Theo Geers: Nun hat gestern ein anderes Unternehmen in einem ähnlichen Fall Besserung gelobt. Die Rede ist vom Fleischverarbeiter Nölke, vielen Verbrauchern bekannt unter dem Markennamen Gutfried. Gutfried ist Marktführer bei Aufschnitt aus Geflügelfleisch. Und gestern kündigte Gutfried nun an, in seiner Putencervelad- und in seiner Putenmettwurst wirklich nur Putenfleisch zu verarbeiten. Hallo! Tatsächlich: Dieser Aufschnitt bestand bisher fast zur Hälfte aus Schweinefleisch. Dass sich das ändert, das liegt unter anderem an der Verbraucherorganisation Food Watch. Die hat seit Langem eine Kampagne im Internet unter dem Namen "Abgespeist". Und dort wurde der Gutfried-Aufschnitt auch angeprangert. Anne Markwardt in Berlin, Sie leiten diese Kampagne "Abgespeist". Wenn Gutfried jetzt auf das abgepackte Geflügelschwein verzichtet – ist das ein Erfolg für Sie?
Anne Markwardt: Also, in der Tat ist es ein Erfolg für uns, denn auf der besagten Seite – Sie haben es ja gerade schon erwähnt – abgespeist.de versuchen wir der Lebensmittelindustrie ja Täuschung und Irreführung auszutreiben, indem wir dort regelmäßig Produktbeispiele einstellen. Und über diese Gutfried-Putenbrusttäuschung haben sich fast 10.000 Verbraucher beschwert und jetzt ist das Schweinefleisch aus der Rezeptur verschwunden, und das ist natürlich ein Erfolg, ja.
Geers: Nun stellt Gutfried gestern das Ganze in einer Pressemitteilung so dar, Zitat: "Gutfried baut seinen Dialog mit Verbrauchern und Konsumenten weiter aus", und weiter: "Aktuelles Beispiel für den gelungenen wechselseitigen Austausch ist die Rezepturänderung der Putencervelat- und Putenmettwurst aus dem Sortiment." Das hört sich so an, als ob das Gutfried aktiv machen würde. So ist es aber nicht?
Markwardt: Das ist eigentlich schon die nächste Verbrauchertäuschung, wenn man so will, denn es ist ja doch ziemlich klar denke ich, dass ohne diesen massiven Verbraucherprotest diese Änderung es überhaupt nicht gegeben hätte. Also Gutfried ist ja nach eigener Auskunft Deutschlands Geflügelspezialist und hat relativ lange eine Puten-Schweine-Wurst als Putenwurst verkauft, also ganz gezielt Verbraucher in die Irre geführt. Das war ja kein Versehen. Und erst jetzt auf Druck etwas daran geändert. Und das zeigt denke ich auch, dass Ehrlichkeit und Transparenz im Lebensmittelmarkt eben nicht selbstverständlich sind, sondern ganz im Gegenteil, dass die Täuschung an der Tagesordnung ist. Und dass sich das aber eben auch nur ändert, wenn die Verbraucher der Industrie ganz klar zeigen: So nicht, das lassen wir uns nicht gefallen.
Geers: Frau Markwardt, Sie sagen, Täuschung sei an der Tagesordnung. Wie spät ist es denn überhaupt für jemanden wie Sie, mit einem Hersteller ins Gespräch zu kommen und diesen dann auch noch dazu zu bringen, einen Etikettenschwindel vielleicht abzustellen? Denn die Hersteller sagen ja oft, dass sie das abstreiten, weil sie sich auf dem Boden des Lebensmittelrechtes bewegen würden und nichts Verbotenes täten.
