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Neue Spionage-Vorwürfe
NSA hört in die Vergangenheit

Der US-Geheimdienst NSA ist nach einem Medienbericht dazu in der Lage, den kompletten Telefonverkehr von Ländern einen Monat lang zu speichern und abzuhören. In mindestens einem Staat sollen die USA das schon praktizieren.

18.03.2014
    Ein Telefon im Vordergrund. Im Hintergrund eine Frau, die einen Hörer ans Ohr hält.
    Eine Frau telefoniert (picture alliance / dpa / Uli Deck)
    Für die Ermittler ist das Programm mit dem Namen "Mystic" eine wahre Fundgrube. Aufgedeckt hat die groß angelegte Spionage nun die "Washington Post" anhand von Snowden-Dokumenten. Außerdem beruft sich die Zeitung auf Behördenmitarbeiter, die nicht genannt werden wollen.
    Demnach können die NSA-Ermittler mit Mystic 30 Tage lang in die Vergangenheit blicken - oder eher hören - und genaue Profile von Individuen erstellen. Sogar von solchen, die zum Zeitpunkt der Aufzeichnung nicht unter Terrorverdacht standen.
    Nur wenige Gespräche werden abgehört
    Wie genau die Daten gesammelt werden, erklärt der Zeitungsbericht nicht. Durchforstet werden die Telefongespräche mit einem speziellen Computerprogramm. Bisher war lediglich bekannt, dass der US-Geheimdienst Metadaten von Telefongesprächen erfasst, also wer wann mit wem telefoniert hat, ohne zu wissen worüber.
    Dem Bericht zufolge hören die Analysten nicht einmal ein Prozent aller Gespräche ab, allerdings werden dennoch Millionen von Gesprächsschnipseln weitergeleitet und in einen Langzeitspeicher verschoben. Das Programm wurde 2009 ins Leben gerufen.
    Seit dem Jahr 2011 ist mindestens ein Land in vollem Umfang von Mystic betroffen. Die Washington Post hält aber auf Bitten der US-Behörden zurück, welches es ist. Andere Staaten werden zumindest teilweise abgehört. In einem geheimen Budgetplan aus dem vergangenen Jahr steht, dass das Programm in fünf weiteren Ländern eingesetzt wird. Ein sechstes sollte im Herbst folgen.
    Möglicherweise Verstoß gegen Obama-Anordnung
    Aus den geheimen Dokumenten soll laut Washington Post hervorgehen, dass die Mitschnitte als Informationsquelle lohnenswert sind. In einigen geheimen Briefings hätten die Ermittler ausgesagt, dass sie die gewonnenen Erkenntnisse teilweise nicht auf anderen Wegen bekommen hätten.
    Sollten die Berichte stimmen, könnte die Abhörmaßnahme der NSA auch gegen eine Anordnung von US-Präsident Barack Obama verstoßen, wonach ein solches massenhaftes Sammeln von Daten nur erlaubt ist, wenn es um sechs spezielle Bedrohungszenarien geht, wie etwa die Verbreitung von Atomwaffen.
    Im vergangenen Jahr hatte Obama noch erklärt, die USA würden keine "normalen" Menschen ausspionieren, die keine Bedrohung für die nationale Sicherheit der Vereinigten Staaten darstellten.