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Oben auf und unerwünscht

Umweltchemie. - Fett schwimmt oben, das gilt auch für das Abwasser. Aber dort ist es äußerst unbeliebt, weil es die Klärung behindert und überdies Bakterien und Pilzen beste Lebensräume ermöglicht. Auf der Messe für Umwelt und Entsorgung IFAT in München stellten Tüftler jetzt einen neuen Sensor vor, der den Fettgehalt schnell und sicher ermittelt.

    Abwasser muss aufwändig und kompliziert wieder aufbereitet werden. "Das Klärwasser stellt aus analytischer Sicht eine anspruchsvolle Aufgabe dar, weil es extrem viele verschiedene Substanzen enthält", berichtet Annette Werner. Die Diplomingenieurin am Institut für Lebensmittel- und Bioverfahrenstechnik der Technischen Universität Dresden kennt das Hauptsorgenkind der Klärwerker genau: die Fette. Die Energiepakete schwimmen nicht nur immer oben auf, auch verkleben sie die Ränder der Kläranlagen und bieten überdies zahlreichen Mikroorganismen bestes Gedeihen. "Diese Fadenorganismen bilden so genannten Schwimmschlamm und Schaum. Dieser Zustand bereitet Klärwerkern besondere Probleme, weil der gesamte Reinigungsprozess dadurch beeinträchtigt wird", so Werner.

    Dieses Produkt der Mikroorganismen verhindert, dass sich die festen Bestandteile des Abwassers am Boden ablagern. Trotzdem sind die Sorgen derjenigen, die die Brühe wieder in verwertbares Wasser wandeln, eigentlich unberechtigt, denn besondere Reinigungsschritte reinigen auch das fettigste Abwasser. Dazu aber müssen Chemiker erst einmal wissen, wie viel Fett im Abwasser schwimmt. Doch nach dem gültigen und mit fünf Stunden aufwändigen DIN-Verfahren müssen dazu organische Lösungsmittel, darunter auch die eigentlich gebannten Fluorchlor-Kohlenwasserstoffe, kurz FCKW, eingesetzt werden. Schneller geht es jetzt mit dem Biosensor von Annette Werner. Dazu verwendet die Ingenieurin ein Enzym, das bislang in Waschmitteln seinen Dienst verrichtete, um hartnäckige Fettreste aus bekleckerten Hemden und Hosen zu lösen.

    "Unsere Entwicklung arbeitet mit dem Enzym Lipase, das Fett in seine kleinsten Bestandteile - Glycerol und Fettsäuren - spaltet. Weil die dabei freiwerdenden Fettsäuren auch das Wasser übersäuern, ändert sich auch die Leitfähigkeit des Abwassers, die wir dann messen können", fasst die Forscherin zusammen. Je stärker dabei die Änderung des elektrischen Stromflusses ausfällt, desto stärker ist das Wasser auch mit Fetten belastet. Um zu verhindern, dass einzelne Fettklumpen die Messung verfälschen, setzt Werner auf wiederholte Analysen und statistische Auswertungen und erhält so einen Mittelwert, der für die Zwecke der Abwasseraufbereitung völlig ausreicht. Um zu verhindern, dass andere Substanzen, wie etwa Schwermetalle aus achtlos entsorgten Batterien, die Enzyme blockieren und die Messungen verfälschen, sollen weitere spezialisierte Detektoren rechtzeitig Alarm schlagen.

    [Quelle: Hartmut Schade]