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Mysterium Exzellenzbegehung

Ein internationales Gutachterteam richtet derzeit über den Exzellenzstatus der Freien Universität Berlin. Studierende kritisieren das Antragsverfahren und das Gebaren der Hochschule als intransparent und undemokratisch.

Von Philip Banse | 03.02.2012
    Der Henry Ford Bau, das Tagungszentrum der Freien Universität heute Vormittag. Hostessen warten, ein Verwaltungsmitarbeiter telefoniert. An den Eingängen sind Sicherheitsleute postiert. Studierende werden nicht rein gelassen. Denn die Gutachter sind im Haus. Ein international besetztes Gutachterteam soll – begleitet von der Deutschen Forschungsgemeinschaft und dem Wissenschaftsrat – beurteilen, ob die Freie Universität auch bis zum Jahr 2017 Exzellenz-Universität bleibt. Zwei Tage lang versuchen sich die Gutachter vor Ort ein Bild zu machen. Exzellenbegehung nennt sich das, sagt FU-Präsident Peter-André Alt:

    "Es ist immer ein Element dabei, das heißt Campus-Tour, wo die Universität das, was sie im Rahmen neuer Projekte gestaltet hat in Labors zum Beispiel, den Gutachtern vorführt. Das schließt ein, dass man in der Regel die großen Fachkulturen vorführt und zwar im Blick auf das, was da gerade entstanden ist."

    Um sich ein Bild zu machen, befragen die Gutachter viele Uni-Vertreter, Professoren und Verwaltungsleute. Heute Morgen wurden im ersten Stock des Henry Ford Baus auch Studierenden-Vertreter befragt. Einziger Entsandter des Asta war Vesy Dag, Mitglied des Ausländerreferats. Er durfte fünf Minuten reden und kritisierte, dass er von der Exzellenzuni bisher nichts gespürt habe:

    "Vielleicht einige haben Vorteile davon, aber nicht alle. Das habe ich auch gesagt. Vor allem die Leute, die aus reichen Ländern kommen, aber auch aus reichen Familien, die haben sowieso die Grundlage dafür, diese Strukturen auch zu nutzen. Aber die Leute, die nicht aus solchen Ländern oder Familien kommen, die werden immer die Chance verpassen."

    "Ich akzeptiere nicht, dass es eine Förderung ist, die nur den Happy Few zugute kommt."

    FU-Präsident Alt:

    "Wir haben mal ermittelt, dass zwei Drittel der an der Universität Forschenden unterstützt werden durch unseren Antrag. Wir ermöglichen es, dass promoviert wird mit anderen Rahmenbedingungen. Das ist also etwas, was zum Antrag gehört und was man nicht nur als Förderung von Spitzenforschung begreifen kann."

    "Ich persönlich als Studentin der Philosophie und Geisteswissenschaften habe auf jeden Fall davon profitiert …"

    … sagt Luzia Goldmann. Das hat die Vertreterin des Fachbereichsrats Philosophie und Geisteswissenschaften auch Exzellenz-Gutachtern in der Anhörung erzählt:

    "Weil ich sehr gute Möglichkeiten hatte Auslandssemester zu machen. Ich konnte zwei Mal ins Ausland gehen: während meines Bachelor-Studiums einmal und einmal während meines Masterstudiums. Und ich profitiere auf jeden fall davon, dass wir hier eine exzellente Literaturversorgung haben vor Ort."

    Fachbereichsratsvertreterin Goldmann hat auch das Gefühl an der Planung und Gestaltung einzelner Exzellenzprojekte beteiligt zu sein. Beispiel das Berliner Antike-Kolleg, eine Graduiertenschule von HU und FU:

    "Das ist eine Sache, die bei uns durch den Fachbereich gegangen ist, die auch diskutiert wurde und wo dann auch von unserem Fachbereichsrat aus eine Vertretung für diese Schule eingesetzt wurde. Da hatte ich persönlich schon den Eindruck, dass es eine Art Beteiligung gibt."

    Studierende mögen in Einzelfällen an den Exzellenzprojekten beteiligt sein, sagt Mathias Bartelt, studentischer Vertreter im Akademischen Senat. Allerdings beklagte sich Bartelt bei den Gutachtern, dass das demokratisch gewählte und oberste Uni-Gremium zu wenig an der Exzellenz-Bewerbung beteiligt worden sei:

    "Ich habe sehr deutlich gemacht, dass der Exzellenz-Antrag uns erst in der letzten Woche, am letzten Mittwoch in der Sitzung des Akademischen Senats vorgelegt wurde, komplett sogar. Vorher haben wir den nicht zu Gesicht bekommen. Und als ich das mitgeteilt habe, wurde ich mitten in meinem Beitrag unterbrochen und wurde auch nicht weiter reden gelassen. Was mir sehr deutlich gemacht hat, dass das Ganze zu einer Farce wird."

    Uni-Präsident Alt entgegnet, der habe den Exzellenzantrag im Senat vier Mal vorgestellt. Ausweichend seine Antwort auf die Frage, warum der ganze Prozess, alle Anhörungen, alle Befragungen und Rundgänge geheim sind; warum die Öffentlichkeit nicht zusehen darf, wie sich eine steuerfinanzierte Hochschule um Steuergeld bewirbt:

    "Das ist deshalb nicht öffentlich, weil man in einer geschlossenen Runde natürlich ganz anders über bestimmte Themen sprechen kann. Wenn sie Hunderte von Leuten dazu holen, geht das nicht. Ich möchte auch nicht in so einer Runde vor tausend Leuten reden müssen, das ist schwierig. Sie müssen sich ja sehr konzentrieren und das sind wissenschaftliche Themen, die da behandelt werden. Ich halte das Verfahren für ein sehr angemessenes."