Maier: "Die Netzeitung hat mittlerweile 60 Arbeitsplätze geschaffen, die es vorher nicht gab ( ... ) Wir machen Qualitätsjournalismus im digitalen Bereich."
Sagte der damalige Chefredakteur Michael Maier noch im November vorigen Jahres. Einen Monat später verließ er das Blatt, um sich dem Bürgerjournalismus-Projekt "Readers Edition" zu widmen. Seitdem ist die Netzeitung, die erste deutsche Tageszeitung, die nur im Internet erscheint, nicht mehr zur Ruhe gekommen.
Von den 60 Jobs ist nach einer Entlassungswelle Anfang des Jahres kaum jeder Zweite übrig geblieben. Anfang Juli übernahm die Finanzgruppe um den Briten David Montgomery die Netzeitung. Zwei Chefredakteure gingen, an ihre Stelle trat zum 1. August Domenika Ahlrichs, die bisherige Stellvertreterin:
"Wir sind weiter eine Vollredaktion, die keinen Printtitel im Hintergrund hat. Das sage ich jetzt bewusst, denn das ist auch etwas, was uns ausmacht, dass wir nicht gestärkt werden durch einen Namen, den es schon gibt. Sondern wir uns immer selbst behaupten müssen, und deshalb auch ne gewisse Kampfeslust und - man kann es fast sagen - Guerillataktik geübt haben."
Keinen Printtitel im Hintergrund? Eine kühne These, schließlich ist der neue Eigner Montgomery zugleich Chef der Berliner Verlag Deutsche Zeitungsholding, die unter anderem die Berliner Zeitung herausgibt. Diese wiederum betreibt das Internetportal Berlin Online. Nicht wenige Netzeitung-Mitarbeiter fürchten nun, bei einer Verzahnung der Netzeitung mit Berlin Online auf der Strecke zu bleiben. Auch eine Aufweichung des bisherigen Qualitätsjournalismus wird befürchtet. Die neue Chefredakteurin beschwichtigt. Synergien mit Berlin Online sieht sie vor allem im Vertriebsbereich. Inhaltlich gebe es nur wenig Überschneidung,
" ... denn wir sind als eine Zeitung oder ein Nachrichtenportal im Internet natürlich an journalistischen Inhalten interessiert und bieten, die unseren Lesern, während 'Berlin Online' doch als Stadtportal oder als Anbieter von Serviceleistungen für Menschen, die sich für Berlin interessieren oder in Berlin leben, einen anderen Schwerpunkt hat."
Martin Dieckmann, medienpolitischer Referent der Medien- und Dienstleistungsgewerkschaft ver.di, ist da eher skeptisch. Montgomery übernehme zwar eine gut positionierte Online-Plattform. Aber:
"Das ist nun mal das Problem von Objekten wie der Netzeitung, dass reine Online-Portale, die keinen Hintergrund haben im Printbereich, große Refinanzierungsprobleme haben, während die Refinanzierung im Online-Bereich erheblich leichter ist, wenn sie auf der Grundlage von Printobjekten stattfinden."
Man kann gespannt darauf sein, wie unabhängig die Inhalte der Netzeitung künftig gestaltet werden. Anders als in einigen Medien kolportiert soll es bei der bisherigen klassischen Ressortaufteilung bleiben. Lediglich eine Auflockerung von Formaten sei angestrebt, versichert Ahlrichs.
Auch sollen Texte mit Videos, Blogs und Links zu anderen Internetseiten angereichert werden. Und natürlich setzt die Netzeitung auch auf die neuen Möglichkeiten des Web 2.0 und Beiträge der Community: Die Leser sollen per Kommentar, per Voting, in Quiz-Formaten interaktiv die Zeitung mitgestalten.
Dass die Netzeitung noch kein Geld verdient, ist ein offenes Geheimnis. Medienspekulationen über eine angebliche Pleite wurden von der neuen Geschäftsführung erst vor zwei Wochen umgehend dementiert. Wie lange aber wird der knallharte Businessman Montgomery still halten?
Ahlrichs: "Es gibt keine Vorgabe, wann wir schwarze Zahlen schreiben müssen, sondern es gibt mehr so die Stimmung, die besagt: Es wird schwarze Zahlen geben."
Zweckoptimismus oder reale Chance - das muss die Zukunft zeigen. Ahlrichs hat auch schon Ideen, wie sich die Profitabilität der Netzeitung erhöhen ließe. Etwa durch eine Öffnung des bislang kostenloses Archivs für die Suche in Google, um die Klickzahlen zu steigern. Ver.di-Referent Dieckmann bleibt bei seiner Skepsis:
"Da muss man sehr genau hinkucken, ob die Qualität der Netzeitung noch gehalten wird oder in welche Richtung das gesteuert werden soll. Da sind heute, wenn Sie sehen, in welchen Kategorien sich Presseportale bewegen, alles möglich und auch alles zu befürchten."