Markwardt: In der Tat versuchen wir mit unserer Kampagne abgespeist.de gegen legale Werbelügen und Etikettenschwindel vorzugehen. Legal sind die, weil die Lebensmittelgesetze eben die Interessen der Industrie sehr viel besser schützen als die Interessen der Verbraucher. Also Sie können eben Puten-Schweine-Wurst als Putenwurst verkaufen, Zuckerbomben als Zwischenmahlzeiten für Kinder, Physalistee ohne Physalis – alles ganz legal. Und deswegen wollen wir mit diesem Verbraucherprotest und mit dieser Kampagne auch nicht nur einzelne Hersteller dazu bringen, eine irreführende Werbung beispielsweise einzustellen, sondern wir wollen auch, dass sich natürlich was an den Regeln und Gesetzen ändert. Aber auch das wird nur passieren, wenn die Verbraucher mit diesem Protest die Politik unter Druck setzen. Denn die Politik wird nur handeln, wenn der Druck da ist.
Geers: Ist es denn nach wie vor die Regel, Frau Markwardt, dass der Kunde im Supermarkt eher Detektiv spielen muss, anstatt dass er auf den ersten Blick erkennen kann, was er da kauft?
Markwardt: Auf jeden Fall. Also die Liste der Tricks und der Etikettenschwindel im Supermarkt, die ist quasi unendlich. Und man hat als Verbraucher eigentlich selbst kaum eine Chance, all dem auf die Schliche zu kommen. Und genau deswegen muss sich ja eben was an diesen Lebensmittelgesetzen ändern. Also bei der Gutfried-Wurst war die Sachlage relativ klar, da hat die Firma auf Druck der Verbraucher ja auch die Irreführung abgestellt. In anderen Fällen basiert aber das ganze Geschäftsmodell auf einer Lüge wie beispielsweise Actimel von Danone. Also da werden Gesundheitsversprechen gemacht, da wird suggeriert, das Produkt schützt vor Erkältungen – das ist alles maßlos überzogen. Actimel schützt nicht vor Erkältungen, das weiß man aber natürlich im Prinzip nur, wenn man Arzt ist und sich wirklich gut auskennt. Da das Produkt aber ein Riesenumsatzbringer für Danone ist, wird der Konzern das so einfach nicht aufgeben. Und da muss eben die Politik handeln und beispielsweise einfach generell gesundheitsbezogene Aussagen verbieten. Und ich kann es nur noch mal wiederholen: Auch das wird eben nur passieren, wenn die Verbraucher richtig Druck machen.
Geers: Vielen Dank, das war Anne Markwardt vom Verbraucherportal "Abgespeist", ein Internetportal, abgespeist.de, das Sie auch im Internet anklicken können und wo Sie viele Beispiele finden für Etikettenschwindel bei Lebensmitteln und anderen Produkten, eine Kampagne, die von der Verbraucherorganisation Foodwatch organisiert wird. Vielen Dank!
Anne Markwardt: Also, in der Tat ist es ein Erfolg für uns, denn auf der besagten Seite – Sie haben es ja gerade schon erwähnt – abgespeist.de versuchen wir der Lebensmittelindustrie ja Täuschung und Irreführung auszutreiben, indem wir dort regelmäßig Produktbeispiele einstellen. Und über diese Gutfried-Putenbrusttäuschung haben sich fast 10.000 Verbraucher beschwert und jetzt ist das Schweinefleisch aus der Rezeptur verschwunden, und das ist natürlich ein Erfolg, ja.
Geers: Nun stellt Gutfried gestern das Ganze in einer Pressemitteilung so dar, Zitat: "Gutfried baut seinen Dialog mit Verbrauchern und Konsumenten weiter aus", und weiter: "Aktuelles Beispiel für den gelungenen wechselseitigen Austausch ist die Rezepturänderung der Putencervelat- und Putenmettwurst aus dem Sortiment." Das hört sich so an, als ob das Gutfried aktiv machen würde. So ist es aber nicht?
