
So schön singen konnten die Gitarren im Jahr 1980 nur bei Young Marble Giants. Die Musik des Trios aus Cardiff fiel in die Ausläufer des Punk wie ein sanfter Meteorit von einem anderen Stern. Die Young Marble Giants blieben der Popwelt nur ein paar Winter erhalten, mit raren Auftritten nährten sie ihren Legendenstatus. Ein Wiedersehen gibt's jetzt beim "Week-End", am Samstagabend werden sie ihre stilbildenden Songs einem Aktualitätstest stellen.
Was hatte Bestand in der Pop- und Rockmusik der letzten Jahrzehnte? Antworten geben auf dem Festival auch die Postpunkhelden The Fall, die schottischen Pastels, Robert Forster von den Go-Betweens und Grant Hart – allesamt Musiker, die für Organisator Jan Lankisch das Erbe großer musikalischer Eruptionen mit Stil in die Gegenwart getragen haben.
"Ich bin um einiges jünger als viele der Künstler. Aber ich bin mit denen aufgewachsen. Leute, die ich seit 20 Jahren verehre und damit laufen gelernt habe musikalisch. Die waren für mich nie weg."
Hinter dem "Week-End" steht eine zentrale Idee: Fans machen Programm für Fans. Da wird vernetzt, kreuz- und quer gedacht, Altes wiederentdeckt und herausfordernd mit Neuem zusammengeführt, und am Ende steht ein Programm auf den Beinen, das längst nicht nur popbibelfeste Nerds jenseits der 40 begeistert. Höhepunkt 2013 könnte der gemeinsame Auftritt von Go-Betweens-Sänger Robert Forster und dem 22 Jahre jüngeren US-Komponisten und Musiker Jherek Bischoff werden. Ein auf den ersten Blick ungleiches Paar, das in den Wunschträumen der Festivalmacher geboren wurde. Bischoff wird ein Streichquartett dirigieren, das die wunderbar spröden Songs Forsters auf schwingenden Saiten noch einmal ganz woanders hin katapultiert.
"Week-End"-Debüt war 2011
Seit dem aus der Hüfte geschossenen "Week-End"-Debüt 2011, das in einem leer stehenden Kino im Zentrum Kölns stattfand, spielen die beiden Macher, im Hauptberuf Grafikdesigner, ihre Leidenschaft für Popmusik mit einem unbändigen Willen zur Gestaltung aus: in der grafischen Präsentation, der Orts- und Bandwahl. Vom Live-Betrieb hatten sie anfangs keine Ahnung.
"Wie macht man Festival? Das war für uns vollkommen unbekannt. Wir hatten schon ordentlich Bammel, ob das überhaupt was wird...Es ging um den Moment, drei Tage zu einem zu bündeln, die Gäste wiederzusehen, nachher hat man wirklich so ein Gefühl der Liebe."
Die Liebe steckt beim Week-End im Detail. Oder in der Verwirklichung von Träumen. 2012 konnten Lankisch und Waschat den US-Sänger und Gitarristen Stephen Malkmus überreden, den 40 Jahre alten Rock-Klassiker "Ege Bamyasi" der Kölner Band Can für das Festival neu aufzuführen. Malkmus zelebrierte "Ege Bamyasi" als Reduktion auf die Essenz des Rock - im Verein mit Musikern der Kölner Band Von Spar. Die Nachricht ging übers Internet in Minutenschnelle um die Welt, später wurden die Aufnahmen als LP veröffentlicht.
"Man vernetzt eine Pop-Ikone der 90er mit einer Postpostkrautrockband aus Köln, um ein Album zu spielen. Das war was Neues. Das war erfolgreich."
Der Ort, an dem das Week-End 2013 gefeiert wird, nimmt auch ein Stück Historie mit: In der Stadthalle Mülheim gastierten in den 1980er- und 90er-Jahren zahlreiche bekannte Indierockbands, heute finden dort Messen, Plattenbörsen und Karnevalsveranstaltungen statt. Ein holzvertäfelter Festsaal mit gezackter Prismendecke, der vor 50 Jahren erbaut wurde, als die Beatles die Welt eroberten. Die Halle ist ein architektonisches Zeitdokument, das dennoch zeitlos geblieben ist. Und damit die Idee des Festivals auf einer räumlichen Ebene einfängt.