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Nichts für Warmduscher

Die Universität Kiel werden Kurse für die Ausbildung zum Forschungstaucher angeboten. Jeder der nachweisbar für seine künftige Forschungsarbeit abtauchen muss, kann den Kurs besuchen. Archäologen, Geologen und Biologen lernen, unter Wasser ganz präzise bestimmte Aufgaben zu erledigen. Das ist eine Herausforderung, die nur erfahrene Taucher bewältigen.

Von Dietrich Mohaupt |
    "Tauchen macht immer Spaß!"

    Gut gelaunt klettert Svantje Gottschlich über eine Eisenleiter aus dem Wasser. Ein kalter Wind empfängt die 20-Jährige Meeresbiologin, das Wasser der Kieler Förde ist jetzt auch nicht gerade warm - aber dafür war die Sicht unter Wasser richtig toll, freut sie sich.

    "Ja, wir hatten bestimmt vier Meter Sicht - hatten wir noch nie, sonst sieht man manchmal die Hand vor Augen nicht. Heute war das super."

    Forschungstauchen ist eben nichts für Warmduscher - das haben die zwölf Kursteilnehmer in den vergangenen vier Wochen ganz schnell gelernt. Sie alle haben bereits Erfahrungen als Sporttaucher gesammelt, deshalb durchlaufen sie eine stark verkürzte Ausbildung. Normalerweise stehen zwei 5-wöchige Ausbildungsblöcke auf dem Programm: Im Frühjahr Grundlagen des Tauchens für Anfänger in der Schwimmhalle mit viel Theorie, Gerätekunde und Konditionstraining. Im Sommer dann die Freiwasserausbildung mit Tauchgängen vom Strand, im Hafen und vom Schiff. Dabei geht es um Details, erläutert Roland Friedrich, Ausbildungsleiter des Forschungstauchzentrums der Uni Kiel.

    "Hier geht es also darum, dass das Handwerk Tauchen in den Hintergrund rückt, sodass das, was eigentlich gemacht werden soll, nämlich das wissenschaftliche Arbeiten unter Wasser, dann wirklich angegangen werden kann."

    Dieser zweite Teil der Ausbildung ist auch für geübte Taucher meist absolutes Neuland - unter Wasser ganz präzise bestimmte Aufgaben erledigen, das haben die Kursteilnehmer unter Anleitung ihres Trainers Florian Huber in den vergangenen vier Wochen immer wieder und wieder geübt.

    "Am Anfang ist es wirklich nur mal ein Foto machen, später müssen sie dann noch eine Sedimentprobe mitbringen, sie müssen beschreiben, wie der Meeresboden aussieht, wie die Temperatur ist und so weiter und so fort ... und Schritt für Schritt lernen sie so, eben weg vom reinen Tauchen zu kommen - Tauchen ist für uns in dem Fall einfach nur Mittel zum Zweck - hin, dass sie sich wirklich auf ihre Aufgaben konzentrieren können."

    Und zu denen gehört unter anderem das Auffinden bestimmter Ziele in neun Metern Wassertiefe - eines Eisengewichts zum Beispiel, dessen Position an der Wasseroberfläche mit einer Boje markiert ist, oder eines Metallzylinders, den sie mit einem Seil so sichern müssen, dass er aus dem Wasser geborgen werden kann. Das müssen die angehenden Forschungstaucher später beherrschen - wenn sie zum Beispiel für ein Forschungsprojekt als Unterwasserarchäologen arbeiten. Die Suche nach Überresten alter Hafenanlagen am Meeresboden, Schiffwracks aufspüren und untersuchen - so stellt sich Matthias Link seine Zukunft als Forschungstaucher vor. An der Universität in Marburg studiert er Archäologie - und ein bisschen träumt er schon von großen Entdeckungen.

    "Sehr interessant wäre natürlich ein römisches Kriegsschiff, da ist noch keines gefunden worden. Es gibt nur Rammen oder vereinzelte Teile, man weiß, wo die Schlachten stattgefunden haben und hat aber immer noch kein Schiff. Das wäre so ein Traum, von der Schlacht von Actium zum Beispiel, da ein Schiff zu finden."

    Die Schlacht bei Actium - die entscheidende Seeschlacht im Kampf zwischen Octavian und Marcus
    Antonius um die Vorherrschaft im römischen Imperium, ausgetragen im Jahr 31 vor Christus vor der griechischen Mittelmeerküste. Spurensuche in so einem Umfeld - dafür lohnt sich die harte Ausbildung zum Forschungstaucher, auch wenn das nicht immer ganz einfach zu organisieren ist.

    "Man muss halt schon schauen, dass man neben dem normalen Studienablauf die sportlichen Sachen macht - man braucht ja auch gewissen Vorbedingungen, eben den großen Erste-Hilfe-Kurs, der Rettungsschwimmer Silber, das sind auf jeden Fall Dinge die Zeit kosten, Geld kosten, dass man halt schauen muss, dass man das nebenbei irgendwie auf die Reihe kriegt."

    Archäologen, Geologen, Biologen - die Kurse für die Ausbildung zum Forschungstaucher an der Uni Kiel stehen prinzipiell jedem offen, der nachweisbar für seine künftige Forschungsarbeit abtauchen muss. Interdisziplinär heißt das Zauberwort, auf das auch Ausbilder Florian Huber - selber Archäologe -ganz besonderen Wert legt.

    "Auch die Archäologen arbeiten an dem Katalog mit, die Flora und Fauna hier zu bestimmen, die Biologen gehen auch runter an ein Wrack und lernen Vermessungsmethoden kennen - Heutzutage kann keiner mehr nur noch für sich forschen, sondern es geht heute einfach nur über interdisziplinäre Einsätze."

    Vor allem das sollen die Kursteilnehmer im Forschungstauchzentrum der Uni Kiel lernen, und sich so für eine nicht alltägliche Arbeit qualifizieren. Jobs für tauchende Wissenschaftler gibt es nicht wie Sand am Meer - aber sie gelten als weltweit gesuchte Experten. Entsprechend begehrt sind die Plätze im Kurs der Uni Kiel - und entsprechend hart sind die Auswahlkriterien, nicht jeder kommt dabei zum Zug. Wer aber dabei ist, der hängt sich richtig rein - auch bei den vielen Übungstauchgängen in der Kieler Förde.