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Noch immer brüchig

Heute, so sagte John Hume nach der Unterzeichnung des historischen Friedensabkommens für Nordirland, könne man gemeinsam tief einatmen und damit anfangen, die Spinnweben der Vergangenheit fortzublasen.

Wolfgang Labuhn |
    Today we can take a collective breath and begin to blow away the cobwebs of the past.

    John Hume war damals Vorsitzender der SDLP, der politischen Partei der sogenannten "nationalistischen” Katholiken, die zwar die Einheit Irlands anstreben, aber Gewalt ablehnen. John Hume war es zu verdanken, in Gesprächen mit Gerry Adams, dem Präsidenten der Sinn Fein – Partei, des politischen Arms der IRA, auch die sogenannten "Republikaner”, die die britische Präsenz in Nordirland mit Waffengewalt beenden wollten, für Mehrparteiengespräche gewonnen zu haben. John Hume erhielt dafür 1998 den Friedensnobelpreis, gemeinsam mit David Trimble, dem Führer der größten Protestantenpartei Ulster Unionist Party. Denn Trimble hatte sich bereit erklärt, im Interesse des Friedens die Macht nicht nur mit Katholiken, sondern auch mit Sinn Fein zu teilen – freilich nur dann, wenn die IRA endgültig ihre Waffen niederlege.

    Von Sinn Fein – Chef Gerry Adams kam an jenem Karfreitag nur eine unbestimmte Antwort: Seine Partei bleibe absolut ihren irisch-republikanischen Zielen verpflichtet. Diese werde man in den kommenden Monaten und Jahren weiterhin anstreben:

    Und so blieb es am 10. April 1998 den Regierungen in London und Dublin überlassen, Optimismus zu verbreiten. Man sei sehr stolz auf die geleistete Arbeit, so der irische Premierminister Bertie Ahern.

    Und der britische Premierminister Tony Blair: Alle könnten gewinnen! Setzt dieses Abkommen in die Praxis um, und alle werden auch gewinnen:

    Blairs Euphorie wurde vor fünf Jahren von den meisten Menschen in Nordirland geteilt:

    Das war mein wohl glücklichster Tag als Journalist, denn auf diese Story hatte jeder meiner Generation 25 Jahre lang gewartet. Und ich weiß noch, wie mir damals durch den Kopf ging, jetzt berichtest du über einen historischen Augenblick. In einem meiner Beiträge habe ich gesagt, mich in den all den Jahren der Friedensgespräche stets gegen das Wort ‘historisch’ gesträubt zu haben. An jenem Tag aber sei es angebracht gewesen, weil man ein echtes historisches Abkommen erzielt habe.

    … erinnert sich Denis Murray, der dienstälteste BBC-Fernsehkorrespondent in Belfast. Nach 30jährigen blutigen Unruhen mit fast 3.300 Toten und über 40.000 Verletzten, nach Jahren frustrierender Gespräche und ständiger Rückschläge konnte er endlich über eine Vereinbarung berichten, die Nordirland wieder Frieden bringen sollte.

    Ihr schlichter Titel: "Agreement reached in the multi-party negotiations”, zu Deutsch: "Das bei den Mehr-Parteien-Verhandlungen erreichte Abkommen”, wegen des Tages seiner Veröffentlichung besser bekannt als "Karfreitagsabkommen”, während die Regierungen in London und Dublin vom "Belfaster Abkommen” sprechen. Das Karfreitagsabkommen war der erste umfassende Versuch überhaupt, Nordirland eine demokratisch bestimmte Selbstverwaltung unter proportionaler Beteiligung aller Bevölkerungsgruppen zu geben, die sich dabei verpflichteten, politische Konflikte ausschließlich mit friedlichen Mitteln zu lösen – mit der Perspektive einer Vereinigung Nordirlands mit der Republik Irland, falls dies der demokratisch geäußerte Wille der Bevölkerungsmehrheit im Norden ist. Zustande gekommen war das Abkommen nach langen und mühsamen Gesprächen unter dem Vorsitz des früheren amerikanischen Senators George Mitchell, den Präsident Clinton als neutralen Vermittler nach Belfast geschickt hatte. Für Pfarrer Ian Paisley, den Führer der Democratic Unionist Party, ist das Abkommen bis heute "Lug und Trug” geblieben:

