Ein Land auf der Suche nach einer neuen Identität.
" Tschechen und Slowaken hatten ja nichts besseres zu tun, als ihren gemeinsamen Staat zu zerstören. Wegen dieser alten stupiden Idee, dass jedes Volk seinen eigenen Staat brauche. Darunter leidet jetzt natürlich vor allem die slowakische Kultur. "
Der Schriftsteller Valdimir Balla spricht aus, was viele slowakische Intellektuelle denken. Seit der Trennung von Tschechien und damit von der großen Kulturmetropole Prag, geht es in Bratislava kulturell bergab. Prag hat jahrzehntelang die Kultur der slowakischen Provinzstädte mitfinanziert - und inspiriert. Nun ist alles einfach weg gebrochen, meint auch Marian Hatala, der Bratislaver Redakteur der Revue der Slowakischen Literatur:
"Vor der Wende gab es gemeinsame Zeitschriften hüben und drüben, die eng zusammengearbeitet haben. Nach der Wende ist die Situation ganz anders. Man weiß entweder weniger voneinander, oder die Zeitschriften gibt es nicht mehr. Zum Beispiel Kulturny Bratislava - das Kulturleben in Bratislava. Und die anderen haben sehr große finanzielle Probleme, werden sehr mäßig seitens des Staates unterstützt und gefördert. "
Das Gleiche gilt für die renommierten Verlage des Landes. Die Literatur-Szene schläft ein. In den Cafés gibt es keine Literaturkreise und Diskussionsabende mehr, die kleinen privaten Avantgardetheater haben dicht gemacht. Die staatliche slowakische Kulturpolitik, die jährlich vier Prozent des BIP für kulturelle Prestige-Projekte ausgibt, fördert dagegen Inszenierungen von slowakischen Volksopern wie - Krutnava - Wirbel oder solche Studien, die herausfinden, welche der Nationalhelden "rein slowakisch" sind und welche nicht. Ein öder Nationalismus macht sich breit.
"Na ja, neuerdings gibt es den Streit zwischen Polen und Slowaken. Welcher Abstammung war eigentlich dieser Janosik, Juraj Janosik. Das war ein Nationalheld. War es ein Pole oder ein Slowake, wer weiß. "
Nun haben die slowakischen Intellektuellen vom Trübsalblasen und Nationalhelden suchen genug - und rufen zum Umdenken auf. Gut zehn Millionen Tschechen sind weg, dafür ist die kleine Slowakei mit ihren vier Millionen Einwohnern ein Landstrich, voller unterschiedlicher Kulturen: Ungarn, Roma, Ruthenen, Polen und Ukrainer leben dort. Gemeinsam mit dem Münchner Collegium Carolinium und dem Südost-Institut haben sie die Tagung; "Was ist slowakische Geschichte" organisiert - ausgestrahlt vom Privatsender Markiza. Hier diskutierten zum allerersten Mal öffentlich europäische Historiker über den Mythos des Grossmährischen Reiches - der heute selbst noch in slowakischen Geschichtsbüchern erzählt, woher die Slowaken angeblich stammen.
" Bis heute wird nicht wirklich gesagt, dass auch wir aus vielen Nationen zusammengesetzt sind. Wir werden immer noch als "reine" Westslaven mit den Mähren und Tschechen zusammengesteckt. "
Mit der Kunstmühle von Szentendre arbeiten sie zur Zeit an einer Ausstellung der Roma-Maler Mittelosteuropas, die genau an dem Ort gezeigt werden soll, wo die slowakischen Roma demonstrierten, als ihnen bei der Staatsgründung 1993 zeitweilig die Staatsbürgerschaft entzogen wurde.
Und wie in diesem Jahr, so ist auch für das Frühjahr 2006 eine große Lesung junger slowakischer Autoren geplant - nur 6o Kilometer von Bratislava entfernt im Museumsquartier in Wien. Solche Netzwerk-Projekte sollen die Slowakei "öffnen"; So dass einerseits die Menschen in der Slowakei das Multikulturelle ihres eigenen Landes und ihren traditionellen Bezug zu Polen, Österreich und Ungarn erkennen. Und dass andererseits auch diese Staaten die Slowakei künstlerisch und intellektuell wieder wahrnehmen. Das - so hoffen Valdimir Balla und Marian Hatala - wird dann auch die slowakische Kulturszene wieder wachrütteln.
