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Müller-Schmidt, Schmidt oder Müller

Doppelnamen, den Namen des Mannes oder den Namen der Frau - bei der Heirat können die Ehepartner fast frei entscheiden, welchen Nachnamen sie tragen wollen. Denn seit 1994 gilt ein Namensrecht, dass so gut wie alles zulässt.

Von Julia Lührs |
    Früher hatten Frauen bei der Heirat keine andere Wahl: Sie mussten den Namen ihres Mannes annehmen und ihren Namen ablegen. Im Jahre 1976 beschließt der Bundestag ein neues Namensrecht: Die Frauen können ihren Mädchennamen an den Nachnamen des Mannes anhängen. Damit entstehen die ersten Doppelnamen. 1994 wurde das Namensrecht noch weiter gelockert, wie Edda Schneider-Ratz, Fachanwältin für Familienrecht in Köln erklärt.

    "Von dieser Zeit an wurde eigentlich den Eheschließenden freigestellt, wie sie es mit den Nachnamen handhaben wollten. Es konnte der Name der Frau zum Familiennamen erwählt werden, nach wie vor der Name des Mannes. Und beide Ehegatten hatten das Recht zu wählen, ob sie ihren ursprünglichen Namen behalten, ob sie ihren dann angenommenen Namen voranstellen oder aber hinten anstellen. Und das ist letztendlich auch die heutige Situation, die wir haben."

    Edda Schneider-Ratz hält diese Veränderungen für zeitgemäß.

    "Dass der Zwang, in jedem Fall den Namen des Ehemannes annehmen zu müssen, weggefallen ist, ist mit Sicherheit zu begrüßen, denn auch Männer machen ja inzwischen davon Gebrauch und nehmen den Namen der Frau an, manchmal auch unter vollständiger Weglassung ihres eigenen Namens. Ich denke, diese Liberalisierung war erforderlich, um der gesellschaftlichen Realität Rechnung zu tragen, dass Frauen natürlich mit einem ganz anderen Selbstbewusstsein am gesellschaftlichen und auch wirtschaftlichen Leben teilnehmen."

    Eheleute können heute also zwischen einigen Möglichkeiten wählen - die Einigung ist damit aber oft nur verschoben: Sobald gemeinsame Kinder geboren werden, müssen sie sich für einen gemeinsamen Familiennamen entscheiden. Und dabei kommt es durchaus auch schon mal zu Streitigkeiten:

    "Ich erlebe natürlich auch Diskussionen, wenn sich Paare nun nicht einig werden können, welcher Name wird als Ehename geführt und welcher Name wird als Familie geführt. Denn zum Beispiel bei meinen eigenen Töchtern, die ich als sehr selbstbewusst erlebe, habe ich Diskussionen mitverfolgt, mit den Freunden, vielleicht den künftigen Ehemännern, dass man sich in keiner Weise darauf verständigen konnte, welchen Namen man dann möglicherweise den Kindern gibt. Denn so wie ich meine Töchter kenne, werden sie darauf bestehen, dass die Kinder ausschließlich ihren eigenen Nachnamen tragen. Und wie ein zukünftiger Ehemann damit vielleicht umgehen wird, das kann ich im Moment noch nicht beurteilen."

    Durch die verschiedenen Wahlmöglichkeiten ist es für Schneider-Ratz - und nicht nur für sie - manchmal auch schwer, ihre Mandanten eindeutig zuzuordnen:

    "So muss ich zum Beispiel, wenn ein Paar kommt, es gibt Probleme, mit gemeinsamen Kindern nach einer Trennung, muss ich natürlich explizit fragen: Ist es eine bestehende Ehe, denn wenn beide einen unterschiedlichen Nachnamen tragen, was ja bei Ehegatten möglich ist, kann ich das ja nicht unbedingt ersehen. Dann weiß ich natürlich auch nicht auf Anhieb, wie die Kinder heißen. Ich habe mir angewöhnt, bei Beratungen sofort ein kleines Schaubild anzufertigen, diverse Namen in das Schaubild einzutragen, denn wir haben ja nun immer mehr Patchworkfamilien, wo Kinder möglicherweise bei einem Ehepaar leben, die aus einer früheren Beziehung des Ehemanns oder der Ehefrau stammen, und die natürlich auch noch einen dritten Namen tragen können."

