Die Mülldeponie in Hannover-Lahe. Noch fliegen einige Möwen und Krähen über Hannovers höchsten Hügel, den Müllberg. Verzweifelt halten sie Ausschau nach den Müllwagen, die bis vor wenigen Wochen noch allerlei Leckereien anlieferten.
" Unsere Abfallentsorgungsfahrzeuge sind ja noch direkt aufs Kippfeld gefahren, haben direkt entladen, so dass so, wie Sie die Hähnchenknochen in den Müll geworfen haben, so kamen die auf den Berg, und das war natürlich ein gefundenes Fressen. Wir haben bei uns Bäume, da liegen Knöchelchen ohne Ende, das heißt: die Vögel haben die gepickt, sind damit auf die Bäume geflogen, haben sie abgenagt, ratzeputz abgenagt, und das war natürlich ein wunderbares Essensgemisch."
Berichtet Franziska Sanita von dem hannoverschen Entsorgungsunternehmen aha. Einige Tausend Vögel warteten hier auf ihr Essen auf Rädern.
" Die hatten hier optimale Bedingungen mit frischen Lieferungen von Essensresten, rund 1000 Kilo pro Tag gingen nur durch Vogelfraß weg, und sie hatten Schlafplätze, die Möwen, auf den nahe gelegenen Seen, auf dem Sonnensee und dem Maschsee und Schlafbäume für die Raben in der Eilenriede."
Zu den Stammgästen am Müllbüfett gehörten vor allem die Möwen: die kamen in riesigen Verbänden mit 6- 8000 Tieren. Und für eine reichhaltige Mahlzeit nahmen die Vögel auch einen Anflug von 30 bis 40 Kilometern in Kauf, berichtet Wilfried Meyer, der ein viel beachtetes Sachbuch über die Bedeutung der Müllkippe als Nahrungsmittel für Vögel und Säugetiere geschrieben hat. Der Zoologe sagt, dass die Vögel keineswegs Diät-Kost fraßen:
" Das Entscheidende ist dabei, dass hier ohne allzu hohen energetischen Aufwand die Tiere in der Lage sind, Material zu sammeln, das viel Energie enthält und auch viel Fett und viel Eiweiß. Man kann sagen: wenn es gut läuft, ist die Qualität wie bei einer Dose Hunde- oder Katzenfutter, Nassfutter. Wir haben bei unseren Analysen entdeckt, dass bei den Tieren, die sich Zeit nehmen, hauptsächlich gesucht wird nach gekochtem oder gebratenem Fleisch und nach Wurst, Es wird zum Teil gesucht nach Resten von Fettprodukten, alles was Fett enthält."
Neben den Lachmöwen und den Raben haben sich auch des Öfteren Greifvögel wie Milan oder Bussard über der Kippe sehen lassen - schließlich huschen auch etliche Mäuse über den Müllberg:
" Eigentlich sind Mäuse ein ideales Futter, weil die Mäuse enthalten Eiweiß, Fett und Mineralien, aber es macht auch einen gewissen Aufwand, eine Maus zu finden und auch festzuhalten, und anscheinend ist es einfacher, den Müll durchzusuchen."
Wilfried Meyer, Professor an der Tierärztlichen Hochschule Hannover, betont die Cleverness der Vögel. Die würden schnell spitz kriegen, wo es wann etwas Gutes zu essen gäbe. So habe er in einer Studie beobachten können, dass Krähen regelmäßig zu einem bestimmten Zeitpunkt den Innenhof eines Gefängnisses anflogen. Der Grund: die Inhaftierten warfen dort Essensreste aus den Zellen auf den Hof. Noch pfiffiger als die Krähen seien die Möwen:
" Es gibt interessante Untersuchungen aus England, die haben gezeigt, dass immer dann, wenn in küstennahem Müllkippen die Lastwagen kamen mit dem frischen Müll, die flogen dann von ihrem normalen Nahrungsgebiet weg, flogen dann dahin, genau pünktlich, und flogen wieder weg, wenn die Wagen weg waren, und flogen zurück zur Küste, um ihr normales Futter aufzunehmen."
Doch damit ist es nun zumindest in Deutschland vorbei. Der Hausmüll wird in Hallen biologisch behandelt, zusammengepresst und erst danach deponiert. Da bleibt für die Vögel nichts mehr zu holen oder zu picken. Da das beliebte Essen auf Rädern ausbleibt, haben sich die Möwen und Krähen schon nach Alternativen umgesehen.