    Doch die Menschen in Nordirland waren zunächst begeistert. Bei einer Volksabstimmung am 22. Mai 1998 stimmten 71,1 Prozent der nordirischen Wähler dem Abkommen zu. Die Wahlbeteiligung betrug 81 Prozent. In der Republik Irland, wo es dazu ebenfalls ein Referendum gab, weil das Abkommen die irische Verfassung berührte, gab es sogar 94,4 Prozent Ja-Stimmen. Am 25. Juni 1998 wurden Wahlen für die Nordirland-Versammlung abgehalten, aus denen die Ulster Unionist Party unter Führung von David Trimble als stärkste Partei hervorging, gefolgt von John Humes SDLP. Die Londoner Regierungskompetenzen konnten allerdings erst im Dezember 1999 auf ein regionales Kabinett übertragen werden, das David Trimble als Erster Minister leitete. Der Grund: Die IRA hielt sich zwar an ihren Waffenstillstand, machte aber lange keinerlei Anstalten, die Waffen niederzulegen - für Trimble die entscheidende Voraussetzung dafür, Sinn Fein – Minister im Kabinett zu akzeptieren. Trimble hatte dabei gefordert, dass die IRA innerhalb von sechs Monaten konkrete Entwaffnungsschritte einleitet. Das Abkommen sah dies nicht vor. Stattdessen erhielt Trimble in der letzten Verhandlungsrunde eine entsprechende schriftliche Zusicherung von Premierminister Blair, der damit das Scheitern der Gespräche verhindern wollte. Und inzwischen scheint festzustehen, dass das Abkommen überhaupt nur unter erheblichem politischen Druck zustande kam. BBC-Korrespondent Denis Murray:

    Mir ist zu Ohren gekommen, dass das Abkommen eigentlich nicht zwischen den Parteien vereinbart worden war, sondern ihnen aufgezwungen wurde. Tony Blair und Bertie Ahern haetten den Teilnehmern gesagt, dies sei die letzte Chance: Greift zu, sonst könnt Ihr das ganze Abkommen vergessen. Also haben sie zugegriffen.

    Entscheidende Punkte waren dabei nicht ausgehandelt worden und belasten den Friedensprozess bis heute. So verpflichteten die Parteien sich zwar, innerhalb von zwei Jahren nach den Parlamentswahlen auf die Auflösung der ihnen nahestehenden paramilitärischen Kräfte hinzuwirken, doch die protestantischen Untergrundgruppen, die sogenannten "Loyalists”, haben sich nie um das Abkommen geschert, während die IRA es bis heute bei zwei Aktionen beließ, die nur Teile ihres Waffenarsenals unbrauchbar machten. Diese Gesten wurden von der schon 1996 eingerichteten Internationalen Entwaffnungskommission für Nordirland verifiziert, ohne dass der Öffentlichkeit Einzelheiten mitgeteilt wurden. Mehrfach drohten die Unionisten deshalb, die Regionalregierung platzen zu lassen und zwangen die Regierung in London damit, die nordirische Selbstverwaltung zeitweilig zu suspendieren.

    Auch im Moment wird Nordirland wieder direkt von London aus regiert. Die Unionisten hatten im Herbst vergangenen Jahres die Zusammenarbeit mit Sinn Fein aufgekündigt, nachdem angebliche IRA-Spitzel im Belfaster Regierungsapparat entdeckt und in Kolumbien drei mutmaßliche IRA-Mitglieder verhaftet worden waren, die dort Rebellen der FARC-Bewegung ausgebildet haben sollen – für David Trimble Beweise dafür, dass die IRA terroristischen Aktivitäten nicht abgeschworen hat. Die Regierungsarbeit mit Sinn Fein – Ministern will er nun erst fortsetzen, wenn die IRA klare Bedingungen erfüllt hat:

    Die Republikaner müssen sich entscheidend bewegen. Und sie müssen das als erste tun. In der Vergangenheit sind wir als erste gesprungen, aber nicht jetzt. Die müssen sich bewegen, und zwar auf absolut überzeugende Weise. Das bedeutet: Größere Entwaffnung, substantielle Entwaffnung und offen überprüfbare Entwaffnung!

