 Jahren dringend einen Unternehmensnachfolger.

    "Es war zwischenzeitlich in Erwägung gezogen worden, dass eine Tochter das Unternehmen weiterführt. Diese Tochter hat sich dann aber anders entschieden, so dass kein Nachfolger zur Verfügung stand und Herr Dömer schließlich schweren Herzens verkauft hat. Im wesentlichen geht es darum, dass Unternehmen so beständig weiterzuführen, wie er es auch getan hätte und dann ging es auch sehr schnell."

    Denn auf solche Übernahmen von mittelständischen Familienunternehmen hat sich der Finanzinvestor GESCO aus Wuppertal spezialisiert. Das Geschäftsmodell ist im Grunde einfach: GESCO übernimmt vorzugsweise Mittelständler ab zehn Millionen Euro Umsatz - zumeist aus dem Werkzeug- und Maschinenbau. Während angelsächsische Investoren sich an Sanierungsfälle wagen, Firmen zerschlagen, Unternehmen in die Verschuldung treiben und großzügig Eigenkapital ausschütten, geht GESCO einen ganz anderen Weg. Geschäftsführer Hans Gert Mayrose:

    "Also wir unterscheiden uns von der so genannte Private-Equity-Industrie dadurch, dass wir diese Unternehmen grundsätzlich langfristig erwerben. Unser Ziel ist es nicht, Unternehmen einzukaufen, irgendwie den Wert zu steigern und die Unternehmen nach wenigen Jahren wieder zu verkaufen, sondern wir wolle gesunde, gute Unternehmen erwerben, die wir langfristig, das heißt 10, 15, 20 Jahre oder länger unter dem Dach der GESCO AG halten, entwickeln, fördern und wir wollen unsere Rendite aus den operativen Erträgen diese Tochtergesellschaften erzielen."
    Damit diese Erträge auch fließen, beteiligt sich GESCO in der Regel nicht mit 100 Prozent an dem Mittelständler. Auch bei Dömer in Lennestadt spannt GESCO den Unternehmergeist des Geschäftsführers Jochen Asbeck ein. Denn dieser steigt Ende des Jahres mit einem Anteil von 20 Prozent zum Miteigentümer auf und ist damit am Unternehmenserfolg direkt beteiligt.

    "Zuvor war ich in einer führenden Position tätig, aber es dominierte eben das Angestelltenverhältnis. Mir macht es auch Spaß, kleinere Einheiten zu führen, dann aber mit dem Ziel, auch die Gesamtverantwortung zu übernehmen. Und nicht zuletzt, die Chance bei diesem Modell, das die GESCO betreibt, Anteile zu übernehmen. Also das Unternehmen wie einen inhabergeführten Betrieb weiter zu führen. Sich mit dem Betrieb zu identifizieren und damit auch eine Lebensaufgabe zu haben - das hat mich sehr gereizt."

    Eine Lebensaufgabe mit finanziellen Folgen. Asbeck muss sich für die 20 Prozent hoch verschulden - im Wert von mehreren Familienhäusern, wie er sagt. Noch sitzt Jochen Asbeck in dem alten Chefbüro. Doch nebenan entstehen bereits moderne Büros und eine neue Produktionshalle. Der 42-Jährige drückt aufs Tempo. Das ist ganz im Sinne von GESCO, die den Maschinenbauingenieur über einen Headhunter angeworben hat.

    Die börsennotierte Beteiligungsgesellschaft sucht vor allem kleine Marktführer, Perlen des Mittelstandes. 13 Tochterfirmen mit 1700 Mitarbeitern sind mittlerweile unter dem Dach der GESCO. Der Konzern erwirtschaftet über 320 Millionen Euro Umsatz, ein Viertel davon im Ausland.

    Dass die mitunter sehr erfolgreichen Familienunternehmen überhaupt zum Verkauf stehen, ist ein Dilemma der Gründergeneration. Die Unternehmensnachfolge ist nicht geregelt, entweder weil es keine Kinder gibt oder weil sie den Familienbetrieb nicht übernehmen wollen.

    "Und dann steht der Unternehmer vor der Frage, wohin mit diesen Betrieb, denn er fühlt sich dem Unternehmen und den Mitarbeitern verpflichtet. Da ist auf der einen Seite das Lebenswerk, das vielleicht schon der Vater oder Großvater aufgebaut hat und der Unternehmer sagt. "Dass muss jetzt weitergehen. Ich will jetzt nicht derjenige sein, der das Unternehmen geschlossen hat." Oft fallen Sätze, wie "Die Mitarbeiter hier kenne ich schon seit der Schulzeit, mit denen duze ich mich. Dass muss hier am Standort weitergehen." Und es steht auch immer der Gedanke dahinter: "Ich selber möchte in Zukunft ja auch hier noch leben können, möchte nicht auf der Straße angepöbelt werden, nach dem Motto "Du hast Kasse gemacht, das Unternehmen verkauft und wir haben unsere Arbeitsplätze verloren." Und aus dieser Situation heraus sucht der Unternehmer einen verantwortungsvollen Investor."

    Die Beteiligungsgesellschaft GESCO hält sich weitgehend aus dem operativen Geschäft der Tochtergesellschaften heraus. Das sei die Aufgabe der Geschäftsführer und Miteigentümer. Diese sollen den Charakter des inhabergeführten Unternehmens erhalten. Sie sind das Bindeglied zwischen Finanzwelt und bodenständigem Mittelstand.

    Jochen Asbeck, Chef der Dömer Gruppe in Lennestadt, will deshalb das Unternehmen im Sinne des Firmengründers Josef Dömer weiterführen

    "Eine Sache werde ich auf jeden Fall tun. Die Werte, die er in diesem Unternehmen aufgebaut hat, die werde ich fortführen: also Bescheidenheit, die Verlässlichkeit und das zählende Wort. Denn, dass ist sicherlich auch ein Grund, warum dieses Unternehmen erfolgreich am Markt ist."

    Link:

    gesco.de