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Nachhaltige Entwicklung in Umwelt und Ernährung

Alles Banane – oder was?:

Von Thomas Wagner |
    Alles Banane – oder was?:

    Das ist eine Bananenart, Abaca, auf Botanisch 'Musa Textilis’, denn die produziert eigentlich als wichtigen Stoff eine Faser. Nicht Früchte, die irgendwo essbar wären.

    Ungenießbar und dennoch für Professor Friedhelm Göltenboth von der Universität Hohenheim ein gutes Beispiel für nachhaltige Entwicklungspolitik in der Landwirtschaft: Denn derzeit wird die Abaca-Banane nur auf den Philippinen und in Ecuador angebaut. Die Nachfrage steigt ständig, denn aus den Abacas lassen sich so manche nützliche Dinge fertigen:

    Vom Strick über Garn bis hin zu Textilstoffen einschließlich heute schon als Festigungsform in Papiergeld, zum Beispiel in Japan. Da wird sie schon überall eingesetzt.

    Hinzu kommt seit neuestem die Verwendung beim Karosseriebau in der Automobilindustrie. Dort ersetzen die Abaca-Bananen die herkömmlichen Glasfasern. Professor Göltenboth schreibt dem Projekt deshalb Vorbildcharakter zu, weil nicht nur der Anbau der Abaca-Bananen, sondern ein möglichst großer Anteil der Weiterverarbeitung in dem jeweiligen Herkunftsland verbleibt. An dem Beispiel lässt sich aber vor allem zeigen: Die Landwirtschaft gerade in Entwicklungsländern muss zunehmend an Aufgaben herangeführt werden, die über die reine Nahrungsmittelproduktion hinausgehen. Davon ist der Stuttgarter Agrarwissenschaftler felsenfest überzeugt. Und die Umwelt profitiert auch davon – vor allem dann, wenn die Abaca-Banane auf brachliegendem Gelände angebaut wird:

    Der große Vorteil ist, dass ich die ökologischen Funktionen in eine Landschaft wieder zurückbringe mit dieser einheimischen Pflanze und dass ich beim Recycling von so genannten Altlasten wie Autos eben einen thermischen Vorteil habe, indem ich eine Naturfaser habe und nicht irgendeinen Glasfaserkunststoff.

    Die Agrarforschung dürfe daher nicht nachlassen, nach weiteren Produktionsmöglichkeiten für die Landwirtschaft in den Entwicklungsländern zu suchen. Und: Potentielle Abnehmer in den Industrieländern müssen überzeugt werden, herkömmliche Kunststoffe durch Naturprodukte wie die Fasern der Abaca-Banane zu ersetzen. Denn eben solche Naturprodukte erweisen sich in Herstellung und Abbau CO-2-neutral. Das heißt: Bei der Produktion wird genauso viel des als "Klimakiller" bekannten CO-2-Gases verbraucht wie bei der Verrottung wieder entsteht. Das ist insofern wichtig, als dass gerade die weltweit steigende CO-2-Konzentration in der Atmosphäre zu einem bizarren Ergebnis führt – nämlich...:

    ...dass man chronischen Hunger hat, obwohl man eigentlich genügend ernährt ist.

    Hunger trotz ausreichend Essen im Magen – das Szenario, das Professor Andreas Fangmeier vom Institut für Landschafts- und Pflanzenökologie in Hohenheim als Folge der weltweit steigenden CO-2-Konzentration entwirft, klingt auf den ersten Blick widersprüchlich – ist es aber nicht. Denn tatsächlich haben die Agrarwissenschaftler errechnet, dass bei einer Verdoppelung der CO-2-Konzentration weltweit die landwirtschaftlichen Erträge ansteigen:

    CO-2- ist die Kohlenstoffquelle für die terrestrische Vegetation. Das heißt: Wenn Sie die Pflanzen in höherem CO-2-wachsen lassen, dann wachsen die besser, bringen bessere Erträge.

    Dass mit höherer CO-2-Konzentration auch höhere Agrarerträge einhergehen, scheint auf den ersten Blick eine willkommene Entwicklung – aber eben nur auf den ersten Blick:

    Ich sage nicht hurra, weil nicht die Menge dessen, was man erntet, entscheidet, sondern auch die Qualität und die Inhaltsstoff-Zusammensetzung. Und erhöhtes CO-2- verändert den Mechanismus: Es sorgt dafür, dass weniger Stickstoff enthalten ist, dass weniger Mikro-, Makro- und Spurenelemente enthalten sind, und deshalb ist das, was wir ernten, qualitativ erheblich schlechter unter erhöhtem CO-2-.

    Gerade in Entwicklungsländern würde dies einen gravierenden Zink- und Eisenmangel nach sich ziehen – Mangelernährung trotz gefüllter Bäuche wegen der zu hohen CO-2-Konzentration. Professor Fangmeier sieht in dieser Prognose eine weitere dringliche Herausforderung an die Agrarforschung:

    Wir brauchen Nahrungsmittel-Pflanzen, die entsprechend, trotz erhöhtem CO 2, mehr Nährstoffe, mehr essentielle Inhaltsstoffe enthalten.

    Was die Industrieländer aber keineswegs von der Pflicht entbinde, den CO-2-Ausstoß zu mindern. Das aber ist vor allem in Osteuropa vergleichbar mit Don Quiottes Kampf gegen Windmühlenflügel. Irina Osokina ist stellvertretende Ministerin für natürliche Ressourcen in der Russischen Förderation:

    Wir müssen unseren Managern beibringen, wie sie mit Umweltbelangen umzugehen haben – nicht nur, wie man Gewinn erwirtschaftet. Sie müssen lernen, dass sie sich in einem ökologischen System, einem ökologischen Netzwerk bewegen. Und sie müssen lernen, wie sie sich dort verantwortungsvoll zu verhalten haben Deshalb müssen unsere Manager von Ihnen im Westen lernen, wie man Spielregeln der Umweltpolitik gerade auch im Wirtschaftsleben umsetzt, welche Gesetze und Vorschriften es da gibt, und wie man sie anwendet.