    Denis Murray, der erfahrene Chronist nordirischer Politik, traut das der IRA auch zu:

    Ich glaube, die IRA weiß, was zu tun ist. Beim Gros der republikanischen Bewegung entdecke ich auch keinen Appetit auf Rückkehr zum‘Krieg’, wenn man das so nennen will – nicht zuletzt deshalb, weil es in der gegenwärtigen Atmosphäre, besonders seit dem 11. September, auch nicht akzeptabel wäre. Es wäre jetzt für jede terroristische Organisation – denn so würde man sie nun nennen – sehr viel schwieriger, eine Kampagne in einer westlichen Demokratie zu führen.

    Und alle Parteien, die das Karfreitagsabkommen unterstützen, wissen auch, dass die Wiedereinsetzung der nordirischen Selbstverwaltungsorgane für den Fortgang des Friedensprozesses von entscheidender Bedeutung ist.

    Denn der erste sogenannte "Strang” des Abkommens, der die demokratischen Institutionen Nordirlands beschreibt, hat sich als besonders gut geknüpft erwiesen:

    Die lebensfähigste all dieser Institutionen ist noch immer die Regionalversammlung. Sie ermöglicht es, Dinge schnell zu erledigen, wenn man einen Regionalminister treffen kann, der auch einen Wahlkreis in Nordirland vertritt. Denn dort würde man ihn hinauswerfen, wenn er nicht das täte, was die Menschen erwarteten.

    Monika Unsworth, langjährige Belfaster Korrespondentin der in Dublin erscheinenden Irish Times, kann das bestätigen:

    Bis zum Karfreitagsabkommen wurden Entscheidungen einfach in London getroffen. Auch wenn das eine kleine Landschule in County Fermanagh war, war das noch immer der Minister in London, der die Entscheidungen traf. Die Tatsache, dass diese Entscheidungen jetzt auf lokaler Ebene getroffen werden von Ministern, die diese Schulen dann auch wirklich besuchen, wird, so glaube ich, von allen Seiten zu schätzen gewusst, selbst wenn der Minister in dem Fall Martin McGuinness war, also ein führendes IRA-Mitglied.

    Der Name Martin McGuinness steht für einen weiteren Erfolg des Abkommens. McGuinness war nach eigenem Eingeständnis einst stellvertretender IRA-Kommandeur von Londonderry. Dass Sinn Fein ausgerechnet ihn zum Bildungsminister machte, verschlug vielen Protestanten 1999 zunächst die Sprache. Denis Murray:

    Die Unionisten hatten schon eine ziemlich bittere Pille zu schlucken, als Sinn Fein in die Exekutive eintrat, insbesondere Martin McGuinness mit seinem furchterregenden Ruf. Der aber erwies sich dann als engagierter und auch ziemlich guter Minister. Er erwarb sich sogar den Ruf, einer der besten Minister zu sein.

    In der praktischen Regierungsarbeit aber kamen sich manche Ex-Feinde näher. Sogar Ian Paisleys Partei übernahm die ihr zustehenden Ressorts, obwohl ihre Minister Kabinettssitzungen wegen der Sinn Fein – Beteiligung boykottierten. Und es gab auch andere Erfolge. Die Regierungen in London und Dublin waren sich in der Nordirlandfrage nie näher als jetzt. London hat die britische Militärpräsenz in Nordirland halbiert und als vertrauensbildende Maßnahme fast alle katholischen und protestantischen Häftlinge vorzeitig freigelassen, die wegen politisch motivierter terroristischer Strafttaten verurteilt worden waren. Der aufgrund des Abkommens gebildete Nord-Süd-Ministerrat, dem die Kabinette in Belfast und Dublin angehören, hat konstruktiv bilaterale Themen erörtert. Die bisher von Protestanten dominierte nordirische Polizei heißt nicht mehr "Royal Ulster Constabulary”, also: "Königliche Polizei von Ulster”, sondern "Police Service of Northern Ireland” – "Polizeidienst von Nordirland”, und 50 Prozent der neuen Polizeirekruten müssen nun Katholiken sein. Kommissionen zur Unterstützung von Gewaltopfern und zur Wahrung der Menschenrechte in Nordirland leisten erfolgreiche Arbeit. Es gibt auch hoffnungsvolle Ansätze, die religiöse Trennung im Schulbereich zu überwinden. Die Pädagogik-Professorin Rosalind Pritchard:

    Es gibt Erziehung für gegenseitigen Respekt und gegenseitiges Vertrauen. Und das ist ein fachübergreifendes Lehrmaterial in den Schulen. Das bringt dann protestantische und katholische Kinder zusammen, und die machen zum Teil gegenseitige Besuche und Ausflüge. Und ich glaube, das gibt dann eine bessere Basis für die Zukunft.