    Trotz Schaubild und Kuddelmuddel: Auch die Rechtsanwältin hat sich für einen Doppelnamen entschieden - und ihren Mädchennamen Schneider mit Ratz als angenommenen Ehenamen verbunden - aber nicht aus emanzipatorischen Gründen:

    "Für mich war es bei der Entscheidung, ob ich meinen Namen behalte, ob ich ausschließlich den Namen meines Ehemannes annehme oder den Doppelnamen nehme, von Bedeutung, wie der Klang des Namens ist, ich fand die Kombination Schneider-Ratz durchaus praktikabel auch im Klang nicht schlecht. Ich trage zudem einen sogenannten Sammelnamen, Schneider ist der dritthäufigste Name in der BRD, sodass ich den Eindruck hatte, mich durch einen Zusatznamen, einen Doppelnamen etwas aus der Masse hervorzuheben zu können. Und zum Anderen hatte ich das Gefühl, dass ich dadurch eine Verbundenheit zu meinen Kindern demonstrieren kann."

    Ganz anders Christian Sywottek und seine Frau - sie haben ihre Namen behalten, planen aber auch keine Kinder:

    "Wir haben darüber eigentlich nie groß sprechen müssen, weil wir beide eigentlich unsere Namen behalten wollten und es insofern auch naheliegend war, weil wir beide Freiberufler sind und unsere Namen bei Kunden im Grunde mit unserem Geschäft verbunden sind. Und da wollten wir beide eben den Namen auch nicht ändern, damit wir beide erkennbar bleiben. Unter ästhetischen Gesichtspunkten finde ich einen Namen besser als Doppelnamen, Dreifach-, Vierfachnamen. Und gut akzeptable finde ich den Doppelnamen, ist in Ordnung, kommt man mit klar, wenn es mehr wird, wird es wird es absolut chaotisch."

    Ähnlich sah es Anfang Mai das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe. Eine Frau aus München hatte geklagt: Die verheiratete Ärztin wollte Talheim-Kunz-Hallstein heißen dürfen. Das Gericht entschied dagegen: ein Bindestrich ist genug. Ehepaare dürfen bei der Heirat auch zukünftig keine Dreier und Vierernamensketten bilden. Die Richter begründeten ihre Entscheidung damit, dass Namen die Zuordnung von Person und Namen erleichtern sollen. Schneider-Ratz ist der gleichen Meinung:

    "Manche Fraktionen sagen, ein Name ist eine reine Privatsache, der Staat sollte sich überhaupt nicht da reinmischen, es sollte Eltern überlassen bleiben, wie sie sich selbst bei Eheschließungen nennen, möglicherweise aus drei, vier Doppelnamen bestehend. Es sollte weiterhin den Eltern überlassen werden, ob sie möglicherweise den Kindern dann auch Doppelnamen weitergeben. Da bin ich etwas anderer Meinung. Ein Name hat eine dreifache Funktion: Zum einen soll sich der Namensträger in seinem Namen wohlfühlen. Dann soll der Name natürlich auch eine Zuordnung in einem bestehenden Familiengefüge ermöglichen. Und dann hat ein Name natürlich noch eine weitere Funktion: Er soll auch über Generationen hinweg eine gewisse Identifikation ermöglichen. Und das ist eigentlich nur gewährleistete, wenn die Zahl der Doppelnamen beschränkt wird."

    Auch die Leiterin des Standesamtes in Köln, Angelika Bark, freut sich über das Urteil des Bundesverfassungsgerichts. Denn jetzt herrscht Klarheit für sie:

    "Denn also Dreifachnamen oder es wären ja auch Vierfachnamen möglich gewesen, also das stelle ich mir in der täglichen Handhabung als sehr problematisch und sehr schwierig vor. Und wenn ich nur daran denke, dass ein Personalausweis ausgestellt werden muss, manche Namen sind also lang, und wenn es dann Vierfachnamen sind, welche Namen sollen dann rausgeschnitten werden, wenn sie nicht mehr auf den Personalausweis passen? Also das stelle ich mir als sehr unpraktisch vor."

    Doch darüber muss sich Bark jetzt keine Gedanken mehr machen - komplizierte Bandwurmnamen darf es nicht geben. Für Bark hat sich das Namensrecht in der heutigen Form bewährt, denn der Trend gehe eindeutig wieder zum Einzelnamen und verstärkt zu dem Namen des Mannes. So wie bei Claudia Muschik, Mutter von zwei Kindern:

    "Ich brauchte schon so ein, zwei Wochen Bedenkzeit, um zu überlegen, ja gebe ich jetzt meinen Namen ab, weil: Eigentlich habe ich vorher schon gedacht, ich hänge sehr an meinem Namen, und als der Heiratsantrag kam, dann habe ich aber gedacht, ich fände es schöner, wenn wir alle den gleichen Namen haben. Irgendwie verstärkt es auch das Gemeinschaftsgefühl. Also ich glaube, ich hätte es komisch gefunden, wenn ich dann anders heiße als meine Kinder oder wenn meine Kinder dann praktisch den Namen meiner Brüder haben, aber nicht den meines Mannes."