Sagte der damalige Chefredakteur Michael Maier noch im November vorigen Jahres. Einen Monat später verließ er das Blatt, um sich dem Bürgerjournalismus-Projekt "Readers Edition" zu widmen. Seitdem ist die Netzeitung, die erste deutsche Tageszeitung, die nur im Internet erscheint, nicht mehr zur Ruhe gekommen.
Von den 60 Jobs ist nach einer Entlassungswelle Anfang des Jahres kaum jeder Zweite übrig geblieben. Anfang Juli übernahm die Finanzgruppe um den Briten David Montgomery die Netzeitung. Zwei Chefredakteure gingen, an ihre Stelle trat zum 1. August Domenika Ahlrichs, die bisherige Stellvertreterin:
"Wir sind weiter eine Vollredaktion, die keinen Printtitel im Hintergrund hat. Das sage ich jetzt bewusst, denn das ist auch etwas, was uns ausmacht, dass wir nicht gestärkt werden durch einen Namen, den es schon gibt. Sondern wir uns immer selbst behaupten müssen, und deshalb auch ne gewisse Kampfeslust und - man kann es fast sagen - Guerillataktik geübt haben."
Keinen Printtitel im Hintergrund? Eine kühne These, schließlich ist der neue Eigner Montgomery zugleich Chef der Berliner Verlag Deutsche Zeitungsholding, die unter anderem die Berliner Zeitung herausgibt. Diese wiederum betreibt das Internetportal Berlin Online. Nicht wenige Netzeitung-Mitarbeiter fürchten nun, bei einer Verzahnung der Netzeitung mit Berlin Online auf der Strecke zu bleiben. Auch eine Aufweichung des bisherigen Qualitätsjournalismus wird befürchtet. Die neue Chefredakteurin beschwichtigt. Synergien mit Berlin Online sieht sie vor allem im Vertriebsbereich. Inhaltlich gebe es nur wenig Überschneidung,
" ... denn wir sind als eine Zeitung oder ein Nachrichtenportal im Internet natürlich an journalistischen Inhalten interessiert und bieten, die unseren Lesern, während 'Berlin Online' doch als Stadtportal oder als Anbieter von Serviceleistungen für Menschen, die sich für Berlin interessieren oder in Berlin leben, einen anderen Schwerpunkt hat."
Martin Dieckmann, medienpolitischer Referent der Medien- und Dienstleistungsgewerkschaft ver.di, ist da eher skeptisch. Montgomery übernehme zwar eine gut positionierte Online-Plattform. Aber:
"Das ist nun mal das Problem von Objekten wie der Netzeitung, dass reine Online-Portale, die keinen Hintergrund haben im Printbereich, große Refinanzierungsprobleme haben, während die Refinanzierung im Online-Bereich erheblich leichter ist, wenn sie auf der Grundlage von Printobjekten stattfinden."
Man kann gespannt darauf sein, wie unabhängig die Inhalte der Netzeitung künftig gestaltet werden. Anders als in einigen Medien kolportiert soll es bei der bisherigen klassischen Ressortaufteilung bleiben. Lediglich eine Auflockerung von Formaten sei angestrebt, versichert Ahlrichs.
Auch sollen Texte mit Videos, Blogs und Links zu anderen Internetseiten angereichert werden. Und natürlich setzt die Netzeitung auch auf die neuen Möglichkeiten des Web 2.0 und Beiträge der Community: Die Leser sollen per Kommentar, per Voting, in Quiz-Formaten interaktiv die Zeitung mitgestalten.
Dass die Netzeitung noch kein Geld verdient, ist ein offenes Geheimnis. Medienspekulationen über eine angebliche Pleite wurden von der neuen Geschäftsführung erst vor zwei Wochen umgehend dementiert. Wie lange aber wird der knallharte Businessman Montgomery still halten?
Ahlrichs: "Es gibt keine Vorgabe, wann wir schwarze Zahlen schreiben müssen, sondern es gibt mehr so die Stimmung, die besagt: Es wird schwarze Zahlen geben."
Zweckoptimismus oder reale Chance - das muss die Zukunft zeigen. Ahlrichs hat auch schon Ideen, wie sich die Profitabilität der Netzeitung erhöhen ließe. Etwa durch eine Öffnung des bislang kostenloses Archivs für die Suche in Google, um die Klickzahlen zu steigern. Ver.di-Referent Dieckmann bleibt bei seiner Skepsis:
"Da muss man sehr genau hinkucken, ob die Qualität der Netzeitung noch gehalten wird oder in welche Richtung das gesteuert werden soll. Da sind heute, wenn Sie sehen, in welchen Kategorien sich Presseportale bewegen, alles möglich und auch alles zu befürchten."