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Modellversuch im Praxistest

Im Juni dieses Jahres verabschiedete der nordrhein-westfälische Landtag ein neues Lehrerausbildungsgesetz, das unter anderem auch eine rechtliche Grundlage schuf für die Erprobung neuer Wege in der Ausbildung von Lehrer und Lehrerinnen. Seit Beginn des Wintersemesters ist an den Universitäten Bochum und Bielefeld dazu ein Modellversuch angelaufen: alle Lehramts-, Magister und einzelne Diplomstudiengänge werden in ein gestuftes Studienmodell überführt, mit einem Bachelor, bzw. Masterabschluss.

14.01.2003
    Ein Beitrag von Christine Finger

    Die Lehrerausbildung an der Universität Bielefeld wird von Grund auf umgekrempelt, alles soll besser werden, wie das aber im Detail funktioniert, ist nicht einfach zu verstehen. Schon die Informationsseite zum Studium im Internet beginnt mit den Worten: Wegen der kurzen Zeitspanne zwischen der Genehmigung des Modellversuchs und der Einführung des neuen Studienmodells können wir zur Zeit noch keine vollständigen Informationen zum neuen Studienmodell geben. Nach und nach müssen sich auch die Studierenden, wie Roswitha Malek, in das System einfinden

    Der Einstieg war ein bisschen stressig. Zu Semesterbeginn, das muss man wirklich loben, gab es viele Informationsveranstaltungen. Das Problem dabei war bloß, das selbst die Veranstalter nicht Bescheid wussten, die Dozenten waren selber noch nicht über das informiert, was kommen sollte.

    Begriffe wie Credit, Workload und Modul müssen sich nicht nur den Studierenden erschließen. Das Modulsystem gehört zu den wichtigsten Neuerungen: inhaltlich zusammenhängende Veranstaltungen werden zu einem Themenkomplex zusammengefasst, aus beispielsweise einem Grundkurs, einer Vorlesung und einem Tutorium. Das soll effizienteres Lernen garantieren, die Organisation des Studiums verbessern und - die Dozenten erhoffen sich eine intensivere Betreuung des Einzelnen, erklärt Professor Winfrid Schmitz, der an der Entwicklung des Bielefelder Modells mitwirkt

    Wir versuchen, dass im kommenden Semester zu optimieren, dass wenn möglich, die selben Lehrenden mehrere Veranstaltungen geben, so dass der Lehrende seine Studierenden in zwei, drei Veranstaltungen sieht, auch mal über zwei Semester, sodass man Fortschritte bei den Studierenden besser nachvollziehen kann und auch das persönliche Verhältnis enger wird.

    Einer seiner Studenten, der 19 jährige Felix Kötter sieht das Ganze aber auch kritisch

    Das Problem ist durch diese Modulbildung, dass drei Veranstaltungen zum Teil in einem Modul geblockt sind, dass ich die zusammen belegen muss, dass dann natürlich viel öfter ist, dass Sachen dann nicht mehr in den Stundenplan reinpassen.

    Für den erfolgreichen Abschluss eines Moduls bekommt der Studierende sogenannte "Leistungspunkte", Credits. Die werden nach geschätztem Arbeitsaufwand vergeben. Im Laufe eines Studiums muss ein Studierender l80 solcher Punkte, in einem Semester 30 Credits erwerben. Das entspricht zeitlich dem Arbeitsaufwand eines Vollzeitbeschäftigten: Studentin Roswitha Malik bezweifelt, ob das für alle zu schaffen ist

    Ich glaube nicht unbedingt, dass man durch das Bachelor-System in der Regelstudienzeit bleibt, das hängt immer noch von der Einstellung des Einzelnen ab.

    ... und wohl auch von den Lebensumständen und der finanziellen Situation der Studierenden. Dennoch werden die kürzeren Studienzeiten als einer der Hauptvorteile des neuen Systems gesehen, schon nach drei Jahren können die Absolventen mit dem Bachelor abschließen oder noch ein bis zwei Jahre weiter machen und einen Masterabschluss erwerben. Wer Lehrer oder Lehrerin werden will, für den ist der Master zwingend. Klarer Vorteil: die Studierenden müssen sich nicht von Anfang an auf einen bestimmten Beruf festlegen. Das gefällt auch Elisabeth Rothkirch

    Ich will schon auf Lehramt, das ist schon mein Traumberuf, aber man muss trotzdem davon ausgehen, dass es nicht so kommt, wie es sollte und hinterher , wenn ich jetzt nen klassischen Lehramtsstudiengang gemacht hätte, hat man so schwierige Chancen, hinterher in der freien Marktwirtschaft auch nen Beruf zu bekommen.

    Die Absolventen des Bielefelder Modells können sich im Laufe des Studiums relativ einfach umorientieren - vom Lehramt zu einem anderen Berufsziel und umgekehrt. Sie müssen nicht mehr den Studiengang wechseln, sondern nur ihr individuell belegtes Programm dem veränderten Ziel anpassen. Und noch eine Neuerung : es gibt keine Staatsexamen, Abschluss setzt sich aus den angesammelten Leistungspunkten und den dabei erworbenen Noten zusammen, Studierende wie Frederike Bröwner schätzen die Vorteile dieses Modells

    Bin mit dem Bachelor in Bielefeld sehr zufrieden, ist zwar sehr verschult, da wir jetzt auch in Vorlesungen Tests schreiben, aber ich find das gut, weil man sozusagen zum Lernen gezwungen wird.

    Der Druck hat schon Konsequenzen, wie Professor Winfried Schmitz bestätigt

    Die Anmeldezahlen sind in etwa gleich geblieben...aber wir haben festgestellt, dass in früheren Zeiten viele der Studierenden nicht gekommen oder schon früh wieder abgesprungen sind...jetzt sieht man, dass deutlich mehr Studierende hier präsent sind.

    Womit wir wieder beim Thema Kapazitätsprobleme wären. Die zu lösen, betrachten auch die Verantwortlichen als ihre dringlichste Aufgabe und zwar ohne zusätzliche Stellen zu bekommen

    Links zum Thema:

    Lehrer/in durch Bachelor und Master an der Universität Bielefeld