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Nach der Berlin-Wahl
CDU-Landeschef kündigt Rückzug an, Merkel gesteht Fehler ein

Nach der Wahl in Berlin hat Bundeskanzlerin Angela Merkel eine Teilverantwortung für das schlechte CDU-Ergebnis übernommen. Zugleich zieht der Chef der Landes-CDU Konsequenzen: Frank Henkel kündigt an, bei der nächsten Vorstandswahl nicht mehr anzutreten. Auch die anderen Berliner Parteien analysieren ihr Abschneiden.

19.09.2016
    Henkel vor dem blauen CDU-Backdrop, links im Vordergrund sieht man die unscharfe Silhouette eines Fotografen.
    Erklärungsbedarf: Frank Henkel bei der Pressekonferenz nach der Wahlniederlage. (dpa / Soeren Stache)
    Die Berliner CDU teilte mit, Frank Henkel werde bei der nächsten turnusmäßigen Wahl des Landes-Vorstands im kommenden Jahr nicht mehr kandidieren. Henkel hatte demnach im Präsidium sogar angeboten, sein Amt sofort zur Verfügung zu stellen. Die Landes-Spitze habe ihn aber gebeten, bis zur nächsten Vorstandswahl weiterzumachen. Sie ist ursprünglich für Mai oder Juni 2017 geplant. Jetzt überlegt die Partei aber, sie vorzuziehen.
    "Flüchtlingspolitik nachhaltiger erklären"
    Zuvor hatte Bundeskanzlerin Angela Merkel eine Teilverantwortung für das schlechte Abschneiden der CDU bei der Wahl übernommen. Das Ergebnis sei sehr bitter, sagte die CDU-Vorsitzende in der Hauptstadt. Ein Grund sei zweifellos die Wahrnehmung ihrer Flüchtlingspolitik. Die Bundesregierung habe in den vergangenen Jahren nicht alles richtig gemacht. Sie werde sich nachhaltiger bemühen, ihre Flüchtlingspolitik zu erklären. Die Partei hatte in der Hauptstadt mit 17,6 Prozent das schlechteste Ergebnis der Nachkriegsgeschichte eingefahren.
    Der CSU-Bundestagsabgeordnete Hans-Peter Uhl forderte angesichts der deutlichen Stimmenverluste der CDU eine Korrektur der bisherigen Flüchtlingspolitik Angela Merkels. Die große Koalition dürfe sich nicht weiter gegen den Willen der Wähler stellen, sagte Uhl im Deutschlandfunk. Auch der FDP-Vorsitzende Christian Lindner machte die Flüchtlingspolitik für den Ausgang der Wahl in Berlin verantwortlich. Es gibt laut Lindner inzwischen so etwas wie einen Merkel-Malus. Die FDP ist mit 6,7 Pozent wieder im Berliner Abgeordnetenhaus vertreten.
    SPD dringt mit sozialen Themen nicht mehr durch
    SPD-Generalsekretärin Katarina Barley beklagte nach der Wahl in Berlin, dass ihre Partei wegen der breiten Diskussion über die Flüchtlingspolitik mit Sozialthemen nicht mehr durchdringe. "Es ist ja so, dass über nichts anderes mehr gesprochen wird", sagte Barley im ARD-"Morgenmagazin". Für Themen wie den Ausbau von Kitaplätzen oder sozialen Wohnungsbau sei kein Platz mehr.
    Die SPD mit dem Regierenden Bürgermeister Michael Müller hat die Wahl zum Berliner Abgeordnetenhaus zwar mit 21,6 Prozent gewonnen, aber deutliche Verluste hinnehmen müssen. Für Thomas Oppermann, den Vorsitzenden der SPD-Bundestagsfraktion, liegt das schwache Abschneiden von SPD und CDU in Berlin auch an der Politik der Großen Koalition im Bund. "Eine Regierung ist aufgerufen, Probleme zu lösen und nicht nur darüber zu sprechen - wie Merkel und Seehofer", sagte der Sozialdemokrat.
    AfD nimmt Bundestagswahlen ins Visier
    Der Bundesvorsitzende der AfD, Jörg Meuthen, hat ein zweistelliges Ergebnis seiner Partei bei der Bundestagswahl im Visier und gleichzeitig ein Bündnis mit der Union ausgeschlossen. "Bei der Bundestagswahl muss stark mit uns gerechnet werden, das haben auch die anderen Parteien inzwischen begriffen."
    Seine Amtskollegin Frauke Petry ergänzte, sie sei überzeugt, dass die AfD die Erfolge bei den folgenden Landtagswahlen fortsetzen werde. Ihre Partei zeige, dass es alternative Politikansätze gebe.
    Linke steht für Regierung zur Verfügung
    Der Berliner Landesvorsitzende und Spitzenkandidat der Linken, Klaus Lederer, machte deutlich, dass seine Partei für ein Bündnis im Berliner Abgeordnetenhaus unter bestimmten Bedingungen zur Verfügung stehe. "Wenn wir eine andere Politik hinbekommen, die auf die Basta-Aussagen einer Partei verzichtet, die glaubt, sie hätte noch 40 Prozent, dann können wir es versuchen", richtete Lederer eine Mahnung an die SPD.
    (mg/tzi)