    Doch immer noch besuchen nur 3 Prozent der Kinder in Nordirland integrierte Schulen für beide Konfessionen:

    Es sind meistens die Protestanten, die einverstanden sind, dass die Schulen integriert werden. 30 Prozent der Eltern müssen dann diese Schulart befürworten und dafür stimmen, und die katholische Kirche stellt sich natürlich dagegen. Die katholische Kirche ist kein großer Befürworter dieser integrierten Schulen.

    Nicht nur deshalb ist fünf Jahre nach der Unterzeichnung des historischen Friedensabkommens für Nordirland allgemeine Ernüchterung eingetreten. Denis Murray, der 1998 für seine Berichterstattung zum britischen "Journalisten des Jahres” gewählt wurde, zur Stimmungslage heute:

    Die Stimmung ist gewiss nicht euphorisch. Es gibt stattdessen eine Art ‘Krisenmüdigkeit’, wie ich es nennen möchte. Die Öffentlichkeit hat genug von den Streitereien der Politiker. Jüngsten Meinungsumfragen zufolge ist die Unterstützung für das Abkommen auf den tiefsten Punkt seit fünf Jahren gefallen, nämlich rund 62 Prozent. Das ist zwar immer noch ganz gut, aber die für alle Seiten beunruhigende Zahl ist die Unterstützung durch die Protestanten, die auf 30er Prozentzahlen gefallen ist.

    Rosalind Pritchard, selbst eine Protestantin, nennt den Hauptgrund dafür:

    Wir hatten gehofft, dass es mit Gewalt aufhören würde und dass die IRA die Waffen nicht nur stillegen würde, sondern ganz aufgeben oder sogar vernichten würde. Aber das ist nicht zustande gekommen, und ein sehr großer Prozentsatz der Protestanten sind jetzt recht zurückhaltend diesem ‘Agreement’ gegenüber geworden.

    Bei dieser Ablehnung vermischen sich politische und soziale Umstände. Monika Unsworth:

    Teilweise ist das, weil sich die Arbeiterklasse auf der protestantischen Seite nicht politisch vertreten fühlt, während auf der katholischen Seite Sinn Fein ihre Repräsentanten hat, die sich auch wirklich kümmern. Auf der protestantischen Seite: Weder Ian Paisleys Partei noch David Trimbles Partei ist wirklich präsent in Arbeitervierteln. Das sind beides Mittelklasseparteien.

    Nicht wenige Beobachter des Nordirlandkonflikts vertreten ohnehin die Auffassung, dass dabei weniger die beiden Konfessionen, sondern eher deren sozial benachteiligte Unterschichten aufeinanderprallten. Denis Murray:

    Die Unruhen schienen mir im wesentlichen immer ein Krieg der Arbeiterschichten zu sein. Wenn man selbst auf dem Höhepunkt der Unruhen in Wohnbezirke der Mittelschicht in Belfast ging, wäre man nie auf die Idee gekommen, dass es überhaupt Konflikte gibt. Und in der Mittelschicht kommen beide Konfessionen nun wahrscheinlich besser miteinander aus als vorher.

    Das unverändert tiefe Misstrauen zwischen den sozialen Unterschichten beider Konfessionen entädt sich nicht nur in jedem Sommer anlässlich der traditionellen Paraden des protestantischen Oranier-Ordens, sondern ständig an den sogenannten "Interfaces”, also dort, wo protestantische und katholische Arbeiterviertel direk aufeinanderstoßen, wo bis heute hohe Metallwände die Bezirke voneinander trennen und wo auch noch immer Armeestreifen patroullieren. Hier kommt es nach wie vor zu Szenen wie im Sommer 2001 vor der katholischen Mädchengrundschule Holy Cross in West-Belfast. Der Weg dorthin führt durch ein protestantisches Wohngebiet, dessen Bewohner die kleinen katholischen Schülerinnen und ihre Mütter derartig schikanierten, dass sie Polizeischutz benötigten. Denis Murray:

    Diese Verbitterung und der tief sitzende Hass nach dem Motto: Ich verachte dich als Subspezies, weil du eine andere Religion hast – absolut grauenvoll! Auf dieser Ebene also ist das Verhältnis zwischen den Religionen schlechter als vorher, insgesamt ein bisschen besser.

