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Neue Disziplin der Frauen
Monobob-WM als Trostpreis

Bei Bob-WM in Altenberg gibt es für die Sportlerinnen eine Premiere. Erstmals wird im Monobob, den eine Pilotin alleine fährt, ein Titel vergeben. Die neue Disziplin soll laut Weltverband für mehr Gleichberechtigung sorgen. Die deutsche Olympiasiegerin Mariama Jamanka hätte sich aber etwas anderes gewünscht.

Von Caroline Kuban | 13.02.2021
Mariama Jamanka beim Monobob-Weltcup in Innsbruck im Dezember 2020.
Mariama Jamanka muss sich mit dem Monobob noch anfreunden. (www.imago-images.de)
Anschieben – reinspringen – gleiten lassen. Es ist nicht einfach, 162 Kilo allein in Bewegung zu bringen. Doch wenn der Monobob erstmal in Fahrt ist, wird er federleicht. Und dann ist es schwierig, ihn im Eiskanal auf Linie zu halten. Monobobs sind viel instabiler als Zweier- oder Viererbobs. Davon kann auch Mariama Jamanka ein Lied singen. Die amtierende Olympiasiegerin konnte sich bisher noch nicht anfreunden mit der neuen Disziplin. Auch nicht nach den ersten Erfahrungen beim Weltcup in Innsbruck.

Eine "rutschige Angelegenheit"

"Es ist ungefähr, wie wenn man sich vorstellt, wenn man mit unseren Eis-Spikes auf eine Eisfläche läuft, im Vergleich zu normalen Spikes, im Vergleich zu Turnschuhen. Monobob ist einfach eine extrem rutschige Angelegenheit, man driftet eigentlich nur von Kurve zu Kurve, und muss da einfach ganz andere Linien finden, in ganz anderen Bereichen Bob fahren, als man das jetzt mit einem Zweier oder Vierer tun würde. Und dadurch, dass wir da noch sehr am Anfang sind mit der ganzen Sache, ist es natürlich schwierig, da diese Linien zu finden momentan. Es ist einfach so ein Rumdoktern und Ausprobieren und Versuchen und Schauen, dass man das irgendwie hinbekommt."
Für die deutschen Athletinnen ist es ein Sprung ins kalte Wasser. Sie haben nicht nur die erste Monobob-WM in diesem Jahr, sondern die erste Saison mit Monobob überhaupt. Anders als bei den Vierern und Zweiern handelt es sich bei den Geräten des deutschen Teams um Einheitsbobs. Durch einen Engpass konnte der Hersteller erst mitten in der Saison liefern – somit konnten die Athletinnen auch erst spät mit dem Training beginnen. Jamanka hat in diesem Jahr ihre ersten Monobob-Abfahrten überhaupt absolviert.
Monobob-Teilnahme ist bei Olympia Pflicht
Wer an den Olympischen Spielen 2022 in Peking teilnehmen will, kommt daran aber nicht vorbei. Denn der Weltverband IBSF schreibt qualifizierten Zweier-Bob-Pilotinnen auch die Teilnahme im Monobob vor. Ziel der Neuerung ist mehr Gleichberechtigung für Frauen im Wintersport. Bisher war es nämlich so, dass die Männer mit Vierer- und Zweierbob eine Disziplin mehr hatten als die Frauen. Und damit auch mehr Medaillenchancen. Die Athletinnen hätten aber lieber einen zusätzlichen Wettbewerb im Viererbob gehabt. So auch Mariama Jamanka. Bedeutet die neue Monobob-Disziplin für sie tatsächlich mehr Gleichberechtigung?
"Nein, gar nicht. Weil: dieser Monobob, da fährt halt eine Athletin, und im Viererbob fahren vier Athletinnen, das ist ein Verhältnis von 4 Medaillen zu einer Medaille, und dadurch, dass das Reglement auch nun so geschrieben ist, dass es wirklich pilotengebunden ist, also die Pilotin, die im Zweierbob fährt, muss dann auch im Monobob fahren, ist es nun auch so, dass keine Anschieberin stattdessen mal Monobob fahren kann, dass man sagen könnte, dass die Anschieber wenigstens auch irgendwas von diesem Wettkampf haben, sondern es sind eben einfach die gleichen Pilotinnen, die auch Zweier fahren, von daher find ich das in keiner Weise gleichberechtigt."

Jamanka hätte lieber Viererbobwettbewerb

Der Viererbob-Wettkampf ist zu gefährlich, die Schlitten zu schwer zu tragen, und Interessentinnen gibt es auch zu wenig, argumentierte das IOC vor fünf Jahren. Jamanka hält dagegen:
"Also ich denke, es wäre sinnvoll gewesen in dem Zusammenhang, sich einfach mal zwei Olympia-Zyklen Zeit zu nehmen, bevor man etwas olympisch macht, so dass man halt auch entsprechend das Format dafür und auch die Athleten dafür finden kann."

Die interne Konkurrenz ist groß

Die Olympiaveranstalter halten den Monobob für einen gelungenen Kompromiss. Die Athletinnen haben sich damit abgefunden und sind fleißig am Üben. Auch Jamanka, die zur Zeit noch hinterherfährt. Die Olympia-Qualifikation dürfte spannend werden. Gibt es doch derzeit vier gleichstarke Frauen-Bob-Teams im deutschen Verband BSD, aber nur drei dürfen antreten in Peking. Erste Trainingsfahrten auf der Olympia-Bahn soll es im Oktober geben.
"Man ist sehr aufgeregt. Wir kennen die Bahn halt alle noch nicht, als Bobfahrer ist man sehr darauf angewiesen auf die Bahnkenntnisse, auf die Details in der Bahn, je mehr Fahrten man auf einer Bahn hat, desto besser, von daher sind wir alle sehr gespannt. Man hat halt schon vieles gehört, mit dem gigantischen Kreisel, es soll der größte Kreisel sein, der jemals auf einer Bobbahn gebaut wurde, die Bahn ist insgesamt sehr lang."

Olympische Spiele im autoritären Staat stehen bevor

Über 1975 Meter führen 16 Kurven im kommenden Jahr zum olympischen Erfolg in China. Der Olympia-Ausrichter ist ein autoritärer Staat. Laut Menschenrechtsorganisationen hat sich dort seit den Sommerspielen 2008 die Lage sogar noch verschlechtert. Dennoch steht für Mariama Jamanka der sportliche Aspekt im Vordergrund:
"Man hat nur alle vier Jahre die Chance, daran teilzunehmen, und es ist halt was, was für jeden Sportler das Highlight der sportlichen Karriere ist. Die meisten Sportler träumen ihr Leben lang davon, zu den olympischen Spielen zu kommen, und schaffen es nicht, beziehungsweise wenn sie es schaffen, geht für sie ein Lebenstraum in Erfüllung, und das ist dann halt etwas, wo man sagen muss: Da kann man den Menschen halt auch nicht vorwerfen, wenn sie sagen: Ja, es ist vielleicht nicht das perfekte Land dafür, aber es ist halt mein Traum."