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Mugabes letzte Schlacht

Prinzipiell findet es eigentlich keiner schlecht: das Indigenisierungsgesetz, das ausländischen Investoren in Simbabwe vorschreibt, ihre Mehrheit indigenen, also schwarzen Simbabwern, zu überlassen. Ausländer sollten höchstens 49 Prozent der Anteile haben.

Von Claus Stäcker | 12.11.2011
    "Prinzipiell" findet das auch Shingirai Mujuru gut, der an der Straße als typischer afrikanischer Self-Made-Man "Airtime" verkauft - Sprechzeit für das Mobiltelefon.

    "Bisher hat mir als Kleinstunternehmer das Gesetz kein bisschen genützt. Ich habe in der Zeitung davon gelesen, Fernsehdebatten gehört und dies und jenes. Aber wie es uns an der Basis nützen soll, hat noch keiner erklärt."

    Peter Nyambara ist Fertigungstechniker und war früher in einer Fabrik für Autobremsen und Kupplungen angestellt. Er hat sich selbstständig gemacht, würde aber gern noch etwas mehr erreichen. Das Gesetz, glaubt er, ebnet ihm dafür den Weg.

    "Das Gesetz wird uns Qualifizierten helfen, uns von der Vormundschaft zu befreien. Wenn wir mehr können als die etablierten Firmen, dann müssen wir die 51 Prozent bekommen. Und wenn wir fit genug sind, wird das auch nicht schief gehen."

    Der erste Versuch einer Umverteilung, die Landreform, ging gründlich
    schief: Weiße imperialistisch-neokolonialistische Siedler, wie Mugabe sie nannte, zu enteignen, machte sich gut in der Propaganda. Die Großbauern machten ja auch traumhafte Gewinne mit Tabak, Obst und Getreide. Und die einseitige Landverteilung schrie zum Himmel. Und nun ist eben die Wirtschaft dran, sagt der zuständige Minister für Jugend, Umverteilung und Arbeitsplatzschaffung, Saviour Kasukuwere.

    "Wenn man sich die Zanu-PF-Politik des letzten Jahrzehnts ansieht - sie war ganz der Stärkung der schwarzen Mehrheit gewidmet. Und ich denke nicht, dass diese Stärkung schlecht ist. Unsere Partei hat einen eigenen Expertentisch, der sich nur damit beschäftigt, wie der Anteil unserer Menschen in der Wirtschaft erhöht werden kann. Die Zanu-PF steht für eine progressive Entwicklung unseres Volkes."

    Allerdings brachte schon die Landreform Simbabwe an den Bettelstab - und sie schuf neue Ungerechtigkeit. Nur Mugabe-Getreue bekamen die zwangsenteigneten Farmen der Weißen. Hunderttausende Hektar Land dienten der schamlosen Selbstbereicherung oder: verfielen. So könnte das wohlklingende Umverteilungsgesetz auch enden, fürchten Mugabe-Kritiker, wie der arbeitslose Hochschulabsolvent Moses Chibaya.

    "Ich bezweifle, dass ich davon profitieren kann. Ich habe einmal versucht, einen staatlichen Kredit für Jugendliche zu bekommen, wurde aber abgelehnt, weil ich nicht zur ZANU-PF gehöre. Das Gleiche wird mit dem Indigenisierungsgesetz wieder passieren, es ist ein Gesetz gedacht für ZANU-PF-Mitglieder und -Anhänger. Nur sie werden profitieren, genau wie bei der Landreform."

    Geld verdienen tut fast nur noch der Bergbausektor - Simbabwe hat Gold, Diamanten und Platin. Auch diese Konzerne mussten inzwischen Umverteilungspläne vorlegen und haben dies, angeblich, auch fast alle getan. Komplizierte Konstrukte, die irgendwie zu einem Nennwert von 51 Prozent simbabwischem Anteil führen sollen, indigenem simbabwischem Anteil.

    Denn Weiße sind von dem Programm ausgeschlossen. Ein Punkt, den die früher oppositionelle, nun mitregierende Bewegung für Demokratischen Wandel, MDC, kritisiert. Aber sonst klingen die Vorwürfe von Parteichef und Ministerpräsident Morgan Tsvangirai eher zahm:

    "Die Sache mit dem Indigenisierungsgesetz ist eine sehr kontroverse Angelegenheit. Es hat Zwietracht geschürt und Verwirrung ausgelöst, wegen seiner Umsetzung und fehlenden Transparenz. Der einzige Bereich, in dem es einigermaßen geordnet und fair ablief, war der Bergbausektor. Und selbst da haben wir große rechtliche Bedenken."

    Tsvangirai sagt nicht, dass das Gesetz Munition für Mugabe ist, wenn kommendes Jahr wieder Wahlen sind. Tsvangirai sagt - wie schon bei der Landreform - auch nicht, dass das Gesetz widersinnig ist. Er tappt nicht in Mugabes Falle. Denn Tsvangirai wie Mugabe wissen, dass das Gesetz an sich bei der Masse gut ankommt. Mit Blick auf die Wahl 2012 lassen Mugabes Truppen schon wieder MDC-Veranstaltungen stören. Bei einem brutalen Überfall auf eine Kundgebung in Chitungwiza nahe Harare vor wenigen Tagen, bei der 22 MDC-Anhänger verletzt wurden, zog ein besonders Eifriger die Fäden: Umverteilungsminister Saviour Kasukuwere. Auch in Sachen Indigenisierung stürmt er voran.

    "Auf jene Elemente, die das Gesetz missachten, kommt es nicht so sehr an. Ich denke, wir werden mit ihnen fertig. Es gibt keine heiligen Kühe, alle Unternehmen müssen sich dran halten. Und es ist höchst bedauerlich, wenn einige dieses Programm nun politisieren."

    Dass das Gesetz potenzielle, auch deutsche Investoren verschreckt, interessiert Kasukuwere nicht. Er weiß, dass Mugabes letzte Schlacht begonnen hat.