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Musik
Islands Idylle und Vaters Verse

Island hat eine große Pop-Tradition: Björk, Sigur Rós und jetzt Asgeir. In seinem Debütalbum bekennt sich der junge Musiker zu seinen Wurzeln – den musikalischen seiner Heimat wie seinen ganz persönlichen.

Von Christiane Rebmann | 05.02.2014
    Label: One Little Indian Ásgeir: "In The Silence"
    "In The Silence" - das Debütalbum von Ásgeir (Label: One Little Indian)
    Asgeir Trausti Einarsson alias Asgeir ist in einem 50-Seelenort im Nordwesten Islands aufgewachsen. Seine Mutter spielt Orgel in der Dorfkirche und unterrichtet Gesang und Piano. Sein älterer Bruder ist Musiker und half ihm bei den Aufnahmen zu "In the silence". Sein Vater, ein Lehrer, macht privat Musik. Vor allem aber schreibt er Gedichte. Weil Asgeir mit seinen eigenen Texten nicht zufrieden war, vertonte er für sein Album zum großen Teil das Material seines Vaters.
    "Mein Vater ließ 1985 einen Gedichtband mit seinen Werken drucken. Er bestellte 600 Exemplare. Die wurden vor seiner Haustür abgeladen. Er öffnete das Paket, guckte sich einen Band an, und weil er nicht zufrieden war, stapelte er die 600 Bücher unter seinem Bett. Da blieben sie jahrelang liegen."
    Bis Asgeir und sein älterer Bruder die Gedichte fanden und sie als Songtexte verwendeten.
    Der Rhythmus des Speerwerfens
    Ursprünglich wollte Asgeir nicht Musiker, sondern Profisportler im Speerwerfen werden. Als Jugendlicher nahm er an internationalen Wettkämpfen teil und hält heute noch isländische Rekorde. Speerwerfen hat etwas Musikalisches, findet er.
    "Dieser Rhythmus, den ich beim Speerwerfen einhalten musste, der beherrschte Jahre meiner Kindheit mein Denken. Diese 30 Meter Anlauf, den man nehmen muss, bevor man den Speer wirft. Erst acht, dann zwei, dann fünf Schritte. Und dann wirfst du den Speer. Ich zählte also erst bis acht, dann bis zwei, dann eins, zwei, drei vier, fünf. Diesen Rhythmus wiederholte ich in meinem Kopf, egal, ob ich lief, aß oder sonst etwas tat. Ich war wie besessen. Aber es war eine gute Besessenheit. Ich wollte ja nur immer besser werden."
    Weil er so oft verletzt war, gab er den Sport auf und konzentrierte sich auf sein Hobby, die Musik.
    Simon & Garfunkel und Sigur Rós
    Die Songs auf seinem Debütalbum erinnern zeitweise an Simon & Garfunkel oder Pink Floyd. Aber aufgewachsen ist er mit Grunge. Mit sechs hörte er Nirvana, Soundgarden und Pearl Jam. Damals fing er auch mit dem Gitarrespielen an. In den letzten Jahren hat ihn die isländische Band Sigur Rós beeinflusst.
    "Ich habe versucht, meine Stimme wie ein Instrument einzusetzen, genau so, wie es deren Sänger tut."
    Er spielte seine Songideen auf der akustischen Gitarre oder mit Klavierbegleitung ein. Danach ging er mit befreundeten Musikern ins Studio und fügte weitere Elemente hinzu.
    "Meine Musik ist sehr atmosphärisch. In einigen Songs passiert gar nicht so viel. Als wir sie aufnahmen, stopften wir sie zuerst voll mit Synthesizer Sounds und allen möglichen Beats und Spielereien. Und dann löschten wir ganz viel wieder, weil wir sagten: 'Das gehört da nicht rein.' Und so entstand diese Musik, in der es sehr viel Platz zu geben scheint."
    Er nannte sein Album "In the silence", weil ihm Ruhe wichtig ist. Deshalb kehrt er auch so oft wie möglich aus seiner jetzigen Wohnung in Reykjavik in sein Heimatdorf zurück. Er liebt die raue, wilde Landschaft, von der es umgeben ist. Und er liebt die Einsamkeit.
    "Es ist ein komisches Gefühl, aber auch ein gutes Gefühl, ganz allein da draußen zu sein, in dieser absoluten Stille. Du hörst nichts außer deinen eigenen Schritten. Das fühlt sich so gut an. Vor Kurzem war ich wieder dort. Ich ging raus und blieb eine ganze Zeit dort draußen stehen. Und ich hörte dem Nichts zu."