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Nach dem nordkoreanischen Raketentest
Diplomatie statt Säbelrasseln

Nordkorea hat am Dienstag erneut eine Langstreckenrakete abgefeuert. Der Test stieß international auf Empörung. Gemessen an früheren Äußerungen gegenüber Nordkorea verzichtete US-Präsident Donald Trump diesmal aber auf Kriegsdrohungen - die USA setzen auf Diplomatie. In New York kommt der UNO-Sicherheitsrat zusammen.

Von Thilo Kößler | 29.11.2017
    In einer Bahnstation in Seoul in Südkorea stehen Menschen vor einem TV-Bildschirm, auf dem US-Präsident Donald Trump und Nordkoreas Machthaber Kim Jong-Un zu sehen sind.
    In einer Bahnstation in Seoul in Südkorea stehen Menschen vor einem TV-Bildschirm, auf dem US-Präsident Donald Trump und Nordkoreas Machthaber Kim Jong-Un zu sehen sind. Nordkorea hat gerade wieder eine Langstreckenrakete getestet. (AFP/ Jung Yeon-Je)
    Die Nachricht vom erneuten Raketentest Nordkoreas platzte mitten in die Bemühungen des Präsidenten, alle republikanischen Senatoren bei der umstrittenen Steuerreform auf seine Seite zu ziehen. Noch während die Rakete in Richtung Japan unterwegs war, wo sie nach 1.000 Kilometer Flug im Japanischen Meer niederging, wurde Trump durch Verteidigungsminister Mattis auf dem Laufenden gehalten. Dann erklärte Trump, man werde sich darum kümmern. Das sei eine Situation, mit der man umzugehen wisse.
    Keine erneute Kriegsdrohung, kein Säbelrasseln, keine weitere Ankündigung, Nordkorea zu vernichten – gemessen an früheren Äußerungen waren die Worte Trumps geradezu dürr und verhalten. Allerdings versicherte er, an der harten Haltung der USA gegenüber Nordkorea festhalten zu wollen.
    Bedrohung für die USA
    Es war Verteidigungsminister James Mattis, der in militärisch knappen Worten deutlich machte, dass es für Washington allen Anlass zur Besorgnis gebe: Die Rakete habe bei diesem Test eine Höhe wie keine andere zuvor erreicht, sagte Mattis. Womit der Verteidigungsminister nur angedeutet hatte, dass es bei den nordkoreanischen Raketentests unter dem Vorzeichen "schneller, höher, weiter", auch darum gehe, die Vereinigten Staaten von Amerika zu bedrohen.
    Statt auf Säbelrasseln setzen die USA erst einmal auf verstärkte diplomatische Bemühungen – mit Japans Premier Shinzo Abe vereinbarte Trump telefonisch eine noch engere Zusammenarbeit. Beide ersuchten den Weltsicherheitsrat um eine Sondersitzung noch an diesem Mittwoch. Es geht darum, den Druck auf Nordkorea weiter zu erhöhen – dafür braucht Donald Trump vor allem die chinesische Führung.
    Trump kommt mit seiner Steuerreform voran
    Indes nutzte der Präsident die Lage erst einmal dazu, im Streit um die geplante Steuerreform den Druck auf die Demokraten zu erhöhen. Eigentlich wollte Trump untertags mit den demokratischen Minderheitsführern im Repräsentantenhaus und Senat zusammenkommen. Doch nachdem Trump via Twitter eine Einigung von vornherein ausgeschlossen hatte, sagten Nancy Pelosi und Chuck Schumer das vereinbarte Treffen ab. Trump stellte sie deshalb unmittelbar nach dem nordkoreanischen Raketentest als unverantwortliche und unpatriotische Politiker dar. Die Lage habe sich nun aber geändert, und sie werde bei Pelosi und Schumer Wirkung zeigen, gab sich Trump überzeugt.
    Im Steuerstreit konnte der Präsident im Übrigen einen ersten Teilerfolg für sich verbuchen. Der Haushaltsausschuss des US-Senats überwies den Entwurf der Republikaner mit der denkbaren knappen Mehrheit von zwölf zu elf Stimmen zur Abstimmung an das Plenum des Senats. Für Trump, der das Reformvorhaben bis spätestens Weihnachten durch den Senat peitschen möchte, zumindest ein Etappensieg. Trotz möglicher Abweichler in den eigenen Reihen gab er sich zuversichtlich: Die Steuerreform geht durch, sagte er.