Markwardt: Das ist eigentlich schon die nächste Verbrauchertäuschung, wenn man so will, denn es ist ja doch ziemlich klar denke ich, dass ohne diesen massiven Verbraucherprotest diese Änderung es überhaupt nicht gegeben hätte. Also Gutfried ist ja nach eigener Auskunft Deutschlands Geflügelspezialist und hat relativ lange eine Puten-Schweine-Wurst als Putenwurst verkauft, also ganz gezielt Verbraucher in die Irre geführt. Das war ja kein Versehen. Und erst jetzt auf Druck etwas daran geändert. Und das zeigt denke ich auch, dass Ehrlichkeit und Transparenz im Lebensmittelmarkt eben nicht selbstverständlich sind, sondern ganz im Gegenteil, dass die Täuschung an der Tagesordnung ist. Und dass sich das aber eben auch nur ändert, wenn die Verbraucher der Industrie ganz klar zeigen: So nicht, das lassen wir uns nicht gefallen.
Geers: Frau Markwardt, Sie sagen, Täuschung sei an der Tagesordnung. Wie spät ist es denn überhaupt für jemanden wie Sie, mit einem Hersteller ins Gespräch zu kommen und diesen dann auch noch dazu zu bringen, einen Etikettenschwindel vielleicht abzustellen? Denn die Hersteller sagen ja oft, dass sie das abstreiten, weil sie sich auf dem Boden des Lebensmittelrechtes bewegen würden und nichts Verbotenes täten.
Markwardt: In der Tat versuchen wir mit unserer Kampagne abgespeist.de gegen legale Werbelügen und Etikettenschwindel vorzugehen. Legal sind die, weil die Lebensmittelgesetze eben die Interessen der Industrie sehr viel besser schützen als die Interessen der Verbraucher. Also Sie können eben Puten-Schweine-Wurst als Putenwurst verkaufen, Zuckerbomben als Zwischenmahlzeiten für Kinder, Physalistee ohne Physalis – alles ganz legal. Und deswegen wollen wir mit diesem Verbraucherprotest und mit dieser Kampagne auch nicht nur einzelne Hersteller dazu bringen, eine irreführende Werbung beispielsweise einzustellen, sondern wir wollen auch, dass sich natürlich was an den Regeln und Gesetzen ändert. Aber auch das wird nur passieren, wenn die Verbraucher mit diesem Protest die Politik unter Druck setzen. Denn die Politik wird nur handeln, wenn der Druck da ist.
Geers: Ist es denn nach wie vor die Regel, Frau Markwardt, dass der Kunde im Supermarkt eher Detektiv spielen muss, anstatt dass er auf den ersten Blick erkennen kann, was er da kauft?
Markwardt: Auf jeden Fall. Also die Liste der Tricks und der Etikettenschwindel im Supermarkt, die ist quasi unendlich. Und man hat als Verbraucher eigentlich selbst kaum eine Chance, all dem auf die Schliche zu kommen. Und genau deswegen muss sich ja eben was an diesen Lebensmittelgesetzen ändern. Also bei der Gutfried-Wurst war die Sachlage relativ klar, da hat die Firma auf Druck der Verbraucher ja auch die Irreführung abgestellt. In anderen Fällen basiert aber das ganze Geschäftsmodell auf einer Lüge wie beispielsweise Actimel von Danone. Also da werden Gesundheitsversprechen gemacht, da wird suggeriert, das Produkt schützt vor Erkältungen – das ist alles maßlos überzogen. Actimel schützt nicht vor Erkältungen, das weiß man aber natürlich im Prinzip nur, wenn man Arzt ist und sich wirklich gut auskennt. Da das Produkt aber ein Riesenumsatzbringer für Danone ist, wird der Konzern das so einfach nicht aufgeben. Und da muss eben die Politik handeln und beispielsweise einfach generell gesundheitsbezogene Aussagen verbieten. Und ich kann es nur noch mal wiederholen: Auch das wird eben nur passieren, wenn die Verbraucher richtig Druck machen.
Geers: Vielen Dank, das war Anne Markwardt vom Verbraucherportal "Abgespeist", ein Internetportal, abgespeist.de, das Sie auch im Internet anklicken können und wo Sie viele Beispiele finden für Etikettenschwindel bei Lebensmitteln und anderen Produkten, eine Kampagne, die von der Verbraucherorganisation Foodwatch organisiert wird. Vielen Dank!