" Tschechen und Slowaken hatten ja nichts besseres zu tun, als ihren gemeinsamen Staat zu zerstören. Wegen dieser alten stupiden Idee, dass jedes Volk seinen eigenen Staat brauche. Darunter leidet jetzt natürlich vor allem die slowakische Kultur. "
Der Schriftsteller Valdimir Balla spricht aus, was viele slowakische Intellektuelle denken. Seit der Trennung von Tschechien und damit von der großen Kulturmetropole Prag, geht es in Bratislava kulturell bergab. Prag hat jahrzehntelang die Kultur der slowakischen Provinzstädte mitfinanziert - und inspiriert. Nun ist alles einfach weg gebrochen, meint auch Marian Hatala, der Bratislaver Redakteur der Revue der Slowakischen Literatur:
"Vor der Wende gab es gemeinsame Zeitschriften hüben und drüben, die eng zusammengearbeitet haben. Nach der Wende ist die Situation ganz anders. Man weiß entweder weniger voneinander, oder die Zeitschriften gibt es nicht mehr. Zum Beispiel Kulturny Bratislava - das Kulturleben in Bratislava. Und die anderen haben sehr große finanzielle Probleme, werden sehr mäßig seitens des Staates unterstützt und gefördert. "
Das Gleiche gilt für die renommierten Verlage des Landes. Die Literatur-Szene schläft ein. In den Cafés gibt es keine Literaturkreise und Diskussionsabende mehr, die kleinen privaten Avantgardetheater haben dicht gemacht. Die staatliche slowakische Kulturpolitik, die jährlich vier Prozent des BIP für kulturelle Prestige-Projekte ausgibt, fördert dagegen Inszenierungen von slowakischen Volksopern wie - Krutnava - Wirbel oder solche Studien, die herausfinden, welche der Nationalhelden "rein slowakisch" sind und welche nicht. Ein öder Nationalismus macht sich breit.
"Na ja, neuerdings gibt es den Streit zwischen Polen und Slowaken. Welcher Abstammung war eigentlich dieser Janosik, Juraj Janosik. Das war ein Nationalheld. War es ein Pole oder ein Slowake, wer weiß. "
Nun haben die slowakischen Intellektuellen vom Trübsalblasen und Nationalhelden suchen genug - und rufen zum Umdenken auf. Gut zehn Millionen Tschechen sind weg, dafür ist die kleine Slowakei mit ihren vier Millionen Einwohnern ein Landstrich, voller unterschiedlicher Kulturen: Ungarn, Roma, Ruthenen, Polen und Ukrainer leben dort. Gemeinsam mit dem Münchner Collegium Carolinium und dem Südost-Institut haben sie die Tagung; "Was ist slowakische Geschichte" organisiert - ausgestrahlt vom Privatsender Markiza. Hier diskutierten zum allerersten Mal öffentlich europäische Historiker über den Mythos des Grossmährischen Reiches - der heute selbst noch in slowakischen Geschichtsbüchern erzählt, woher die Slowaken angeblich stammen.
" Bis heute wird nicht wirklich gesagt, dass auch wir aus vielen Nationen zusammengesetzt sind. Wir werden immer noch als "reine" Westslaven mit den Mähren und Tschechen zusammengesteckt. "
Mit der Kunstmühle von Szentendre arbeiten sie zur Zeit an einer Ausstellung der Roma-Maler Mittelosteuropas, die genau an dem Ort gezeigt werden soll, wo die slowakischen Roma demonstrierten, als ihnen bei der Staatsgründung 1993 zeitweilig die Staatsbürgerschaft entzogen wurde.
Und wie in diesem Jahr, so ist auch für das Frühjahr 2006 eine große Lesung junger slowakischer Autoren geplant - nur 6o Kilometer von Bratislava entfernt im Museumsquartier in Wien. Solche Netzwerk-Projekte sollen die Slowakei "öffnen"; So dass einerseits die Menschen in der Slowakei das Multikulturelle ihres eigenen Landes und ihren traditionellen Bezug zu Polen, Österreich und Ungarn erkennen. Und dass andererseits auch diese Staaten die Slowakei künstlerisch und intellektuell wieder wahrnehmen. Das - so hoffen Valdimir Balla und Marian Hatala - wird dann auch die slowakische Kulturszene wieder wachrütteln.