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Mohammed-Karikaturen und Parteiausschlüsse

Der rechtsgerichteten Dänischen Volkspartei DVP bläst der Wind derzeit heftig ins Gesicht. Am Freitag wurde bekannt, dass ihr Jugend-Verband im August einen Wettbewerb für Mohammed-Schmähungen ausgeschrieben hatte. Und während der außenpolitische Sprecher der Partei, Sören Espersen, dies unter Berufung auf die Meinungsfreiheit verteidigte, schloss die Volkspartei elf prominente Mitglieder aus, weil diese einen offeneren demokratischen Dialog innerhalb der Partei gefordert hatten.Marc-Christoph Wagner berichtet aus Kopenhagen.

    Der Schock stand den dänischen Politikern ins Gesicht geschrieben. Noch frisch ist die Erinnerung an den Karikaturenstreit zu Beginn des Jahres, die weltweiten Proteste und nicht zuletzt den Boykott dänischer Waren in großen Teilen der arabischen Welt. Und nun flimmerten schon wieder Bilder und Gesänge wie diese über die Fernsehschirme des Landes:
    "The Camel Mohammed - das Kamel Mohammed trank fünf Bier", wurde dort skandiert. Außerdem waren angetrunkene Jugendliche zu sehen, die den Propheten karikierten und ihn zur allgemeinen Belustigung zur Schau stellten. Dies alles geschehen im August, beim Sommerfest der Jugendorganisation der Dänischen Volkspartei. Deren Vorsitzender Kenneth Kristensen:

    " Es sieht so aus, als ob unsere Mitglieder einiges getrunken hatten, und das ist meine größte Sorge. Denn wenn der Alkohol kommt, dann geht der Verstand. Und das sollte bei einer politischen Jugendorganisation wie der unseren nicht passieren."

    Eher belustigt kommentierte Sören Espersen, außenpolitischer Sprecher und einer der Strategen der Volkspartei, die Bilder. Es sei doch schön, dass man in Dänemark jedermann kritisieren könne, egal ob Jesus, Mohammed oder Buddha. Er selbst könne sich einen Karikaturenwettbewerb wie den gezeigten im Rahmen seiner nächsten Geburtstagsfeier gut vorstellen.

    Die Karikaturen verbreiteten sich im Laufe des Wochenendes und nach einem Bericht des Fernsehsenders Al-Jazira wie ein Lauffeuer in der islamischen Welt. Und im Unterschied zu den Karikaturen der Zeitung Jyllands-Posten im vergangenen Jahr distanzierte sich die dänische Regierung sofort und ohne Wenn und Aber. Über seinen Fraktionsvorsitzenden Troels Lund Poulsen teilte Ministerpräsident Anders Fogh Rasmussen mit, die gezeigten Bilder seien keineswegs repräsentativ für die Haltung der Dänen zum Islam.

    Verteidigten die Spitzenpolitiker der Dänischen Volkspartei die Karikaturen unter Berufung der in Dänemark verbrieften Meinungsfreiheit, so scheint eben diese innerhalb der Partei selbst nicht zu gelten. Das jedenfalls meinen neun Mitglieder, die - nachdem sie ihre Kritik an der zentralistischen Struktur und mangelhaften Debattenkultur der Volkspartei öffentlich geäußert hatten - vergangene Woche postwendend ausgeschlossen wurden. Das Referat einer Parteisitzung, sagt etwa der ehemalige Regionsvorsitzende in Süddänemark, Vågn Kristensen, sei oft schon geschrieben, bevor diese stattgefunden habe:

    Die Parteivorsitzende Pia Kjærsgaard verteidigte unterdessen den Ausschluss der Mitglieder und die auf sie selbst ausgerichtete Struktur der Partei. Schließlich sei die Volkspartei parlamentarische Grundlage der Regierung und diese müsse sich auf ihr Wort verlassen können:

    " In der Partei herrsche keine Meinungsfreiheit - diese Aussage ist schlicht und ergreifend falsch. Ich denke, wir sind die Partei im Parlament, wo jedermann seine Meinung am offensten formulieren kann. Wir stellen uns der Kritik, egal, ob diese unsere Politik oder Parteistruktur betrifft. Doch nach den internen Diskussionen muss dann auch Schluss sein. Es geht nicht, dass Mitglieder sich öffentlich äussern und die Führung kritisieren."

    Doch just die Öffentlichkeit sei inzwischen der einzige Weg, sich innerhalb der Dänischen Volkspartei Gehör zu verschaffen, sagt Brian Jensen, ein weiteres in der vergangenen Woche geschasstes Mitglied der Partei. Selbst die jährlichen Parteitage seien ein Spiel für die Galerie:

    " Als Amtsvorsitzender habe ich an vielen Vorbereitungstreffen für diese Parteikongresse teilgenommen. Und da schaut uns die Parteiführung tief in die Augen und sagt, Kritik darf es nicht geben. Diskussionen gibt es wenn überhaupt nur hinter den Kulissen. Nach aussen hin soll die Partei geeint auftreten. Mir wurde sogar gesagt, wenn bestimmte Personen das Wort ergreifen, dann schalten wir die Mikrophone aus."