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Neptun-Mond Triton
Eingefangener Kleinplanet wurde zur Eiswelt

Planetologie. - Die Eismonde von Jupiter, Saturn und Neptun gelten als die kältesten Orte des Sonnensystems. Dennoch sind sie offenbar nicht gefroren bis zum Kern, sondern höchst aktiv. Auf einer Nasa-Tagung in Pasadena diskutierten Wissenschaftler jetzt die jüngsten Entdeckungen.

Von Guido Meyer |
    Je weiter man sich hinaus ins äußere Sonnensystem begibt, desto ungewöhnlicher werden die Himmelskörper, die sich dort finden. Mehr noch als für die Planeten gilt das für ihre Monde. Neptun ist der achte und damit äußerste Planet. Er verfügt über – nach derzeitigem Kenntnisstand – vierzehn Monde.
    "Triton is the biggest moon of the planet Neptune. We’ve always known it was a strange world."
    Triton sei der größte Mond Neptuns, sagt William McKinnon von der Washington University in St. Louis im US-Bundesstaat Missouri. Triton ist etwa so groß wie der Erdmond – und er sei den Astronomen schon immer etwas schräg vorgekommen, so der Planetenforscher. Ein Grund dafür ist, dass er sich entgegengesetzt um die eigene Achse dreht wie Neptun. Außerdem umkreist er seinen Planeten auf einer extrem elliptischen Bahn.
    "Wahrscheinlich war Triton ursprünglich gar kein Mond von Neptun. Er dürfte sich vielmehr selbstständig als Kleinplanet im Kuiper-Gürtel am Rande des Sonnensystems gebildet haben, so wie Pluto. Irgendwann kam er Neptun zu nahe und wurde eingefangen."
    Mit seinem Statuswandel vom Kleinplaneten zum Mond veränderte sich womöglich auch der Aufbau des Himmelskörpers. Er wurde den Eismonden der Nachbarplaneten Saturn und Jupiter zunehmend ähnlicher.
    "Wir sehen zwar kein flüssiges Wasser auf Triton. Dafür haben wir aber eine Art von Eisvulkanen beobachtet. Ob sie flüssiges Wasser oder Wasserdampf speien, so wie die Geysire, die wir mittlerweile auf dem Jupitermond Europa und dem Saturnmond Enceladus beobachtet haben, können wir nicht genau sagen. Wahrscheinlich gibt es unter der Eiskruste aber einen Ozean, der den steinigen Kern des Mondes umhüllt."
    Die Eisvulkane auf Triton schießen das Wasser – in flüssiger, gasförmiger oder fester Form, als Eis – mehr als acht Kilometer hoch in die dünne Atmosphäre des Mondes. Triton ist mit einer Durchschnittstemperatur von -235 Grad der kälteste Ort im Sonnensystem. Das Wasser gefriert sofort, wird von den Winden der Atmosphäre weggetragen und fällt anderswo als Schnee zu Boden. Selbst die gesamte Atmosphäre gefriert teilweise aus und bildet gefrorene Stickstoffkappen an den Polen.
    "Bei der Frage, was die Eisvulkane antreibt, hatten wir zunächst folgende Idee: Wenn das Sonnenlicht durch Tritons Eishülle hindurch scheint, könnte es unter dem Eis Wasserdampf entstehen lassen. Irgendwann wäre der Druck dann so groß, dass der Wasserdampf an die Oberfläche schießt und dort eine Fontäne erzeugt."
    Die Planetologin Candice Joy Hansen vom Planetary Science Institute in Tucson, Arizona, gibt zu, dass Astronomen derzeit umdenken. Die Existenz von Geysiren auf den Monden Europa und Enceladus könnte auch die Eisvulkane auf Triton erklären. Denn da dieser sehr weit von der Sonne entfernt ist, ist es fraglich, ob deren Strahlung ausreichen würde, um die Eisvulkane anzutreiben.
    "Wir müssen unsere Daten wahrscheinlich anders interpretieren. Könnten die Geysire auf Triton nicht auch andere Ursachen haben – womöglich die gleichen, die sie auch auf den Eismonden Europa und Enceladus sprudeln lassen? Seit Triton von Neptun eingefangen und auf eine elliptische Umlaufbahn gezwungen wurde, ist er enormen Anziehungskräften Neptuns ausgesetzt. Er wird regelrecht durchgeknetet. Und die ständige Reibungswärme, die dabei entsteht, könnte dafür gesorgt haben, dass der Ozean unter der Eisdecke bis heute flüssig blieb."
    Flüssiges Wasser - das ist die Grundlage für Leben, wie wir es kennen. Das weitere Interesse der Planetenforscher ist Triton deshalb genauso gewiss wie den Eismonden Titan, Enceladus, Ganymed und Europa.