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Nationale und lokale Interessen

Finanzkrise hin oder her. Bangladesch ist eines der ärmsten Länder der Welt. Der sportliche Ehrgeiz ist es, der das Nachbarland Indiens dazu bewegt, im Nationalsport Hockey erstmals auf einen ausländischen Nationaltrainer zu setzen. Die Wahl fiel auf Oliver Kurtz, den ehemaligen deutschen Hockey-Nationalspieler und Olympiasieger von 1992.

Von Manfred Christoph |
    Oliver Kurtz blickt bei seiner ersten Station als Vereinstrainer auf eine erfolgreiche Saison beim ambitionierten THC Hürth zurück. Mit dem Klub vor den Toren Kölns gelang Kurtz in der Halle der Aufstieg in die Oberliga, auf dem Feld mussten sich die Hürther dem Ex-Klub des 37-Jährigen, Rot-Weiß Köln, knapp geschlagen geben. Jetzt wird der junge Familienvater Nationaltrainer von Bangladesch.

    "Korrekt. Das bin ich schon. Ich mache das zusammen mit dem Gerd Rach, der ist da praktisch Sportlicher Leiter und das läuft im Prinzip so ab, dass wir jetzt nach der Saison ... Am Montag sitze ich in der Maschine nach Russland zum Vier-Nationen-Turnier, weil wir da auch eine sehr junge Mannschaft haben, technisch sehr talentiert, die aber nicht gewohnt sind wirklich auf dem höchsten Niveau zu spielen und das müssen wir denen erst mal beibringen."

    Vor rund drei Monaten hat Kurtz hat den Trainerjob in einem der ärmsten Länder der Welt übernommen im Gespann mit Gerhard Rach, der als Sportlicher Leiter fungiert. Als Trainerassistent von Rach war der Kölner Kurtz für die Nationalmannschaft Indiens bei den Olympischen Spielen 2004 in Athen verantwortlich, musste aber nach dem enttäuschenden siebten Platz und Platz vier bei der Champions Trophy im Dezember darauf gehen. Im Anschluss war das Gespann 2005 sechs Monate für die Auswahl Ägyptens verantwortlich. Das Engagement des Duos in Bangladesch geht zunächst bis Anfang 2009, wie Kurtz erklärt:

    "Anfang Januar sind in Bangladesch die Süd-Asienspiele, wo der Generalsekretär hofft und wir sind dafür auch engagiert worden, dass wir da ein wenig näher an die Weltspitze - sprich Pakistan und Indien spielen da auch mit - dass wir hinter denen Dritter, vielleicht Zweiter oder vielleicht sogar eine Sensation schaffen, ganz einfach, weil dann auch der Verband sich erhofft, neue Sponsoren für den Hockeysport da gewinnen zu können."

    Kurtz fährt zweigleisig, nimmt die Doppelbelastung Vereinstrainer und Nationalcoach auf sich und fehlt damit an vielen Wochenenden seiner jungen Familie. Doch Hockey in Bangladesch hat - wie übrigens in Indien und Pakistan - den Stellenwert von Fußball hierzulande. Doch Hockey als einträgliche Einnahmequelle, bis dahin dauert es für Kurtz noch:

    "Es ist sehr schwierig, leben kann man davon nicht zurzeit noch, deswegen auch die Ausrichtung, dass wir gesagt haben: Okay, wir probieren die ganze Geschichte bis zum Januar und sollten sich dann da Sponsoren finden, die jetzt auch akquiriert werden, dann wird sich an den Tisch gesetzt und wird verhandelt. Im Moment ist es, sage ich mal, mehr oder weniger gegen die Reisekosten und so weiter."

    Heute war der letzte Spieltag für den THC Hürth in der Hockey-Oberliga, doch Kurtz hat keine Zeit an Urlaub zu denken. Bangladesch will beim Turnier mit Südafrika, Kanada und Gastgeber Russland Erfahrung auf internationaler Bühne sammeln. Und Kurtz muss nationale und lokale Interessen unter einen Hut bringen:

    "Im Prinzip bin ich jetzt über die Hockey-freie Zeit hier in Deutschland sehr viel unterwegs und dadurch, dass ich das mit dem Gerd Rach mir zusammen auch ein bisschen aufteilen kann, ist es so, dass wir uns die Sommermonate praktisch abwechseln oder auch zusammen dort sind beim Vier-Nationen-Turnier. Ab Mitte Juli geht die Saisonvorbereitung für die neue Saison los. Da sitze ich dann hier mit dem Klubvorstand zusammen beziehungsweise auch mit einigen Älteren der Mannschaft und dann werden wir das im Prinzip so organisieren und schon so aufgebaut haben, dass wir mit dem THC Hürth gut vorbereitet in die neue Saison starten."

    Nach dem Start in die neue Spielzeit wird Kurtz dann nach den Herbstferien - dem Übergang von der Feld- in die Hallensaison - seiner asiatischen Auswahlmannschaft mit Rat und Tat zur Seite stehen. Dank einer vorausschauenden Planung kommen die Familie und der Klub von Kurtz bis dahin nicht zu kurz:

    "Ich bin dann die Saison über hier, weil wir doch die meisten Nationalspieler von Bangladesch in der Regionalliga oder der 2. Bundesliga unterbringen und mit denen praktisch hier zwei bis drei Monate eine richtiges Trainingscamp machen ganz offiziell über die Regierung und da ist es dann so, dass ich mit dem Gerd zusammen assistieren werde."