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Mythos und Allegorie

In Georg Friedrich Händels Geburtsstadt Halle an der Saale sind nach zehntägiger Dauer die diesjährigen Händelfestspiele zu Ende gegangen. Unter dem Motto "Triumph von Zeit und Wahrheit - Mythos und Allegorie bei Händel" gab es mehr als 50 Veranstaltungen an 16 Orten. 1500 Künstler wirkten mit.

Von Claus Fischer |
    "L´Allegro, il Penseroso e il Moderato", "Der Fröhliche, der Nachdenklich-Melancholische und der Gedankenvolle", so heißt ein Oratorium aus Georg Friedrich Händels Londoner Zeit, mit dem die Händelfestspiele 2007 eröffnet wurden. Drei Charakterzüge des Menschen lässt der Komponist als Personen auftreten, und zwar auf vollendete Weise, meint Wolfgang Ruf, der Präsident der Internationalen Händelgesellschaft:

    "Er versucht, sie mit allen Mitteln der musikalischen Rhetorik und der bildhaften Nachbildung umzusetzen, mit einer Mächtigkeit und Plastizität wie bei keinem anderen Zeitgenossen."

    "Mythos und Allegorie bei Händel", im Vergleich zu früheren Festivaljährgängen, wo es etwa um des Komponisten Verhältnis zu Frankreich oder um biblische Gestalten in seinem Oeuvre ging, war das ein ziemlich anspruchsvolles Motto. Im Rahmen eines musikwissenschaftlichen Kongresses wurde es, so Organisatorin Konstanze Musketa, mit rund 20 Referaten in aller Breite ausgelotet.

    "Dass man also verschiedene Facetten untersucht hat: Was hat auf Händel gewirkt, was kannte er überhaupt, von der Bildenden Kunst her zum Beispiel In der Zeit in Italien hat er bestimmt die wichtigen Kunstwerke zu diesen Themen auch gekannt, also 'Apollo und Dafne' von Bernini zum Beispiel und solche schönen Dinge. Also auch von dieser Seite her, oder auch vom theologischen Hintergrund, von der Rolle der allegorischen Oratorien in Rom, die auch schon bekannt waren, bevor Händel hinkam. Also: Was hat er vorgefunden, welche Einflüsse hat er übernehmen können und auch was er dann musikalisch daraus gemacht hat."

    Trotz dieser detailgenauen Untersuchungen, wirklich Neues über Händels Schaffen förderten die versammelten Wissenschaftler nicht zutage. Das Fazit der Konferenz fällt daher in etwa so aus, wie Hanna John, die Direktorin der Händelfestspiele das Festivalmotto "Mythos und Allegorie bei Händel" umschreibt:

    "Ich habe festgestellt, dass Händel eigentlich sein ganzes Leben sich mit diesem Thema befasst hat, nachdem er also, als er 19-jährig in Italien ankam, Mythos und Allegorie verstärkt in der Oper und in der italienischen Kantatentradition kennenlernte, hat er in seinem gesamten Schaffen auf Stoffe aus der griechischen Antike zurückgegriffen."

    Im Rahmen der Festivalkonzerte konnte man dem Thema in bester Weise nachspüren, etwa bei der Aufführung des erst im vergangenen Jahr wiederentdeckten Opernpasticcios "Giove in argo" mit dem Basler Kammerorchester unter dem britischen Dirigenten Paul Goodwin, dem in diesem Jahr auch der Händelpreis der Stadt Halle verliehen wurde.

    Den Höhepunkt der Händelfestspiele bildeten jedoch traditionsgemäß zwei Opern-Neuproduktionen. Im Goethe-Theater Bad Lauchstädt inszenierte der Brite Colin Blumenau "King Arthur" von Henry Purcell, leider auf Schultheaterniveau in Sperrholzambiente und ohne jegliche Personenführung. Zum Glück sorgten die Solisten und die Lauttencompagney unter Wolfgang Katschner wenigstens für einen musikalischen Genuss. Ein weiterer Brite, nämlich Stephen Lawless brachte im Opernhaus Halle Händels "Ariodante" auf die Bühne, mit deutlich besserem Konzept. Das Händelfestspielorchester spielte unter dem italienischen Dirigenten Federico Maria Sardelli hervorragend, bei den Solisten glänzte besonders die Australierin Caitlin Hulcup.

    Eine Neuerung bei den diesjährigen Händelfestspielen war die Kooperation mit dem Bachfest in der Nachbarstadt Leipzig. So hatte man erstmals im Vorfeld ein gemeinsames Magazin erarbeitet als Beilage für die führenden deutschen Tageszeitungen. Außerdem wurde, da beide Festival erstmals drei Tage lang parallel stattfanden, eine Pauschalreise organisiert. Diese Zusammenarbeit ist in jedem Fall sinnvoll, da sie finanzielle Einsparungen bringt. In Zukunft soll die auch auf inhaltlicher Ebene ausgebaut werden, gemeinsame Veranstaltungen sind geplant.

    Händelfestspieldirektorin Hanna John verspricht sich davon vor allem neues Publikum aus dem Ausland als Ergänzung zu den britischen Stammgästen:

    "Wenn man in Leipzig durch die Stadt geht zum Bachfest, sind natürlich sehr viele Japaner unterwegs, da kann man fast ein bisschen neidisch werden. Ich hoffe, dass wir dann da auch ein paar mehr Japaner bekommen werden, und so wird das Bachfest vielleicht ein paar mehr Engländer zum Besuch anregen können."