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NSA-Untersuchungsausschuss
Immer noch einiges aufzuklären

Warum wurde beim BND nicht stärker auf deutsche und europäische Interessen sowie saubere Arbeit wert gelegt? Im NSA-Untersuchungsausschuss bleibt Günter Heiß, im Kanzleramt für die Aufsicht über die Nachrichtendienste zuständig, die Antwort auf diese Frage schuldig. Von der SPD bis zu den Linken wird deswegen eine Forderung immer lauter.

Von Falk Steiner | 11.09.2015
    Der für die Aufsicht über den Bundesnachrichtendienst (BND) zuständige Abteilungsleiter im Kanzleramt, Günter Heiß, verlässt am 02.07.2015 in Berlin nach seiner Aussage im NSA-Untersuchungsausschuss das Paul-Löbe-Haus.
    Der für die Aufsicht über den Bundesnachrichtendienst (BND) zuständige Abteilungsleiter im Kanzleramt, Günter Heiß, nach seiner Aussage im NSA-Untersuchungsausschuss (picture alliance / dpa / Soeren Stache)
    Die Sommerpause ist vorbei, doch hitzig ging es auch heute wieder im NSA-Untersuchungsausschuss zu – Günter Heiß, im Kanzleramt als Abteilungsleiter für die Aufsicht über die Nachrichtendienste zuständig, sagte dort erneut aus, nachdem bereits gestern erneut Zeugen aus dem Bundesnachrichtendienst geladen waren. André Hahn, Vorsitzender des Parlamentarischen Kontrollgremiums für die Nachrichtendienste und Vertreter der Linken im Untersuchungsausschuss, schäumte noch nach dem Ende der öffentlichen Vernehmung: "Ich bin insbesondere entsetzt über den Auftritt des für die Geheimdienste zuständigen Abteilungsleiters im Kanzleramt, er hat nicht einmal ansatzweise darlegen können, wie denn eine wirkungsvolle Fach- und Dienstaufsicht überhaupt erfolgt."
    Erklärungen, warum beim BND nicht stärker auf deutsche und europäische Interessen und auf saubere Arbeit wert gelegt wurde, blieb Heiß im öffentlichen Teil der Vernehmung weitgehend schuldig. Warum zum Beispiel als Grundrechtsträger im Sinne des Grundgesetz-Artikels 10, dem Telekommunikationsgeheimnis, nur E-Mail-Adressen mit .de-Endung gelten, konnten Heiß und die BND-Zeugen nicht plausibel erklären.
    Vorwurf: Versagen des Kanzleramtes
    "Jetzt können wir davon ausgehen, dass eine ganz große Zahl von Deutschen nicht unter .de-E-Mailadressen kommuniziert. Ich habe das am Beispiel von Günther Oettinger deutlich gemacht, der als EU-Kommissar aber eben auch als Deutscher eine .eu-Emailadresse hat, die auf .eu endet, und ich habe die klare Aussage bekommen, dass mit hoher Wahrscheinlichkeit zumindest bis 2013 Günter Oetttinger nicht als G10-relevant erkannt worden wäre", sagt Christian Flisek, Obmann der SPD im Untersuchungsausschuss – jede E-Mail-Adresse mit Endung .com, .org, .net oder auch .eu wäre vom technischen Schutzfilter des BND durchgelassen und möglicherweise dann auch an die NSA weitergegeben worden. Hinzu kommt: Nach Lesart des Kanzleramts und des BNDs wäre Günther Oettinger in seinem beruflichen Kontext als Funktionsträger für eine nicht mehrheitlich deutsche Institution tätig und damit ein erlaubtes Ziel.
    Abwegige Rechtsinterpretationen und ein Aufsichtsversagen, das ist, was die Abgeordneten dem BND und dessen Aufsicht im Kanzleramt nach der Sitzung vorwarfen. Konstantin von Notz, Obmann der Grünen, sieht gerade bei der Frage der Suchmerkmale ein Versagen auch des Kanzleramtes, was er sich nur damit erklären könne: "Weil der Schmutzhaufen unter dem Teppich eben so gigantomanisch groß war, dass man sich einfach nicht herangetraut hat. Jetzt zieht man sich auf dieses Hilfskonstrukt zurück, dass man zum ersten Mal im März 2015 dank des großartigen Untersuchungsausschusses überhaupt irgendetwas von den Problemen mitbekommen hat, das kann schlichtweg nicht sein."
    Auch nach seiner 60. Sitzung bleibt also einiges aufzuklären für den NSA-Untersuchungsausschuss – eindeutig ist hingegen, dass von der SPD bis zu den Linken die Forderung immer lauter wird, nun sehr schnell die Arbeit des BND bei der Telekommunikationsüberwachung neu und klarer zu regeln, während im Kanzleramt, das damit bereits beauftragt ist, der Elan offenbar gering ist.