Archiv


Mönchspfeffer, Teufelsdreck und Paradieskörner

"Dass der Mund uns wie eine Apotheke schmecke, dass wir meinen fast auszulaufen, wenn wir schwitzen" - solche und ähnlich brennende Wünsche werden in einem mittelalterlichen Tischgebet geäußert. "Was du uns gibst, das würze wohl" ist zur damaligen Zeit vor allem ein kostspieliger Wunsch.

Von Judith Kauffmann und Peter Kiefer |
    Für ein Pfund Safran zahlt man im England des zwölften Jahrhunderts ein Pferd, für zwei Pfund Muskatblüte eine Kuh und Pfefferkörner werden gar in Gold aufgewogen. Europa ist verrückt nach exotischen Gewürzen und sucht sich endlich selbst einen (zollfreien) Weg zu den paradiesischen Aromen des Morgenlandes, umschifft das Kap der Guten Hoffnung, entdeckt Amerika...
    Die Lange Nacht der Gewürze will dorthin, wo der Pfeffer wächst, will die alten und die neuen Wege zu Ingwer, Zimt, Kardamom und Macisblüte ergründen, nicht weniger deren Heil bringende und aphrodisische Geheimnisse. Sie will Mythen erzählen und Fakten vermitteln. Und sie will schmecken und riechen.

    Studiogäste:

    Georg Schulz und Gernot Katzer

    Gernot Katzers Gewürzseiten
    Auf diesen Seiten präsentiert Gernot Katzer Informationen und Hinweise über 117 verschiedene Gewürzpflanzen. Ein Schwerpunkt liegt dabei auf der Verwendung dieser Gewürze in ethnischen Küchen, besonders in Asien.
    Website von Georg Schulz
    Georg Schulz
    Zimtzicken, Canehlpuper und andere Merkwürzigkeiten
    Mit einem Aufsatz über Hamburg und die Gewürze.
    Books on Demand GmbH
    Dezember 2003
    Georg Schulz - Fast 50 Jahre im internationalen Gewürzhandel. Nebenbei mit Freude an Wortspielereien, satirischen, heiteren und humorvollen Texten Autor von "Gedankensprünge" und diversen Anthologien. Mitglied im Kabarett "Die Wendeltreppe"... Gelegentlich Vorträge über diese, seine "MerkWÜRZIGkeiten".

    Preise pfeffern?
    In Ermanglung von Lebenshaltungskosten Indices für die früheren Jahrhunderte müssen wir uns mit solchen Vergleichen abfinden:
    Plinius (24 79) überlieferte uns, dass in Rom kostete:
    1 Pfund (327,4 g) schwarzer Pfeffer - 4 Denare
    1 Pfund weißer Pfeffer - 7 Denare
    Zur gleichen Zeit tauschte man einen kräftigen Sklaven gegen einen Sack Pfeffer. Was war wohl sonst so ein Sklave wert und wie schwer war ein Sack Pfeffer?
    In dem am 9. Dezember 301 von Kaiser Diokletian (240 313) erlassenen Maximaltarif wurden auch die Höchstpreise für verschiedene Gewürze bestimmt, bezogen auf ein Pfund von 327 Gramm:
    Arabischer Safran - 2.000 Denare
    Trockener Ingwer - 250 Denare
    Pfeffer - 800 Denare
    Cardamom - 40 Denare
    Zum Vergleich: Ein Landarbeiter verdiente nicht mehr als 25 Denare pro Tag.
    In England hatte Ende des 12. Jahrhunderts ein Pfund Muskat Nüsse den Wert einer halben Kuh. Im späten Mittelalter kostete ungefähr
    1 Pfund Safran - so viel wie ein Pferd
    1 Pfund Ingwer - ein Schaf
    2 Pfund Macisblüte - eine Kuh
    Zur gleichen Zeit wurden aus Alexandria diese Preise bekannt:
    1 Quintal Zimt - 25 Cruzados
    1 Quintal Gewürznelken - 20 Cruzados
    1 Quintal Muskatnüsse - 16 Cruzados
    1 Quintal Ingwer - 11 Cruzados
    In Relation dazu musste man zur gleichen Zeit in Alexandria für einen
    gut dressierten Elefanten 2.000 Cruzados zahlen.

    Leicht gewürzte Poesie
    In unserer gelobten klassischen Lyrik finden wir selten Gewürze, und dann nur in kleinen Prisen, wie auch Wilhelm Busch (1832 1908) rät:
    Ein braves Mädchen braucht dazu,
    mal erstens reine Seelenruh,
    dass bei einer Verwendung der Gewürze
    sie sich nicht hastig überstürze ..."
    Begonnen hat es mit Wolfram von Eschenbach (um 1170 1220), der die Sitte der Reichen, duftende Gewürze auf den Boden zu streuen, im "Parsival" so besang:
    "...Wenn man auf einen Teppich trat,
    Cardamom, Gewürznelke und Muskat
    lagen gestreut unter den Füßen ..."


