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Auf seichten Schwingen zur Goldmedaille

"Dabei sein ist alles" - das dachte sich auch der Skispringer Michael Edwards, der bei den Olympischen Winterspielen in Calgary 1988 für Großbritannien an den Start ging. Der Spielfilm "Eddie the Eagle - Alles ist möglich", der diese Woche in die Kinos kommt, erzählt seine Geschichte. Die weiteren Neustarts sind das Spielfilmdebüt "Im Spinnwebhaus" von Mara Eibl-Eibesfeldt und der Dokumentarfilm "Café Waldluft" von Matthias Koßmehl.

Von Jörg Albrecht | 30.03.2016
    Skisprunglegende Michael Edwards (Taron Egerton) mit seinem Trainer (Hugh Jackman)
    Skisprunglegende Michael Edwards (Taron Egerton) mit seinem Trainer (Hugh Jackman) (2016 Twentieth Century Fox)
    "Café Waldluft"
    "Hallo! Grüß Gott! Ja, wir haben im Moment keine Zimmer mehr frei, weil wir seit zweieinhalb Jahren an Asylbewerber vermieten. Tut mir leid."
    Anrufern, die ein Zimmer bei ihr buchen wollen, muss Flora Kurz einen Korb geben. Denn die Eigentümerin vom Café Waldluft in Berchtesgaden beherbergt vor der imposanten Kulisse der Alpen in einem ehemaligen Ausflugshotel anstelle von Touristen jetzt ausschließlich Flüchtlinge. Viele der Gäste leben schon seit Jahren unter ihrem Dach, so dass eine gewisse Routine in den Abläufen eingekehrt ist. Selbst die Probleme, die es anfangs vor allem mit Einheimischen gegeben hat, sind mehr oder weniger vergessen.
    "Es war für die Leute ein Schock. Wir haben Anrufe bekommen, die nicht gerade gut waren. Es war am Anfang nicht so ganz leicht, so dass wir schon gedacht haben: Hätten wir es doch besser nicht gemacht!"
    "Mama" wird sie liebe- und respektvoll genannt von den Männern, die aus Ländern wie Afghanistan, Syrien und Sierra Leone geflohen sind. Der Filmemacher Matthias Koßmehl, der aus der Umgebung von Berchtesgaden stammt, schildert den Alltag im Café Waldluft unkommentiert. Ein Alltag, der sich durch ein harmonisches Miteinander auszeichnet - außer beim Thema Essen.
    "Guten Tag!"
    "Hast du Fisch?"
    "Ich habe jetzt keinen Fisch."
    "Du musst mal mit Mama reden. Immer das gleiche Essen."
    "Das ist kein Wunschkonzert."
    Immer wieder werden die Momentaufnahmen ergänzt durch die Lebensgeschichten der Flüchtlinge. Mit persönlichem Engagement und Pragmatismus beweist Flora Kurz, dass Zusammenleben und Integration möglich sind. Sogar an einem Ort, an dem allein die Postkartenkulisse Ressentiments suggerieren könnte. Matthias Koßmehl ist ein Mut machender Beitrag gelungen angesichts der Perspektivlosigkeit in der Flüchtlingskrise.
    "Café Waldluft": empfehlenswert
    "Im Spinnwebhaus"
    Die unbeschwerten Stunden, in denen Sabine mit ihren drei Kindern herumgetollt hat, sind erst einmal vorbei. Die alleinerziehende Mutter ist vollkommen überfordert und nimmt sich eine Auszeit. Da ihr Plan scheitert, die Kinder dem Vater solange zu überlassen, sieht Sabine keinen anderen Ausweg: Die Drei müssen eine Zeit lang allein klarkommen.
    "Ich bekomme hier keine Luft mehr. Ich habe solche Angst. Vor mir und vor den Dämonen."
    "Was sind das eigentlich für Dämonen?"
    "Das ist ein Geheimnis. Ich besiege sie dieses Mal. Versprochen!"
    Mehr verrät der Film nicht über die psychischen Probleme der Mutter. Regisseurin Mara Eibl-Eibesfeldt hat aus dem Stoff kein Sozialdrama gemacht. In ihrem in Schwarz-Weiß gedrehten Film "Im Spinnwebhaus" konzentriert sie sich ganz auf die Kinder, vor allem auf den zwölfjährigen Jonas, den Ältesten der Drei.
    "So, wir machen das jetzt alles so wie wenn die Mama da wäre. Und du sagst nichts! Wir alle sagen nichts."
    Wie das Trio seine von der Mutter gestellte Aufgabe bewältigt, erinnert in Form und Inhalt an ein Märchen. Das ist hin und wieder etwas zu versponnen und metaphorisch, verleiht diesem Spielfilmdebüt aber auch eine ganz eigene, spezielle Note.
    "Im Spinnwebhaus": akzeptabel
    "Eddie the Eagle – Alles ist möglich"
    "Mum, wo ist denn mein lila Rucksack?"
    "Wieso? Willst du kämpfen gehen?"
    "Nein. Ich muss nach Deutschland. Ich werde olympischer Skispringer."
    Seit seiner Kindheit träumt der Brite Michael Edwards davon: Er will zu den Olympischen Spielen. Das Problem nur: Bislang hat Michael in keiner einzigen Sportart geglänzt. Und er hat einige ausprobiert. Jetzt also will er es als Skispringer versuchen. Er wäre der erste in der Geschichte seines Landes.
    "Ich habe das noch nie vorher gemacht. Es ist deutlich höher, als ich erwartet hatte."
    Ein untersetzter Kerl mit dicken Brillengläsern, der sich mutig und irrsinnig eine Skisprungschanze hinunter stürzt, wird zur Witz- und Kultfigur. Natürlich schreit die Geschichte des Michael Edwards, den alle nur noch "Eddie the Eagle" nennen, weniger nach einer wahrheitsgetreuen Filmbiographie als vielmehr nach einer Komödie. Obwohl Regisseur Dexter Fletcher seinen von Taron Egerton gespielten Titelhelden in die Nähe einer Karikatur rückt, macht sich der Film jedoch nie über ihn lustig.
    "Du willst deinen Moment, Eddie Edwards? Ich verschaffe dir deinen Moment. Aber es wird höllisch wehtun."
    In der Filmgeschichte bekommt "Eddie the Eagle" einen Trainer zur Seite gestellt, den er im wirklichen Leben nie hatte. Hugh Jackman spielt einen einst erfolgreichen Skispringer, der dafür sorgt, dass sein Schützling die waghalsigen Aktionen nicht mit dem Leben bezahlt.
    Mehr als seichtes, aber launiges Unterhaltungskino sollte man nicht von "Eddie the Eagle – Alles ist möglich" erwarten. Damit steht der Film in der Tradition der Komödie "Cool Runnings". Die hat mit dem jamaikanischen Bob-Team gleich vier Exoten der Olympischen Spiele von Calgary 1988 zu Filmhelden gemacht.
    "Eddie the Eagle – Alles ist möglich": akzeptabel