Trotz Feminismus und MeToo-Bewegung hält sich das Patriarchat hartnäckig, findet die Journalistin Carolin Wiedemann. Dabei könnte eine Abkehr von der binären Geschlechterordnung auch den Männern nutzen. „Wenn das Patriarchat beendet wäre, dann hätten alle besseren Sex“, sagte sie im Deutschlandfunk.
Carolin Wiedemann im Corsogespräch mit Bernd Lechler | 11.02.2021
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Illustration als Utopie: Das Ende der binären Geschlechter-Einteilung (imago / Westend61)
In ihrem Buch "Zart und frei" schildert Carolin Wiedemann die Geschichte des Patriarchats und zeigt Zusammenhänge zwischen Kapitalismus und Antifeminismus auf. Dass dieser Antifeminismus durch den allgemeinen Rechtsruck seit einigen Jahren erstarkt sei, habe sie zu dieser Arbeit motiviert, so Wiedemann. Gegenreaktionen auf die queerfeministische Metoo-Bewegung fänden sich aber auch in liberalen Kreisen oder solchen, die sich selbst als "links" bezeichneten. Trotz feministischer Errungenschaften sei das Patriarchat beharrlich.
Vertrauen statt Misstrauen
"Die binäre Ordnung der Geschlechter bringt denen, die in der Gesellschaft als Männer gelten, aber nicht nur Privilegien, sondern auch Zwänge", sagte Wiedemann im Deutschlandfunk: männliche Rollenmodelle, die Dinge zusammenbauen und Politik gestalten beispielsweise. Eine Überwindung dieser Verhältnisse könnte aber allen helfen. "Wenn das Patriarchat beendet wäre, dann hätten alle besseren Sex. Es geht ja auch um die Frage, wie wir einander vertrauen. Und wenn wir uns immer wieder von Natur aus als zwei Gruppen betrachten, gibt es ein grundsätzliches Misstrauen der anderen Gruppe gegenüber."
Carolin Wiedemann: "Zart und frei - Vom Sturz des Patriarchats" Matthes und Seitz, Berlin. 218 Seiten, 20 Euro.