" Sind es Gebiete, die in Regionen liegen, die Campingplätze, touristische Attraktionen haben, wo Müllbehälter sind, dann werden kleinere Verbände vor allem von Rabenvögeln dort suchen, aber es wird nicht zu größeren Verbänden kommen wie das früher der Fall war."
Der Campingplatz oder die Raststätte sind aber nichts im Vergleich zu dem reich gedeckten Müllbüfett. Die Folge für die Vögel:
" Die Population wird runter gehen, es werden nicht so viele Nachkommen hochgezogen werden können, weil die energiereiche Nahrung auf solchen Müllkippen dann nicht mehr vorhanden wäre, man muss schon dann mit erheblichen Ausfällen rechnen."
Wilfried Meyer ist sich sicher, dass künftig nicht mehr so viele Küken schlüpfen und dass nicht mehr so viele Jungtiere durchkommen werden, weil sie zu schwach sind:
" Es ist sogar nachgewiesen worden, dass eine Fütterung der Jungtiere mit Müll vermeidet, dass die Jungtiere Parasiten erhalten, das ist das Normale, dass Parasiten auftauchen bei Wildtieren und diese Müllgefütterten waren schneller größer und kräftiger und hatten keine Parasiten."
Und auch Franziska Sanita von dem hannoverschen Entsorgungsunternehmen trauert den Vögeln nach. Denn neben Möwen und Krähen konnte sie auf dem Müllberge viele - auch seltene Vogelarten beobachten. Doch das Vogelparadies hatte durchaus seine Schattenseite: Die Kunden des benachbarten Einkaufszentrums beschwerten sich regelmäßig über den ätzenden Vogelkot auf dem Autolack; und auch dem Entsorgungsunternehmen machten die Vögel zu schaffen: eine moderne Anlage, um Regenwasser zu speichern und zu verwerten, konnte nicht genutzt werden, weil die Möwen das Regenwasser als Schlafplatz entdeckten und das Wasser mit ihrem Kot kontaminierten. Doch nun ist Schluss mit der Vogelschar:
" Wir sehen das mit einem lachenden und einem weinenden Auge. Wir hatten ja auch sehr seltene Vogelarten zu Gast, ich erinnere mich an ein Paar Schwarzstörche, wir hatten Schwarzkopfmöwen, Eismöwen zu Gast. Das war schon spannend zu sehen, wie sich die Population ständig erweitert, und jetzt ist eine Ära zu Ende."
" Unsere Abfallentsorgungsfahrzeuge sind ja noch direkt aufs Kippfeld gefahren, haben direkt entladen, so dass so, wie Sie die Hähnchenknochen in den Müll geworfen haben, so kamen die auf den Berg, und das war natürlich ein gefundenes Fressen. Wir haben bei uns Bäume, da liegen Knöchelchen ohne Ende, das heißt: die Vögel haben die gepickt, sind damit auf die Bäume geflogen, haben sie abgenagt, ratzeputz abgenagt, und das war natürlich ein wunderbares Essensgemisch."
Berichtet Franziska Sanita von dem hannoverschen Entsorgungsunternehmen aha. Einige Tausend Vögel warteten hier auf ihr Essen auf Rädern.
" Die hatten hier optimale Bedingungen mit frischen Lieferungen von Essensresten, rund 1000 Kilo pro Tag gingen nur durch Vogelfraß weg, und sie hatten Schlafplätze, die Möwen, auf den nahe gelegenen Seen, auf dem Sonnensee und dem Maschsee und Schlafbäume für die Raben in der Eilenriede."
Zu den Stammgästen am Müllbüfett gehörten vor allem die Möwen: die kamen in riesigen Verbänden mit 6- 8000 Tieren. Und für eine reichhaltige Mahlzeit nahmen die Vögel auch einen Anflug von 30 bis 40 Kilometern in Kauf, berichtet Wilfried Meyer, der ein viel beachtetes Sachbuch über die Bedeutung der Müllkippe als Nahrungsmittel für Vögel und Säugetiere geschrieben hat. Der Zoologe sagt, dass die Vögel keineswegs Diät-Kost fraßen:
" Das Entscheidende ist dabei, dass hier ohne allzu hohen energetischen Aufwand die Tiere in der Lage sind, Material zu sammeln, das viel Energie enthält und auch viel Fett und viel Eiweiß. Man kann sagen: wenn es gut läuft, ist die Qualität wie bei einer Dose Hunde- oder Katzenfutter, Nassfutter. Wir haben bei unseren Analysen entdeckt, dass bei den Tieren, die sich Zeit nehmen, hauptsächlich gesucht wird nach gekochtem oder gebratenem Fleisch und nach Wurst, Es wird zum Teil gesucht nach Resten von Fettprodukten, alles was Fett enthält."
