Bis in die neunziger Jahre war die Sophienterrasse an der Hamburger Außenalster vor allem jungen Männern ein Begriff. Nicht unbedingt als romantische Fantasie für luxuriöses Wohnen am Ufer: Am noblen Harvestehuder Weg unterhielt die Bundeswehr ein Kreiswehrersatzamt und führte hier die Musterungen für den Wehrdienst durch. Die Immobilie fiel auf, hatte sie doch so scheinbar gar nichts mit der gediegenen Architektur der umgebenden Großvillen zu tun – ein gewaltiger, grauer Betonklotz aus der Nazizeit mit hundert Metern langen Fluren und einer überdimensioniert vorspringenden Eingangshalle in der herrischen Rhetorik der damaligen Zeit.
Einst unterhielt hier die Wehrmacht ihr Generalkommando, der Überfall auf Dänemark wurde hier geplant, und wer nur wenig in die jüngere Geschichte dieses Stadtviertels eintaucht, stößt überall auf einstige jüdische Eigentümer der prächtigen Villen, die von den Nazis enteignet wurden, um in den Häusern Verwaltungsstellen oder repräsentative Residenzen einzurichten, etwa für Gauleiter und Reichsstatthalter Karl Kaufmann. Für die Neu- und Umbauten kamen auch Zwangsarbeiter aus dem KZ Neuengamme zu Einsatz. So gesehen ist dieser Nazi-Bau inmitten des gediegenen Ambientes doch nicht so fehl am Platz, denn er ist ein Erinnerungsort, der auf den unrühmlichen Teil in der Vergangenheit Harvestehudes verweist.
Es bedarf jedenfalls, könnte man meinen, schon einiger Gläschen Champagner, um in dem Ungetüm der ehemaligen Standortkommandantur plötzlich ein Stadtschloss im klassizistischen Stil, einen Ort der Freiheit und der Schönheit des Lebens zu erblicken und ihm den säuselnden Namen Sophienpalais anzudichten, von dessen Sky Deck, also der Dachterrasse, man einen unwiederbringlichen Blick auf die Alster und die stolze Silhouette Hamburgs genießen soll.
So tut es allen Ernstes jedoch der Immobilienentwickler Frankonia. Deren Werbeagentur hat das nicht im Champagner-Rausch geschrieben, sondern mit nüchternem kaufmännischem Kalkül. Die Frankonia hat das parkähnliche Gelände rund um den Nazi-Koloss erworben, um in einer der teuersten Lagen der Hansestadt Parkvillen und Townhouses im klassischen Retrostil anno 2013 zu errichten. Das einstige Generalkommando der Wehrmacht darf man dabei durchaus als Herausforderung für die Premium-Immobilienverkäufer verstehen. Es steht unter Denkmalschutz, als einziger noch öffentlich zugänglicher Bau aus der Zeit des Dritten Reiches in Hamburg – so der Kunsthistoriker Hermann Hipp.
Bei der Frankonia hat man nachgedacht und aus der Not eine Tugend gemacht – offenkundig haben auch beste Beziehungen in der Hamburger Politik mitgespielt. Denn inzwischen ist vom einstigen Generalkommando nicht mehr viel übrig außer einer dünnen Fassadenhaut. Der gesamte Innenbereich wurde entkernt, die Reichsadler auf dem Hauptportal entfernt, der Modeschöpfer Karl Lagerfeld, ein gebürtiger Hamburger, gestaltet eine Clublounge im ehemaligen Offizierskasino, vor die Hoffassade werden flächendeckend Balkone vorgeblendet. Sehr gerne würde man den ganzen Klotz auch in der Farbe der umgebenden schönen Alstervillen streichen, in strahlendem Weiß.
Denkmalschützer sprechen in einem solchen Fall völliger Umwidmung von Totalverlust. Wer wegen dieser Machenschaften nun einen Aufschrei in der Bürgerschaft bis in die Spitze der Baubehörde erwartet, kennt die Hamburger Befindlichkeiten schlecht und die Harmoniesucht der Hansestädter. Derzeit jedenfalls scheint es allen möglichen Verantwortlichen ein Rätsel zu sein, wie es der Frankonia gelingen konnte, an diesem Ort ein so weitreichendes Baurecht zu erhalten, das den Denkmalschutz mit Füßen tritt, um einen Erinnerungsort an die Nazizeit quasi auszulöschen. Aus der Denkmalbehörde ist von Einschüchterungsversuchen und politischem Druck zu hören. Hamburgs Oberbaudirektor Jörn Walter gibt sich auf Anfrage sachfremd, man sei mit dem Bauvorhaben nicht befasst und müsse erst beim Denkmalamt nachfragen. Die Hamburger Presse glänzt durch beifällige Fotoreportagen vom Baufortschritt, nach dem Motto: Endlich wird was aus dem hässlichen Monstrum. Geht man zu weit, wenn man unterstellt: An der Allianz der Ahnungslosigkeit erkennt man, wie unbequem, welch Dorn im Auge dieses Baudenkmal an bester Lage den Hamburgern doch war?