    Weder in der beliebten "Metzelsuppe" von Ludwig Uhland noch im "Schlaraffenland" von Hans Sachs sind Gewürze zu finden. Mehr von Gewürzen versteht "die perfekte Köchin" von Clemens Brentano (1778 1842):
    Pim, pim, pim der Mörser klinget,
    Nelken, Zimt und Muskatennuß.
    Alles bald zu Staub zerspringet ...
    Prosit! Von Pomeranzenschalen
    Voll verzuckertem Anis ...
    Orden zwölf von Zuckerkandel
    Und Vanille Achselschnur ..."


    Gut und reichlich kann Günther Grass seine Schweinskopfsülze würzen:
    "...mit nelkengespickte Zwiebel, großem Lorbeerblatt
    mit einer Kinderhand Senfkörner ...
    niemals Dill , Senf oder Delikatessgurken ...
    eine gefüllte Schlüsselbeinkuhle schwarzen Pfeffer ...
    mit beigelegter Ingwerwurzel ...
    verfeinere mit Majoran."

    SPICY'S Gewürzmuseum
    Am Sandtorkai 32
    20457 Hamburg

    Rein sprachlich gesehen gibt es keinen Unterschied zwischen Kräutern und Gewürzen, stammt Würze doch vom altniederdeutschen "wurt" und "wurtia" ab, bzw. vom gotischen "waurts", was so viel bedeutet, wie Pflanze. Die moderne Archäologie geht heute davon aus, dass die Menschen schon vor etwa 50 000 Jahren, also in der Altsteinzeit, herausfanden, dass bestimmte Blätter und Früchte den Geschmack der Speisen verbesserten bzw. sie auch bekömmlicher machten. Weiterlesen: Spice-Up - Gewürze und Kräuter

    Unter Gewürzen werden Teile von Pflanzen verstanden, die wegen ihres natürlichen Gehaltes an Geschmacks- und Geruchsstoffen als würzende oder geschmacksgebende Zutaten bei der Zubereitung von Speisen aller Art eingesetzt werden. Salz ist in diesem Sinne kein Gewürz.
    Gewürze bei Wikipedia
    Rund 70 Gewürzverarbeiter und -veredler sind Mitglied im Fachverband der Gewürzindustrie e.V.. Sie veredeln Gewürze und produzieren Gewürzmischungen, Gewürzpräparate und sonstige würzende Zutaten - im Jahr 2005 für ca. 800 Mio. Euro. Fachverband der Gewürzindustrie e.V.

    Warenkunde - Gewürze und Würzmittel
    Welche Gewürze und Würzmittel gibt es?

    Alphabetisches Verzeichnis zahlreicher Gewürze
    Gewürze machen Geschichte (SWR)
    netdoktor.de: Gewürze als Heilmittel?

    Weitere Literaturtipps und vielen mehr finden Sie hier:
    Arte: Gewürze allgemein

    Der Faire Handel (englisch: fair trade) ist Teil der Solidaritätsbewegung zugunsten der Menschen in der Dritten Welt. - viele Informationen zum Fairen Handel in der Internet-Enzyklopädie Wikipedia: Wikipedia: Fairer Handel
    Auch Gewürze gehören zu den Produkten, deren Anbau und Vertrieb von Fair Trade befördert wird. Mehr dazu: TransFair und Fair Trade e.V.
    Manche Produkte aus Fairem Handel (Kaffee, Tee oder Orangensaft) finden Sie auch in Supermärkten. Weltläden bieten darüber hinaus aber ein breites Angebot an Lebensmitteln. Hier finden Sie Schokolade, Süßigkeiten, Gebäck, exotische Knabbereien, Gewürze, Säfte, Nudeln und vieles mehr. Sogar Wein und Pralinen gehören zu dem umfangreichen Produktsortiment. Portalseite der deutschen Weltläden

    Indian Institute of Spices Research

    Buchtipps:
    Ursula Braun-Bernhart
    Kräuter & Gewürze.
    Kräuterpraxis leicht gemacht. Mit einfachen Tipps durchs Kräuterjahr.
    2006 Kosmos (Franckh-Kosmos)

    Thorbeckes kleine Gewürzkunde.
    Herkunft und Verwendung der Gewürze
    2006 Thorbecke

    Brigitte Beuttner
    Gewürze aus aller Welt in Garten und Küche.
    Ulmer Taschenbücher
    2006 Ulmer (Eugen)

    Chitra Banerjee Divakaruni
    Die Hüterin der Gewürze.
    Roman.
    Aus d. Amerikan. v. Angelika Naujokat
    2005 Heyne
    An der Grenze zwischen Magie und Realität spielt der erste Roman von Chitra Banerjee Divakaruni. Ihre Ich-Erzählerin, die weise Tilo, ist nicht nur mit dem Zauber aller Gewürze in ihrem Laden vertraut, sie kann auch den Menschen direkt ins Herz schauen. Doch ihre magischen Kräfte versagen, als sich ihr eigenes Leben zu wandeln beginnt. Eine poetische Verbindung uralter Mythen und der realen Welt.