    In den jeweiligen Arbeiterbezirken spielen sich darüber hinaus bis heute die IRA und die paramilitärischen Gruppen der Protestanten als Ordnungshüter auf. Monika Unsworth:

    Es ist einfach die Mentalität in beiden Gemeinden, dass man gar nicht die Polizei ruft, sondern weiß, dass man sich da an die örtlichen ‘Brigadiere’ der verschiedenen Organisationen wendet. Und die gehen dann mit den Straftätern dementsprechend um. Und das ist natürlich ein großes Problem für die Polizei, weil man nicht einmal gerufen wird, weil man nicht einmal Zugang zu solchen Gebieten hat.

    Und noch immer wird häufig geschossen. Denn die paramilitärischen Gruppen der Protestanten, die - im Gegensatz zur IRA - den Friedensprozess strikt ablehnen und deshalb auch keine Veranlassung sehen, ihre Waffen niederzulegen, haben mittlerweile neue Betätigungsfelder entdeckt:

    Im allgemeinen dreht es sich da um Territorium, um Kriminalität, um Leute, die einfach ihren Einflussbereich in puncto Drogenhandel, in puncto Schmuggel verteidigen oder ausdehnen wollen. Also es ist reines Gangstertum.

    Dennoch ist der vor fünf Jahren mit de Karfreitagsabkommen eingeleitete Friedensprozess in Nordirland wohl unumkehrbar geworden. Die Regierungen in London und Dublin wollen ihn auf keinen Fall scheitern lassen, die Premierminister Blair und Ahern nehmen sich immer wieder viel Zeit für geduldige Gespräche mit den Konfliktparteien, denen sie nun zum 5. Jahrestag des Karfreitagsabkommens ein umfassendes Kompromisspaket zur vollständigen Umsetzung des Abkommens vorgelegt haben. Unterstützt werden sie dabei wieder vom amerikanischen Präsidenten, der auch Tony Blairs Vorschlag akzeptierte, das dritte Gipfeltreffen zum Irak-Krieg in Nordirland abzuhalten. Dort sprach Präsident Bush von einem "historischen Moment” und appellierte eindringlich an alle Bevölkerungsgruppen in Nordirland, die Friedenschance zu ergreifen und die Vorschläge der Regierungen in London und Dublin anzunehmen:

    Doch einen echten Durchbruch im Friedensprozess wird es erst geben, wenn die IRA, die gefährlichste Untergrundorganisation Europas, wirklich damit beginnt, ihr riesiges Waffenarsenal überprüfbar zu vernichten. Und offen ist derzeit auch noch, ob Sinn Fein die ihr zustehenden Sitze in der neugeschaffenen Polizeikommission einnimmt, die künftig die Polizeiarbeit überwachen soll. Wenn sich Sinn Fein dazu entschließt, kann die IRA ihren sogenannten "Krieg” auch gegen die bisher als britische Einrichtung betrachtete Polizei nicht länger fortsetzen – ein Lackmustest für den Frieden. Denn auf die Demographie kann die irisch-republikanische Seite wohl vorerst nicht hoffen. Die Volkszählung des Jahres 2001 ergab, dass die Zahl der Katholiken in Nordirland trotz ihrer höheren Geburtenrate längst nicht so stark zugenommen hat, dass in absehbarer Zeit eine Volksabstimmung denkbar wäre, die eine katholische Mehrheit für eine Vereinigung mit dem Süden ergeben könnte. Ein vereinigtes Irland, da ist sich der erfahrene BBC-Korrespondent Denis Murray ziemlich sicher, werde es jedenfalls im nächsten halben Jahrhundert nicht geben – falls überhaupt jemals.