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Neue Recyclinganlage für PET- Einwegflaschen stellt wieder neue Getränkeflaschen her

Die Zeiten der Wegwerfgesellschaft sind zwar noch nicht ganz vorbei, aber die Müllbeseitigung ist mittlerweile durch Gesetze und Vorschriften vielfach geregelt. Und die Entsorgungsbranche ist bemüht, Lösungen zu finden, wie Produkte, die ihren Dienst getan haben und weggeworfen werden, wiederverwertet werden können. So ist unter anderem im Bundesland Brandenburg ein Projekt gestartet worden, bei dem alte Teppiche nicht mehr auf der Mülldeponie landen, sondern zu Perlon und Nylon für die Textilindustrie verarbeitet werden. Und im Bundesland Mecklenburg-Vorpommern bekommen ausgediente Plastikflaschen eine neue Chance und werden - bundesweit einmalig - zu neuen Getränkeflaschen geformt. Flasche-Abfall-Flasche - so die geschlossene Kreislaufformel.

von Axel Flemming |
    Die Plastik-Mühlen mahlen nicht nur langsam, sondern vor allem laut. 3000 bis 5000 gebrauchte PET-Flaschen stecken in jedem Ballen, der auf das Band geworfen wird. Jährlich bis zu 500 Millionen solcher Polyethylenterephthalat-Flaschen sollen hier zu lebensmitteltauglichem Mahlgut verarbeitet werden. In einer Trommel werden die gepressten Flaschen von einander gelöst und grobe Fremdteile entfernt. Zwei Arbeiter stehen sich am Band gegenüber, beide haben Ohrenschützer auf und sehr wache Augen:

    Meine Aufgabe ist, bunte Flaschen rauszuziehen, Metall, und alles, was so anliegt.

    Die Flaschen werden dann geschreddert und gewaschen, und so von Etiketten und Leim sowie Schmutz und Restflüssigkeit befreit. Anschließend, im Trennbehälter werden die Reste der Verschlusskappen aussortiert. Die sind leichter und schwimmen obenauf, das wertvolle PET sinkt nach unten und wird von dort weiter transportiert, getrocknet und mit einem riesigen Gebläse in einem Rohr quer durch die Fabrik befördert. Dort steht der Drehrohrofen, Kern des neuen Verfahrens:

    Das PET-Material wird dabei nach der Zerkleinerung mit einer schwachen Natronlauge behandelt. In einem chemischen Prozess löst sich ein Teil von der Oberfläche des Mahlgutes ab. Das ist vergleichbar mit dem Schälen einer Zwiebel.

    Achim Ebel, Prokurist der Firma Cleanaway. Der Drehrohrofen ist 26 Meter lang und hat einen Durchmesser von fast drei Metern. Nach dem Entfernen aller Verunreinigungen wird das getrocknete Mahlgut mit Hilfe von Kamera und Elektronik nach Farben sortiert.

    Nachdem diese Entscheidung getroffen worden ist, Ja oder Nein, erfolgt eine gezielte Ausschleusung von nicht farbgetreuem Material mit Hilfe von pneumatischen Düsen.

    Um auf Nummer sicher zu gehen, durchlaufen die Plastikteilchen diese Sortierung mehrmals. Wie "Phoenix aus der Flasche", lautet ein Wortspiel der Firma, um auf das wesentliche aufmerksam zu machen: Es gibt auch andere technische Verfahren, in denen aus Plastik wiederum Plastik hergestellt wird, allerdings in einer Art Abwärtsspirale zu immer schlechterer Qualität:

    Generell im Kunststoff-Recycling ist es so, dass man mit den entstandenen Qualitäten in niedere Anwendungsbereiche hineingehen muss, weil man das Material einer gewissen Schädigung unterzogen hat.

    Die Methode in Rostock sorgt dagegen für eine Qualität, durch die aus dem gesäuberten klein gehackten Granulat wieder neue PET-Flaschen produziert werden können. Denn es ist lebensmittelecht. Dafür schreibt der Gesetzgeber ein brutales Kontrollverfahren vor:

    Der Test läuft so ab, dass man 100 Prozent verunreinigtes Material in diesen Test hineinfährt, mit Urin, Benzin, Lindan, was man sich vorstellen kann in der chemischen Küche. Man bekommt die Lebensmittelzulassung, wenn man in der Lage ist, alle diese Verunreinigungen zu entfernen und zwar auf ein Niveau, das unterhalb der Nachweis-Grenze liegt.

    Insgesamt investierte Cleanaway 10 Millionen Euro in das Werk. 25 Mitarbeiter sind dort rund um die Uhr im Vier-Schicht-Betrieb beschäftigt. Entwickelt wurde das neuartige Verfahren von der Firma "United Resource Recovery Corporation" aus den USA. auf deutsch: vereinigte Rohstoff-Rückgewinnungsgesellschaft. Das Verfahren lohnt sich. Der Preis für das lebensmitteltaugliche Mahlgut liegt 20 bis 30 Prozent unter dem Neuwarenpreis, freut sich Gerben Westra, der Aufsichtsratsvorsitzende von Cleanaway. Die Firma bezieht ihre Rohstoffe, die benutzten Flaschen, aus drei Quellen:

    Das kommt aus Sammlungen des Dualen Systems. Außerdem von Coca Cola und Pfand-Einwegflaschen aus Schweden. Aus Schweden kriegen wir ein paar tausend Tonnen pro Jahr für die Verarbeitung in dieser Anlage.

    Da macht sich die gute Lage der Rostocker Firma bezahlt. Dank der günstigen Fährverbindungen nach Schweden und den baltischen Ländern soll sie zu einem Recycling-Zentrum für den ganzen Ostseeraum werden.