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Neues Gesicht aus dem Computer

Physik. - Hologramme sind mittlerweile auf jedem Euroschein zu finden, die Kunst ihrer Anfertigung ist mithin etabliert. Dennoch sind immer wieder Verbesserungen möglich. So erforderte die holografische Abbildung eines Gegenstandes bislang vergleichsweise lange Belichtungszeiten, bei denen bewegte Objekte verwackelten. Mittlerweile lassen sich mit speziellen Lasern hochaufgelöste Hologramme mit einem nur Nanosekunden, Milliardstel Sekunden währenden Blitz anfertigen, was Bewegungsunschärfen bei der Belichtung ausschließt. Die Technik ist jetzt an der Universität Düsseldorf zu einem sogenannten Gesichtsoberflächenmesssystem für die Schädelchirurgie ausgebaut worden, das inzwischen bei der Bonner Forschungsstiftung Caesar steht.

    Von Mathias Schulenburg

    Bei der Holografie werden zwei Laserstrahlen zur Überlagerung gebracht, von denen einer das interessierende Objekt beleuchtet. Bei der Laserstrahlenüberlagerung auf einer photographischen Platte entsteht dann ein Interferenzmuster, aus dem sich ein dreidimensionales Bild des Objektes rekonstruieren lässt. Die Laserstrahlen werden dabei über Spiegel gelenkt. In der Arbeitsgruppe "Holographie und Lasertechnologie" ist ein Teil der Spiegel an der Decke befestigt - für herkömmliche Holografieanlagen eine unmögliche Konstruktion, denn die Gebäude- und damit die Spiegelvibrationen würden jedes Hologramm verwaschen machen. Peter Hering, Leiter der Arbeitsgruppe, sagt:

    Bei Caesar funktioniert es aber schon, weil unsere Impulsdauer so extrem kurz ist, und deswegen die Interferenz nicht gestört wird. Ein ganz großer Vorteil, auch gerade dann, wenn man in situ Aufnahmen macht. Zum Beispiel hätten wir vom Ötzi direkt vor Ort eine dreidimensionale Aufnahme machen können.

    Tatsächlich ist das Verfahren jüngst an einer Moorleiche erfolgreich erprobt worden. Deren Hologramm ist über die ganze erfasste Tiefe gestochen scharf und soll bei der Rekonstruktion des Gesichtes der Leiche helfen. Moorleichen sind aber nicht das Hauptinteresse der Arbeitsgruppe "Holographie und Lasertechnologie" bei Caesar.

    Sondern Patienten, die extreme Fehlstellungen von Unterkiefer und Oberkiefer haben, die durch eine entsprechende Operation korrigiert werden muss. Das ist eine sehr, sehr komplizierte Operation.

    Von den Schädeln der Patienten wird zugleich eine Röntgen-Computertomographie angefertigt, bei der das interessierende Objekt schichtweise durchstrahlt wird.

    Diese Daten stellen dann dreidimensional das Knochengerüst, also den Schädel, mit allen feinen Details dar, und wir machen mathematisch eine Überlagerung des dreidimensionalen CT-Datensatzes mit unserem Oberflächen-Datensatz, den wir mit der Holografie erstellt haben.

    Die Gewinnung eines Datensatzes aus der Holografie des Gesichtes ist wieder eine Kunst für sich. Sie gelingt, indem man mittels eines zweiten Lasers Schritt um Schritt virtuelle Schnittbilder des Hologramms erzeugt, die von einer Videokamera erfasst und in Zahlen umgesetzt werden, die sich dann im Rechner zu einem Datensatz zusammenfügen lassen, der die Oberfläche des holografierten Gesichtes beschreibt.

    Aus der rechnerischen Überlagerung der Röntgen-Computertomografiedaten und der Holografiedaten lässt sich dann am Computer die Schädeloperation planen und vorhersagen, wie das Gesicht des Patienten hinterher aussehen wird.

    Das ist eine sehr komplizierte Geschichte, mathematisch irrsinnig aufwendig, denn ich muss, wenn ich das Skelett verändere, entsprechend berechnen, wie sich die Weichteile verändern. Das macht man mit sogenannten Finite-Elemente-Rechnungen. Und man kann die Haut nicht beliebig verändern, da hat man natürlich Begrenzungen durch Muskeln, Fettgewebe, Hautgewebe.

    Mit dem Datensatz eines Schädels kann Carsten Tille bei Caesar eine perfekte Operationshilfe herstellen, mit einem Rapid-Prototyping-Verfahren, bei dem ein Laserstrahl hochgenau über eine Plastikbrühe, ein Polymer, gesteuert wird. Dort, wo der Strahl hinfällt, wird das Polymer hart:

    Sie sehen im Endeffekt einen Laserstrahl, der ein Flüssigpolymer aushärtet. Das Ganze macht er auf der Oberfläche dieses Fotopolymers. Das fährt immer eine Schicht nach unten, Sie haben also hier im Endeffekt sehr dünne Schichten, die Sie hier auftragen können, bis zu fünfzig Mikrometer, und dadurch entsteht eben, durch ein Übereinanderstapeln von Schichten, ein dreidimensionales Modell.

    Am Ende der Prozedur steigt aus dem Polymerbad eine solide Kopie des Patientenschädels in Plastik auf, in dem sogar der Verlauf von wichtigen Nervensträngen farblich markiert ist, die bei der Operation nicht verletzt werden dürfen.