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Mundartkünstler im Dienste des BKA

Technik. – Stimmen sind so unverwechselbar wie die Gesichter ihrer Besitzer. Diese Tatsache lässt sich entsprechend auch für biometrische Erkennungssysteme und vor allem zur Identifizierung von Kriminellen nutzen. Zwar werden Entführer oder Erpresser nicht auf eine einwandfreie Aussprache ihrer Forderungen Rücksicht nehmen, dennoch kommen ihnen Kriminalisten mit Hightech und Tricks oft auf die Schliche. Auf einer Wissenschaftspressekonferenz in Bonn ließen sich heute forensische Phonetiker ein wenig in die Karten schauen.

    In einem der ersten Stammheimer Prozesse wurde der Terrorist Peter-Jürgen Boock verurteilt, weil der Vergleich seiner Stimme mit einem RAF-Telefonanruf eindeutig nachwies, dass dabei derselbe Mann sprach. Erstmals stellte dabei die forensische Phonetik – die Sprachwissenschaft im Dienste der Strafverfolgung – eindrucksvoll ihre Möglichkeiten unter Beweis. Neben dem schlichten Stimmenvergleich stellt die Stimmanalyse anonymer Anrufe, wie etwa Erpresser, ein weiteres großes Betätigungsfeld der Phonetiker dar. "Zunächst wird eine solche Aufnahme im Computer digitalisiert, um etwa einen analogen Original-Tonträger nicht zu beschädigen und den Mitschnitt beliebig oft ohne Qualitätseinbußen abspielen zu können", erklärt Angelika Braun von der Universität Marburg. Denn schließlich bestehe die Hauptaufgabe eines Phonetikers vor allem im unzählige Male wiederholten, aufmerksamen Zuhören.

    Dabei helfen spezielle Hilfsmittel, wie etwa Datenbanken: "Um regionale Akzente besser unterscheiden zu können, erstellten wir entsprechende Datenbanken mit charakteristischen Beispielen." Durch den Vergleich eines Mitschnitts mit solchen Referenzen versuchen die Wissenschaftler, genau festzustellen, woher eine anonyme Bandstimme vermutlich am ehesten stammt. Doch der digitale Helfer bietet noch mehr: So stellt der PC das charakteristische Frequenzmuster einer Stimme bildlich dar und vermisst die Merkmale unbestechlich und exakt in Hertz und Dezibel.

    Allerdings stößt auch diese Methode der kombinierten Sprachanalyse durch das Gespann von Mensch und Computer an natürliche Grenzen, etwa wenn ein Erpresser gar kein Deutsch spricht: "Dann sind wir bei der Stimmanalyse im Grunde fast machtlos, weil die Informationen, die daraus entnommen werden, sprachgebunden sind", so Braun. Lediglich Geschlecht und ungefähre Altersklasse könne dann noch festgelegt werden, alles andere dagegen sei für einen nicht sprachkundigen Phonetiker nicht mehr beurteilbar. Und muttersprachliche und fachkundige Dolmetscher stünden in vielen Fällen nicht zur Verfügung.

    [Quelle: Kay Müllges]