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NSA-Ausschuss
Informationen werden vorenthalten

Die NSA-Affäre ist noch lange nicht aufgeklärt. Und ob der Bundestags-Untersuchungsausschuss, der genau das zum Auftrag hat, es jemals schaffen kann, ist fraglicher als je zuvor. Denn die für die Aufklärung notwendige Akten sollen dem Gremium nicht mehr zur Verfügung stehen.

Von Falk Steiner | 05.02.2015
    Der Vorsitzende des NSA-Untersuchungsausschusses des deutschen Bundestags, Patrick Sensburg (M, CDU/CSU), eröffnet am 03.07.2014 im Elisabeth-Lüders-Haus in Berlin die Sitzung.
    Patrick Sensburg, Vorsitzender des NSA-Ausschusses, sieht die Arbeit des Gremiums massiv behindert. (dpa / Kay Nietfeld)
    Der Bundesnachrichtendienst warnt den Ausschuss vor der Untersuchung eines noch laufenden gemeinsamen Projektes von BND und weiterer Nachrichtendienste. Presseberichten zu Folge soll es sich dabei um die britischen Geheimdienste handeln. Bundesnachrichtendienst-Präsident Gerhard Schindler und der Geheimdienstkoordinator der Bundesregierung Klaus-Dieter Fritsche sollen am Mittwochabend bei der Runde der Obleute vorstellig geworden sein und über dieses bislang unbekannte Projekt berichtet haben.
    Untersuchungsauftrag kann nur schwer erfüllt werden
    Der Partnerdienst würde bei einer Untersuchung durch den Ausschuss mit dem Abbruch aller gemeinsamen Tätigkeiten drohen, weshalb keine Akten dazu verfügbar gemacht würden. Demonstrativ traten die Obleute aller Fraktionen heute gemeinsam vor die Mikrofone. "Wir haben diese Unterrichtung als Obleute und Ausschussvorsitzende abgebrochen", so der Vorsitzende des NSA-Untersuchungsausschuss Patrick Sensburg, CDU. Im Anschluss hätten sich die Obleute beraten. Sensburg "Wir haben vereinbart, dass wir den Bundestagspräsidenten unterrichten, dass unter dieser Voraussetzung diesbezüglich der Untersuchungsauftrag sehr schwer erfüllt werden kann, wenn wir dementsprechendes Aktenmaterial auch von deutschen Stellen nicht erhalten können."
    Die Obfrau der Linken, Martina Renner, sagte: "Wenn es so sein soll, dass jedwede Kooperation insbesondere mit dem Vereinigten Königreich für uns als Untersuchungsausschuss nicht zugänglich sein soll, inklusive der deutschen Akten, dann sehen wir tatsächlich ein erhebliches Problem." Kritik kam auch vom Obmann der SPD-Fraktion, Christian Flisek. Zwar würde das Verhalten der Bundesregierung und des Bundesnachrichtendienstes die Aufklärung nicht insgesamt unmöglich machen. Doch eine generelle Verweigerung bestimmter Aktenkomplexe sei problematisch, so Flisek. Auch Unions-Obmann Roderich Kiesewetter verlangte von der Bundesregierung Unterstützung bei der Arbeit des Untersuchungsausschusses, trotzdem er die Argumente der Bundesregierung nachvollziehen könne.
    Sorgloser Umgang mit geheimen Informationen
    Seitdem der Ausschuss tagt, hatte die Bundesregierung den Abgeordneten mehrfach vorgeworfen, zu sorglos mit geheimen Informationen umzugehen. Selbst bereits in Zeitungen veröffentlichte Geheimsachen durften in den öffentlichen Zeugenanhörungen heute nicht benannt werden, wie zum Beispiel der Name des Projekts Glotaic, ein gemeinsames BND- und CIA-Projekt, über das der Spiegel im Dezember berichtete.
    Dass BND-Präsident Gerhard Schindler und Geheimdienstkoordinator Klaus-Dieter Fritsche nun von sich aus zu den Ausschuss-Obleuten in den Bundestag kommen und dort freimütig über ein Geheimprojekt berichten, und dabei den Berichten zu Folge auch noch selbst die Geheimschutzordnung verletzen, ist daher ein überaus ungewöhnlicher Vorgang. Genau wie die Tatsache, dass bereits am nächsten Morgen ein Bericht über die Drohungen der britischen Dienste bei Focus Online erschien. Tatsächlich vermuten insbesondere die Oppositionsabgeordneten hinter der plötzlichen Informationsoffensive ein Eigeninteresse der Dienste. Grünen-Obmann Konstantin von Notz: "Hier sollen wir beeindruckt werden und in unserer Aufklärungsarbeit begrenzt werden. Und das kann nicht sein. Das beschneidet die Rechte des Parlaments und das können wir uns nicht gefallen lassen." Genau damit wird sich nun der Bundestagspräsident Norbert Lammert befassen müssen.