Neben den Lachmöwen und den Raben haben sich auch des Öfteren Greifvögel wie Milan oder Bussard über der Kippe sehen lassen - schließlich huschen auch etliche Mäuse über den Müllberg:
" Eigentlich sind Mäuse ein ideales Futter, weil die Mäuse enthalten Eiweiß, Fett und Mineralien, aber es macht auch einen gewissen Aufwand, eine Maus zu finden und auch festzuhalten, und anscheinend ist es einfacher, den Müll durchzusuchen."
Wilfried Meyer, Professor an der Tierärztlichen Hochschule Hannover, betont die Cleverness der Vögel. Die würden schnell spitz kriegen, wo es wann etwas Gutes zu essen gäbe. So habe er in einer Studie beobachten können, dass Krähen regelmäßig zu einem bestimmten Zeitpunkt den Innenhof eines Gefängnisses anflogen. Der Grund: die Inhaftierten warfen dort Essensreste aus den Zellen auf den Hof. Noch pfiffiger als die Krähen seien die Möwen:
" Es gibt interessante Untersuchungen aus England, die haben gezeigt, dass immer dann, wenn in küstennahem Müllkippen die Lastwagen kamen mit dem frischen Müll, die flogen dann von ihrem normalen Nahrungsgebiet weg, flogen dann dahin, genau pünktlich, und flogen wieder weg, wenn die Wagen weg waren, und flogen zurück zur Küste, um ihr normales Futter aufzunehmen."
Doch damit ist es nun zumindest in Deutschland vorbei. Der Hausmüll wird in Hallen biologisch behandelt, zusammengepresst und erst danach deponiert. Da bleibt für die Vögel nichts mehr zu holen oder zu picken. Da das beliebte Essen auf Rädern ausbleibt, haben sich die Möwen und Krähen schon nach Alternativen umgesehen.
" Sind es Gebiete, die in Regionen liegen, die Campingplätze, touristische Attraktionen haben, wo Müllbehälter sind, dann werden kleinere Verbände vor allem von Rabenvögeln dort suchen, aber es wird nicht zu größeren Verbänden kommen wie das früher der Fall war."
Der Campingplatz oder die Raststätte sind aber nichts im Vergleich zu dem reich gedeckten Müllbüfett. Die Folge für die Vögel:
" Die Population wird runter gehen, es werden nicht so viele Nachkommen hochgezogen werden können, weil die energiereiche Nahrung auf solchen Müllkippen dann nicht mehr vorhanden wäre, man muss schon dann mit erheblichen Ausfällen rechnen."
Wilfried Meyer ist sich sicher, dass künftig nicht mehr so viele Küken schlüpfen und dass nicht mehr so viele Jungtiere durchkommen werden, weil sie zu schwach sind:
" Es ist sogar nachgewiesen worden, dass eine Fütterung der Jungtiere mit Müll vermeidet, dass die Jungtiere Parasiten erhalten, das ist das Normale, dass Parasiten auftauchen bei Wildtieren und diese Müllgefütterten waren schneller größer und kräftiger und hatten keine Parasiten."
Und auch Franziska Sanita von dem hannoverschen Entsorgungsunternehmen trauert den Vögeln nach. Denn neben Möwen und Krähen konnte sie auf dem Müllberge viele - auch seltene Vogelarten beobachten. Doch das Vogelparadies hatte durchaus seine Schattenseite: Die Kunden des benachbarten Einkaufszentrums beschwerten sich regelmäßig über den ätzenden Vogelkot auf dem Autolack; und auch dem Entsorgungsunternehmen machten die Vögel zu schaffen: eine moderne Anlage, um Regenwasser zu speichern und zu verwerten, konnte nicht genutzt werden, weil die Möwen das Regenwasser als Schlafplatz entdeckten und das Wasser mit ihrem Kot kontaminierten. Doch nun ist Schluss mit der Vogelschar:
" Wir sehen das mit einem lachenden und einem weinenden Auge. Wir hatten ja auch sehr seltene Vogelarten zu Gast, ich erinnere mich an ein Paar Schwarzstörche, wir hatten Schwarzkopfmöwen, Eismöwen zu Gast. Das war schon spannend zu sehen, wie sich die Population ständig erweitert, und jetzt ist eine Ära zu Ende."