Einst unterhielt hier die Wehrmacht ihr Generalkommando, der Überfall auf Dänemark wurde hier geplant, und wer nur wenig in die jüngere Geschichte dieses Stadtviertels eintaucht, stößt überall auf einstige jüdische Eigentümer der prächtigen Villen, die von den Nazis enteignet wurden, um in den Häusern Verwaltungsstellen oder repräsentative Residenzen einzurichten, etwa für Gauleiter und Reichsstatthalter Karl Kaufmann. Für die Neu- und Umbauten kamen auch Zwangsarbeiter aus dem KZ Neuengamme zu Einsatz. So gesehen ist dieser Nazi-Bau inmitten des gediegenen Ambientes doch nicht so fehl am Platz, denn er ist ein Erinnerungsort, der auf den unrühmlichen Teil in der Vergangenheit Harvestehudes verweist.
Es bedarf jedenfalls, könnte man meinen, schon einiger Gläschen Champagner, um in dem Ungetüm der ehemaligen Standortkommandantur plötzlich ein Stadtschloss im klassizistischen Stil, einen Ort der Freiheit und der Schönheit des Lebens zu erblicken und ihm den säuselnden Namen Sophienpalais anzudichten, von dessen Sky Deck, also der Dachterrasse, man einen unwiederbringlichen Blick auf die Alster und die stolze Silhouette Hamburgs genießen soll.
So tut es allen Ernstes jedoch der Immobilienentwickler Frankonia. Deren Werbeagentur hat das nicht im Champagner-Rausch geschrieben, sondern mit nüchternem kaufmännischem Kalkül. Die Frankonia hat das parkähnliche Gelände rund um den Nazi-Koloss erworben, um in einer der teuersten Lagen der Hansestadt Parkvillen und Townhouses im klassischen Retrostil anno 2013 zu errichten. Das einstige Generalkommando der Wehrmacht darf man dabei durchaus als Herausforderung für die Premium-Immobilienverkäufer verstehen. Es steht unter Denkmalschutz, als einziger noch öffentlich zugänglicher Bau aus der Zeit des Dritten Reiches in Hamburg – so der Kunsthistoriker Hermann Hipp.
Bei der Frankonia hat man nachgedacht und aus der Not eine Tugend gemacht – offenkundig haben auch beste Beziehungen in der Hamburger Politik mitgespielt. Denn inzwischen ist vom einstigen Generalkommando nicht mehr viel übrig außer einer dünnen Fassadenhaut. Der gesamte Innenbereich wurde entkernt, die Reichsadler auf dem Hauptportal entfernt, der Modeschöpfer Karl Lagerfeld, ein gebürtiger Hamburger, gestaltet eine Clublounge im ehemaligen Offizierskasino, vor die Hoffassade werden flächendeckend Balkone vorgeblendet. Sehr gerne würde man den ganzen Klotz auch in der Farbe der umgebenden schönen Alstervillen streichen, in strahlendem Weiß.
Denkmalschützer sprechen in einem solchen Fall völliger Umwidmung von Totalverlust. Wer wegen dieser Machenschaften nun einen Aufschrei in der Bürgerschaft bis in die Spitze der Baubehörde erwartet, kennt die Hamburger Befindlichkeiten schlecht und die Harmoniesucht der Hansestädter. Derzeit jedenfalls scheint es allen möglichen Verantwortlichen ein Rätsel zu sein, wie es der Frankonia gelingen konnte, an diesem Ort ein so weitreichendes Baurecht zu erhalten, das den Denkmalschutz mit Füßen tritt, um einen Erinnerungsort an die Nazizeit quasi auszulöschen. Aus der Denkmalbehörde ist von Einschüchterungsversuchen und politischem Druck zu hören. Hamburgs Oberbaudirektor Jörn Walter gibt sich auf Anfrage sachfremd, man sei mit dem Bauvorhaben nicht befasst und müsse erst beim Denkmalamt nachfragen. Die Hamburger Presse glänzt durch beifällige Fotoreportagen vom Baufortschritt, nach dem Motto: Endlich wird was aus dem hässlichen Monstrum. Geht man zu weit, wenn man unterstellt: An der Allianz der Ahnungslosigkeit erkennt man, wie unbequem, welch Dorn im Auge dieses Baudenkmal an bester Lage den Hamburgern doch war?